Sinkende Frachtraten treiben Verluste hoch. Neuer Chef der Hamburger Reederei will weiter sparen

Hamburg. Für den neuen Hapag-Lloyd-Chef Rolf Habben Jansen ist es ein holpriger Start: Deutschlands führende Linienreederei hat auch das zweite Quartal und damit das erste Halbjahr 2014 insgesamt mit einem Verlust abgeschlossen. Unter dem Strich steht ein Minus von 173,3 Millionen Euro beim Konzernergebnis, im ersten Halbjahr 2013 lag der Nettoverlust bei 72,7 Millionen Euro. Als Hauptgrund macht die Reederei weiter fallende Transportpreise für Container aus, die sogenannten Frachtraten. „Die durchschnittliche Frachtrate lag im ersten Halbjahr 2014 mit 1424 Dollar je Containereinheit (TEU) um 98 Dollar unter dem Vorjahreswert“, teilte Hapag-Lloyd bei Vorlage der Zahlen am Dienstag mit.

Es klingt mittlerweile wie ein Mantra: Die Fährnisse des Marktes, die „Irrationalität“ der Branche, die der langjährige Hapag-Lloyd-Chef Michael Behrendt zuletzt immer wieder beklagt hatte, verhindern aus Sicht des Unternehmens, dass Deutschlands führende Reederei wieder zu stabilen Gewinnen zurückkehrt. „Die ganze Branche ist eine Baustelle“, sagte Behrendt Ende Juni, bevor er die Führung der Reederei zum 1. Juli an den Niederländer Habben Jansen übergab. Der präsentiert nun eine Halbjahresbilanz, die noch deutlich negativer ausfällt als jene von 2013.

Es ist schwer auszumachen, wo die Ursachen tatsächlich liegen. Hapag-Lloyd hat unter Behrendts Führung in den vergangenen Jahren Hunderte Millionen Euro interne Kosten eingespart, allerdings auch die Verschuldung zeitweise hochgetrieben, um die Flotte zu erneuern. Trotz anhaltender Überkapazitäten am Markt schreiben längst nicht alle Reedereien Verlust. Branchenführer Mærsk Line aus Dänemark hatte im ersten Quartal 2014 bei allen Gewinnkennzahlen deutlich zugelegt. Am kommenden Dienstag, bei der Vorlage der Zahlen für das zweite Quartal, wird sich zeigen, ob Mærsk diesen Trend halten kann. Offensichtlich bleibt aber der Umstand, dass Größe in der Containerschifffahrt eine entscheidende Rolle spielt. Obwohl Mærsk den für die gesamte Branche schädlichen Preiskampf mit der zweitgrößten Linienreederei MSC aus der Schweiz mittlerweile aufgegeben hat, können die Dänen mit ihrem Marktanteil von gut 16 Prozent an der Transportkapazität der Containerflotte stärker als ihre Konkurrenten die Richtung bestimmen. „Dass wir trotz der deutlichen Kosteneinsparungen unter dem Strich dieses unbefriedigende Ergebnis haben, lag an der enttäuschenden Entwicklung der Raten in allen Fahrtgebieten“, sagte Habben Jansen zum Halbjahresergebnis. Damit räumt er ein, dass Hapag-Lloyd mit gut sechs Prozent Marktanteil praktisch keine Gestaltungsmacht besitzt, um längerfristig höhere Transportpreise für seine Fahrtgebiete durchzusetzen.

Zwei aktuelle Entwicklungen entscheiden mit darüber, ob Hapag-Lloyd demnächst wieder stabile Gewinne erwirtschaften kann. Im Juni scheiterte die geplante Kooperation von Mærsk, MSC und der drittgrößten Linienreederei CMA CGM aus Frankreich am Einspruch der chinesischen Wettbewerbsbehörden. Wäre die P3 genannte Allianz mit mehr als 250 Großfrachtern zustande gekommen, hätte sie die Marktentwicklungen vor allem auf den Fernostrouten zwischen Europa und Asien weitgehend dominiert. Nun versuchen Mærsk und MSC eine weniger enge und umfangreiche Kooperation unter dem Titel 2M zu organisieren. Auch dieses Vorhaben allerdings könnte an China scheitern, weil das Land danach trachtet, seine eigenen Reedereien Cosco und China Shipping zu stärken.

Unterdessen wartet Hapag-Lloyd auf die Freigabe der angestrebten Fusion mit der Containersparte der chilenischen Reederei CSAV. Die Hamburger Reederei würde damit von Rang sechs auf Rang vier der größten Linienreedereien vorrücken. Vor allem könnte Hapag-Lloyd seine Präsenz auf den Ost-West-Verbindungen um eine signifikante Position am Nord-Süd-Markt ergänzen. Das wäre ein einmaliger Vorteil in der Branche. „Die Transaktion steht derzeit noch unter dem Vorbehalt der Zustimmung von etwa einem Dutzend Wettbewerbsbehörden weltweit. Mit der Freigabe durch die zuständigen US-Behörden wurde hier Ende Juli jedoch schon ein erster großer Meilenstein erreicht“, teilte Hapag-Lloyd am Dienstag mit. „Soweit rechtlich zulässig, laufen bereits die Vorbereitungen für die Integration des CSAV-Containergeschäfts in Hapag-Lloyd, um die Synergien nach dem Closing umgehend zu realisieren.“ Als Closing wird der endgültige Abschuss einer Transaktion bezeichnet.

Für den neuen Hapag-Lloyd-Chef ist die Eingliederung der CSAV-Sparte entscheidend, um mit der Reederei mehr Marktmacht aufzubauen – zumal das schlechte Halbjahresergebnis bereits Kosten dafür enthält. Fusionsversuche mit der Reederei Hamburg Süd der Bielefelder Oetker-Gruppe waren mehrfach gescheitert. CSAV bleibt die einzige Hoffnung für einen baldigen Befreiungsschlag. „Nach dem schlechten ersten Halbjahr erwarten wir trotz des unverändert angespannten Umfelds im zweiten Halbjahr ein besseres Ergebnis“, sagte Habben Jansen. „Wir werden weiter die Kosten senken und durch den Zusammenschluss mit CSAV künftig Synergien von mindestens 300 Millionen Dollar jährlich realisieren.“