Gelände in Altona ist Mutterkonzern Carlsberg zu groß. Unternehmen möchte in Hamburg bleiben. Betriebsrat befürchtet Stellenabbau

Hamburg. Es war ein verheißungsvoller Start, damals in Altona: „Wir konnten am 8. Mai dieses Jahres den Bierverkauf und damit den vollen Betrieb eröffnen, nachdem am 6. Mai eine allgemeine Bierprobe auf der Brauerei stattgefunden hatte, welche durch zahlreichen Besuch und heitere Stimmung fast den Charakter eines Volksfestes erhielt“, hieß es im ersten Geschäftsbericht der Hamburger Holsten-Brauerei aus dem Jahr 1880.

Ein Jahr zuvor war der Grundstein für die Zentrale an der Holstenstraße gelegt worden. Seit dieser Zeit ist das Schicksal der Brauer eng mit Altona verknüpft, die Eigentümer wechselten, doch die Brauerei bewegte sich in all den Jahren nicht vom Fleck.

Nun aber könnte die Holsten-Brauerei, die mittlerweile zum dänischen Carlsberg-Konzern gehört, schon bald in einen anderen Stadtteil der Hansestadt umziehen. Wie das Unternehmen dem Abendblatt bestätigte, ist Firmenchef Frank Maßen derzeit auf der Suche nach einer neuen Fläche in Hamburg, auf der eine komplett neue Produktionsstätte entstehen soll. Zugleich könnte auch die Zentrale von Carlsberg Deutschland, die sich derzeit auf dem Gelände der Holsten-Brauerei befindet, an den neuen Standort verlagert werden.

„Wir befinden uns im Augenblick noch ganz am Anfang der Standortsuche“, erklärte Unternehmenssprecherin Linda Boos. Eine tatsächliche Verlagerung hänge wesentlich davon ab, ob man eine passende Fläche finde. Klar sei nur, dass Carlsberg Deutschland und Holsten in der Hansestadt bleiben wollten. Nach Abendblatt-Informationen sollen dem Unternehmen schon mehrere konkrete Standorte, unter anderem im Hafen vorgeschlagen worden sein. Die Verlagerung könnte bei einer raschen Entscheidung im kommenden Jahr in Angriff genommen werden.

Das jetzige, rund 86.500 Quadratmeter umfassende Gelände an der Holstenstraße ist der Brauerei angesichts eines immer weiter schrumpfenden Biermarkts mittlerweile zu groß geworden. Zahlreiche Flächen werden nach Angaben der Sprecherin nicht genutzt. Zudem gebe es historisch gewachsene Strukturen, die aus logistischer und organisatorischer Sicht nicht optimal seien. Auch sollen eine Reihe der alten Gebäude erheblich sanierungsbedürftig sein. „Von einem Neubau an anderer Stelle versprechen wir uns vor allem Kostenvorteile“, so Boos.

Hinzu kommt, dass sich das Umfeld der Brauerei in den vergangenen Jahren stark verändert hat und sich in Zukunft noch weitaus mehr wandeln wird. Holsten ist einer der letzten verbliebenen Produktionsbetriebe in dem Wohngebiet – für die Lkw, die das Bier ausliefern, ist es schon jetzt eng. Mit der Neuen Mitte Altona wird nun noch das angrenzende Gelände der Bahn in ein Gewerbe- und Wohngebiet umgewandelt. Die Verkehrslage in dem Stadtteil dürfte dadurch kaum einfacher werden.

„Natürlich ist es ein großer Schritt, einen historisch gewachsenen Standort wie den an der Holstenstraße zu verlassen“, sagt Boos. „Es geht aber vor allem darum, die Zukunft des Unternehmens zu sichern.“ Wenn ein passendes Grundstück gefunden wird, soll dort eine Brauerei in gleicher Größe gebaut werden. „Die künftige Brauerei in Hamburg wird weiterhin die Menge der jetzigen Brauerei produzieren“, so die Sprecherin. „Wir werden keine Mikrobrauerei.“ Ob Holsten nach einem Umzug sein bisheriges Gelände verkaufen will, ist noch nicht entschieden.

Der Betriebsrat des Unternehmens begrüßte zwar das grundsätzliche Bekenntnis von Holsten und Carlsberg zu Hamburg. „Wir befürchten durch die Verlagerung aber auch einen weiteren Stellenabbau“, sagte der stellvertretende Betriebsratsvorsitzende Jörg Schünemann. „Eine neue Brauerei wird mit Sicherheit auch Rationalisierungsmaßnahmen mit sich bringen.“ Derzeit beschäftigt Carlsberg Deutschland noch rund 450 Mitarbeiter in der Hansestadt. Durch zahlreiche Sparrunden sind in den vergangenen Jahren schon mehrere Hundert Arbeitsplätze verloren gegangen.

Wirtschaftlich stehen Holsten und die anderen deutschen Carlsberg-Marken Astra, Lübz und Duckstein derzeit nicht schlecht da. Während der Gesamtkonzern vor allem unter einem schwierigen Geschäft in Russland zu leiden hat, konnten die Hamburger wegen der Euphorie während der Fußball-Weltmeisterschaft und des langen und heißen Sommers einen gestiegenen Bierabsatz nach Kopenhagen melden. Auch für das Gesamtjahr rechnet das Unternehmen in der Bundesrepublik damit, dass die Umsätze über denen des Vorjahres liegen werden.

Langfristig kann sich aber auch Holsten nicht der negativen Stimmung in der Branche entziehen. Der Bierdurst der Deutschen nimmt seit Jahren ab, nur kleine, individuelle Brauereien wie beispielsweise Ratsherrn in Hamburg können mit handwerklich gebrauten Bieren zulegen.

Die Hamburger Wirtschaftsbehörde will jedenfalls alles tun, um Carlsberg und Holsten auch weiter in der Stadt zu halten. „Wir stehen in engem Kontakt mit dem Unternehmen, um eine adäquate Lösung zu finden“, sagte Hamburgs Wirtschaftssenator Frank Horch (parteilos) dem Abendblatt.