Hamburger Studenten haben ein innovatives System entwickelt, mit dem jetzt sogar ein Aktienfonds gesteuert wird

Hamburg. Wohl jeder, der Geld in Aktien anlegt, wünscht sich genau dies: Eine Börsenampel, die ihm sagt, wann er kaufen und wann er lieber wieder verkaufen sollte. Vier Hamburger Wirtschaftsstudenten haben eine solche Ampel, die über die Farben Rot, Gelb und Grün das aktuelle Börsenklima anzeigt, schon im Jahr 2011 entwickelt. Seit März 2014 wird die Idee tatsächlich für einen Aktienfonds genutzt.

„Zunächst ging es uns nur darum, mehr Aufmerksamkeit für den Börsenverein der Uni, dem wir alle angehörten, zu schaffen“, sagt Alexander Haering. Dazu gaben sie einen Newsletter des „Hanseatischen Börsenkreises der Universität zu Hamburg“ heraus, in dem sie wöchentlich über die jeweiligen Signale der Börsenampel berichteten. Das Konzept dafür stammt von Andreas Wolter, der Wirtschaftsinformatik studierte und das Computerprogramm dann zusammen mit seinen Kommilitonen ständig verfeinerte. Das Modell basiert auf komplexen Formeln, die die Handelstätigkeit an der Börse auswerten und daraus ableiten, ob eine Trend-umkehr bevorsteht oder nicht.

„Mitte 2012 haben wir uns die Frage gestellt, ob es nicht möglich wäre, mit der Börsenampel Geld zu verdienen“, erzählt Haering. Mehr als ein Jahr lang präsentierten die vier ihr System diversen Banken und Kapitalanlagegesellschaften und stießen dabei anfangs stets auf große Skepsis, was Haering durchaus nachvollziehbar findet: „Man dachte natürlich: Da kommen ein paar Studenten und wollen uns erzählen, wie der Kapitalmarkt funktioniert.“

Eine Grafik, die den Verlauf des Deutschen Aktienindexes (DAX) seit dem Jahr 2000 sowie die zurückgerechneten Signale der Börsenampel in Rot, Gelb und Grün zeigt, ließ die Gesprächspartner in den Unternehmen jedoch stets aufmerken: Mit enormer Treffsicherheit hätte das Rechenmodell die Trendbrüche am Markt erkannt und die richtige Empfehlung gegeben.

Doch der enorme Aufwand, der mit der Auflegung eines neuen Fonds verbunden ist, erwies sich als zu große Hürde. „Wir hätten das Risiko tragen und ein Startkapital im Millionenbereich mitbringen sollen“, sagt Haering.

Die vier Studenten waren schon kurz davor, ihren Plan aufzugeben, als sie auf Dirk Rogowski trafen. Er ist Geschäftsführer des Hamburger Finanzportfolioverwalters Veritas Institutional. Auch er war von dem Konzept der Börsenampel beeindruckt, ließ das Modell aber zunächst von den eigenen Spezialisten nachrechnen. Sein Urteil: „Wir haben bisher nichts gesehen, was ähnlich gut funktioniert hat.“

Zwar hätte es auch von Veritas eine erhebliche Investition erfordert, einen neuen Publikumsfonds einzurichten. Daher beschloss man, einen vorhandenen Fonds der Frankfurter Schwestergesellschaft Veritas Investment auf das Modell der Studenten umzustellen. Das ist zum 1. März geschehen, zum 1. Juli erfolgte die Umbenennung in Börsenampel Fonds Global.

Der Fonds investiert in öffentliche Anleihen sowie in Aktien, wobei diese zu je einem Viertel aus dem DAX, dem EuroStoxx50, dem S&P500 (USA) und dem Topix (Japan) stammen. Für diesen Fonds wurde das Rechenprogramm der Studenten mit dem seit 13 Jahren bestehenden Veritas-Aktiensteuerungsmodell kombiniert. „Aber die Börsenampel liefert das dominierende Signal – und im Moment steht sie auf Grün“, so Rogowski. Er sieht die Kooperation mit den Studenten als „Musterbeispiel für die Vernetzung von Wissenschaft und Wirtschaft“. Dabei sei ein mittelständisches Unternehmen wie Veritas Institutional mit neun Beschäftigten und einem verwalteten Kapital von 3,8 Milliarden Euro wegen der kurzen Entscheidungswege viel eher in der Lage, eine solche Idee relativ zügig umzusetzen als ein großer Finanzkonzern. „Gerade diese mittelständische Prägung mit ihrer Vielfalt ist die Stärke des Finanzplatzes Hamburg“, so Rogowski.

Die Börsenampel hingegen konnte ihre Stärke bisher noch nicht recht ausspielen. Seit März hat sich der weltweite Aktienindex MSCI World besser entwickelt als der Fonds, weil dieser verglichen mit dem Index einen weit höheren Anteil deutscher Aktien enthält, die im Sommer besonders stark nachgaben. Aktuell hat der Fonds ein Volumen von 6,2 Millionen Millionen. „Wir wünschen uns 30 bis 50 Millionen Euro in einem Jahr“, so Rogowski. „Das Interesse ist groß.“ Das dürfte ganz im Sinne der Studenten sein. Denn sie bekommen Lizenzgebühren, die von dem Erfolg des Fonds abhängen.