Der amerikanische Mutterkonzern Archer Daniels Midland übernimmt die restlichen 20 Prozent der Anteile an dem Traditionsunternehmen aus der Hansestadt und tilgt den Namen des Firmengründers.

Hamburg. Auf den ersten Blick scheint noch alles beim Alten zu sein in der Zentrale von Toepfer International in der Hamburger Innenstadt. Wie eine Trutzburg steht das sandsteinfarbene Gebäude an der Ferdinandstraße, in dem der Firmengründer und bekannte Mäzen Alfred C. Toepfer einst seinen weltumspannenden Handel mit Getreide, Futtermitteln, Ölsaaten und anderen Agrarrohstoffen aufbaute.

An der Klingel jedoch findet sich der traditionsreiche Name nicht mehr, sondern nur noch der Begriff ADM Germany. Auch Mitarbeiter verweisen bei Anfragen mit einem gewissen Bedauern darauf, dass man seit Kurzem nicht mehr unter Toepfer International firmiere.

Tatsächlich befindet sich der Getreidehändler mit weltweit mehr 2000 Mitarbeitern seit Anfang Juni zu 100 Prozent in der Hand des US-Agrarkonzerns Archer Daniels Midland (ADM), wie erst jetzt bekannt wurde. Die Amerikaner hielten bereits seit dem Jahr 2002 rund 80 Prozent an dem Hamburger Traditionsunternehmen und übernahmen nun noch für 83 Millionen Euro die restlichen Anteile von der französischen Genossenschaftsgruppe Union InVivo. Im Zuge der Komplettübernahme tilgte die Muttergesellschaft jetzt auch den Namen des Firmengründers und benannte die deutsche Tochtergesellschaft in ADM Germany um.

Man wolle nun die eigene, integrierte Lieferkette, das globale Beschaffungsnetzwerk und die Expertise im Risikomanagement mit Toepfers Stärke im internationalen Agrarhandel miteinander vereinen, erklärte eine Sprecherin. Ein wichtiger Teil dieser Strategie sei es, als ein weltweites Team unter einem einheitlichen Namen aufzutreten.

Wie genau die Hamburger Tochtergesellschaft im Zuge der Integration in den US-Konzern umstrukturiert wird und welche Auswirkungen dies auf die rund 300 Mitarbeiter in der Hansestadt haben könnte, wollte die Sprecherin nicht sagen. Auch zu einem möglichen Arbeitsplatzabbau oder der Verlagerung einzelner Funktionen äußerte sie sich nicht. Man befinde sich mitten in einem laufenden Prozess, erklärte sie. In jedem Fall werde der Hamburger Standort aber auch weiterhin eine „wichtige Rolle“ im Gesamtkonzern und in der Region spielen. Zumindest die Kommunikation läuft mittlerweile aber nicht mehr über Hamburg, sondern über das europäische Hauptquartier von Archer Daniels Midland in Rolle bei Genf in der Schweiz.

Toepfer International handelt weltweit mit Agrarrohstoffen und verarbeiteten Produkten. Neben dem Stammhaus in der Hansestadt unterhält die Gruppe noch 36 weitere Niederlassungen in aller Welt, betreibt regionale Silo-, Umschlag- und Exportanlagen unter anderem in Argentinien, Bulgarien, Kanada, Ungarn, Rumänien, in der Ukraine und in den USA. 53 Millionen Tonnen an Getreide, Ölsaaten, Hülsenfrüchten und auch Düngemitteln setzt das Unternehmen durchschnittlich pro Jahr um.

Die Muttergesellschaft Archer Daniels Midland zählt zusammen mit den US-Unternehmen Cargill und Bunge zu den weltgrößten Agrarkonzernen, die sich das lukrative Geschäft mit den Rohstoffen für die Lebensmittelbranche untereinander aufteilen. Die Erlöse lagen zuletzt bei fast 90 Milliarden Dollar. Die Gruppe beschäftigt insgesamt rund 31.000 Mitarbeiter. Erst Anfang Juli verleibte sich der Konzern den deutsch-schweizerischen Aromenhersteller Wild Flavors für rund zwei Milliarden Euro ein.

Wie aus unternehmensnahen Kreisen verlautete, haben die Amerikaner durchaus über viele Jahre vom guten Namen der deutschen Tochtergesellschaft und deren langjährigen Kontakten profitieren können. Durch Toepfer konnten sie auch in Ländern agieren, in denen US-Konzerne nicht so gut gelitten sind.

Allerdings bekam das positive Image von Toepfer Anfang dieses Jahres durch eine Korruptionsaffäre erhebliche Risse. Es ging um Schmiergeldzahlungen an Firmen mit Sitz auf Inseln im Pazifik, ein teures Armband als Geschenk an Geschäftspartner und um einen „Cashpool“ mit gut drei Millionen Euro für korrupte ukrainische Staatsbeamte. Mit diesem Instrument wollten Toepfer-Mitarbeiter erreichen, dass ausstehende Steuerrückerstattungen schneller überwiesen wurden. ADM zahlte allein in den USA für die illegalen Geschäfte seiner Tochtergesellschaft 36 Millionen Dollar Strafe. In Hamburg verhängte die Justizbehörde zusätzlich ein Bußgeld in Höhe von 900.000 Euro.

Den meisten Hamburgern dürfte der Name Toepfer ohnehin weniger durch das 1919 gegründete Unternehmen, sondern mehr durch die von Alfred Carl Toepfer ins Leben gerufenen Stiftungen geläufig sein. Der 1993 verstorbene Kaufmann initiierte unter anderem den Wiederaufbau der Hamburger Staatsoper, schuf Naturparks und war Ehrenbürger der Stadt. Die Alfred Toepfer Stifung FVS engagiert sich europaweit auf den Gebieten Kultur, Wissenschaft, Bildung und Naturschutz, während die Carl-Toepfer-Stiftung – benannt nach dem Vater – sich unter anderem dem Denkmalschutz und der Pflege der plattdeutschen Sprache verschrieben hat. Beide Organisation operieren schon seit Langem unabhängig von dem Wirtschaftsunternehmen und finanzieren ihre gemeinnützige Arbeit unter anderem aus Erträgen aus dem Immobiliengeschäft.