3000 Unternehmen bieten Glücksspiele online an. Auch Hamburger sind darunter. Doch die Zeiten werden schwieriger

Hamburg. Eppendorfer Weg. Ein offenes Büro voller Computer. Mitarbeiter sitzen an Schreibtischen und beantworten Fragen von Kunden. „Lotto im Internet ist ganz einfach, dennoch rufen die Kunden an und wollen wissen, ob es hier auch echte Menschen gibt“, sagt Lottohelden.de-Geschäftsführer Matthias Höfer. Aber längst nicht alle Kunden können das Angebot des Hamburger Unternehmens nutzen. Während der Registrierung werden die Daten der Spielteilnehmer mit einer Sperrdatei, in der Spielsüchtige registriert sind, geprüft. Die anderen zugelassenen Spieler können derweil mit Lottohelden.de Geld sparen.

Das Unternehmen ist eines von wenigen zugelassenen Unternehmen, die Verträge mit den 16 Landeslotteriegesellschaften abgeschlossen haben und somit selbst die Scheine mit den kleinen Kästchen entgegennehmen und an die jeweilige staatliche Lotteriegesellschaft weiterleiten dürfen. Für den Vermittlungsauftrag bekommt Lottohelden.de eine Provision, wie ein Lottokiosk. Seit seiner Gründung 2012 und dem Spielbeginn 2013 hat das Unternehmen bereits knapp 100.000 Kunden gewonnen. Ein Grund für diesen Erfolg besteht darin, dass die Lottohelden die geringstmögliche Gebühr für einen Schein verlangen. In Deutschland sind die Kosten je nach Bundesland unterschiedlich. „Wir halten uns an Baden-Württemberg, wo die Gebühr pro Schein bei 20 Cent liegt. In Hamburg sind es 50 Cent“, so Höfer. So bezahlt der Spieler für ein Lottokästchen, das er ausfüllt, bei den Lottohelden 1,20 Euro, in einer Hamburger Annahmestelle wären es dagegen 1,50 Euro.

Jeder zehnte Lotto-Fan spielt inzwischen online. Es handelt sich um einen lukrativen Markt. Mehr als sieben Milliarden Euro haben die Lotteriegesellschaften der 16 deutschen Bundesländer 2013 allein in Deutschland umgesetzt. Die Spieler kommen aus allen sozialen Schichten. Die Provisionen sind trotz der geringeren Spielgebühr offenbar so gut, dass Höfer und sein Mitgründer Jens Hartwig bereits von Investoren wie T-Venture (Telekom) und SevenVentures (ProSieben) Risikokapital in Höhe von mehreren Millionen Euro bekommen haben. Auch Marc Peters, der Gründer von Tipp24, ist mit an Bord der Lottohelden.

„Wir sehen uns als Partner der Toto- und Lottogesellschaften, auch wenn diese sich noch immer schwer mit staatlich genehmigten Vermittlern tun“, sagt Höfer. Neue Vertragspartner wie Lottohelden.de oder Lotto24.de sind den 16 Lotteriegesellschaften ein Dorn im Auge, da sie Spieler und Provisionen abfischen. Noch weniger beliebt bei den staatlichen Lotteriegesellschaften sind allerdings die ausländischen Anbieter, die als Zweitlotterie bezeichnet werden. Unter anderem verfügen Lottoland und Tipp24 über keine Genehmigung für den Vertrieb deutscher oder ausländischer Lotterien in Deutschland. Denn das Glücksspiel ist laut Staatsvertrag in Deutschland klar geregelt.

In den vergangenen Jahren hatten die Bundesländer durch einen neuen Glücksspielstaatsvertrag versucht, Konkurrenten loszuwerden, indem diese keine Konzession mehr erhielten. 2009 ist der Anbieter Tipp24 daraufhin nach Großbritannien umgezogen. Aber das hat den Lottogesellschaften wenig geholfen. Weiterhin kann bei dem Anbieter online auf die deutschen Lottozahlen gewettet werden. Wer bei Tipp24 gewinnt, erhält eine gleich hohe Ausschüttung wie bei Lotto. Die staatlichen Lottogesellschaften fürchten die Konkurrenz und monieren, dass Anbieter aus dem Ausland die Spieler täuschen und vorgaukelten, sie machten beim Staatslotto mit. Tatsächlich werde das deutsche Zahlenlotto aber unerlaubt kopiert, und es werde kein Cent der Gewinne für soziale Projekte in Deutschland bereitgestellt.

Die deutschen Lottoanbieter dagegen stecken jedes Jahr viel Geld in gemeinnützige Projekte. So fließen 1,6 Milliarden Euro in einen Topf etwa für die Förderung von Sport, Kultur und andere Bereiche. Weitere 1,2 Milliarden Euro gehen direkt an die Länder, denen die Lottogesellschaften in der Regel gehören und die nun um diese Sondererlöse bangen. Deshalb soll es ausländischen Anbietern nun an den Kragen gehen. Und das nicht nur wegen der fehlenden Einnahmen für das deutsche Lotto, sondern auch, weil bei Firmen, die in Großbritannien oder Gibraltar sitzen, jeder seinen angeblichen Spielschein abgeben kann. Dabei ist dem Spieler häufig nicht bewusst, dass er nicht am deutschen Lotto teilnimmt, sondern an einer Wette. Lotto ist allerdings das kleinste Problem der deutschen Veranstalter. Ihnen geht es um die Vermeidung von Spielsucht und um den Jugendschutz.

Allein im Internet sind rund 2900 Kasinos gelistet

„Allein im Internet sind rund 2900 Kasinos gelistet. Jeder, der dort eine Seite aufruft, kann spielen“, sagt Dirk Verleger, Referatsleiter Glücksspiel im niedersächsischen Innenministerium. Kontrollen, ob einer der bis zu 438.000 Spielsüchtigen in Deutschland bei ausländischen Anbietern von Roulette, Poker, Black Jack spielt oder die Spielautomaten auf den Internetseiten nutzt, sind unmöglich. Vornehmlich wegen des Jugendschutzes haben Deutschlands Lotto-Unternehmen die Initiative ergriffen. Auch Jugendliche unter 18 Jahren würden sich in dem reichhaltigen Spieleangebot im Internet tummeln. Es gibt auch die Härtefälle, welche bereits Lebensversicherungen gekündigt haben, um weiteres Geld, in der Hoffnung auf Gewinne, in der Glücksspielindustrie auszugeben. „Spielsüchtige machen nicht nur sich arm, sondern auch ihre Familien“, sagt Verleger.

Dies ist ein weiterer Grund für ihn und die deutschen Bundesländer, dem unkontrollierbaren Treiben einen Riegel vorzuschieben. Deshalb sollen Deutschlands Banken schon bald Überweisungen deutscher Spieler an ausländische Kasinos oder Lotteriegesellschaften nicht weiterleiten und genauso den Rückfluss von Gewinnen nicht transferieren. Anbieter wie Tipp24, die eigentlich weniger im Fokus stehen als die Kasinos, wären auch betroffen, weil Lotto ein Glücksspiel ist.

Kritiker der Pläne verweisen auf die Dienstleistungsrichtlinie in der Europäischen Union, die den freien Dienstleistungsverkehr innerhalb Europas ausdrücklich zulässt. „Ein Punkt ist aber ausgenommen“, sagt dazu Verleger. „Das Glücksspiel“. Wer die Auseinandersetzung auf dem Milliardenmarkt gewinnt, ist noch offen.