Schweizer planen einen Reparaturbetrieb für Kräne im mittleren Freihafen. Es wäre dort die erste Industrieansiedlung

Hamburg. Der Hamburger Hafen wandelt sein Gesicht. Wo früher nur Waren von Schiffen umgeschlagen wurden, soll künftig ein Industriezweig angesiedelt werden. Liebherr, ein Hersteller von Baumaschinen und Kränen sowie Haushaltsgeräten, plant offenbar, im mittleren Freihafen ein Reparaturwerk zu errichten. Der Schweizer Konzern will Kräne aus der ganzen Welt per Schiff nach Hamburg transportieren, um sie hier zu warten. Gelingt das Geschäft, wäre es die erste Industrieansiedlung im mittleren Freihafen.

Versuche hat es in der Vergangenheit mehrfach gegeben, etwa mit dem Plan, Fahrzeughersteller dazu zu bringen, im Hafen Elektroautos umzurüsten. Dahinter stand folgende Strategie: Als der Hamburger Hafen wegen der Finanz- und Wirtschaftskrise vor fünf Jahren massive Rückgänge beim Güterumschlag verzeichnen musste, entschlossen sich Hafenverwaltung und Wirtschaftsbehörde dazu, mehr Industrie und damit mehr Wertschöpfung in den Hafen zu holen, um sich von den Konjunkturschwankungen der Handelsschifffahrt unabhängiger zu machen. Dies gelang bisher nicht.

Dabei ist die Hafenverwaltung auf die kurzfristige Bereitstellung von Flächen vorbereitet. Große Teile des Umschlaggeschäfts wurden aus dem mittleren Freihafen umgesiedelt, den betroffenen Hafenfirmen – der HHLA und der Buss-Gruppe – wurden die entsprechenden Pachtverträge gekündigt. Auf einem Teil der Flächen soll in Kürze das neue Kreuzfahrtterminal entstehen. Für weitere Flächen am sogenannten Hansa-Terminal laufen die Pachtverträge 2016 aus. Die Buss-Gruppe, die nach einer schrittweisen Expansion mit Hafendiensten außerhalb Hamburgs viel Geld verdient, würde in ihrer Heimatstadt ein wichtiges Standbein verlieren.

Mit der Liebherr-Ansiedlung könnte sich aber vieles ändern: Der Konzern hat für seine Kranreparatur nämlich eine Fläche auf eben diesem Hansa-Terminal ins Auge gefasst, den Buss betreibt. Der Hafendienstleister könnte künftig die Abfertigung der Schiffe mit den Kränen sowie den gesamten Betrieb an der Kaikante übernehmen. Buss und Liebherr sind alte Bekannte: Der Baumaschinenhersteller hat die Verladung seiner schweren Großfahrzeuge bereits häufiger dem Spezialisten Buss überlasen. Das Hafenunternehmen hingegen betreibt Kräne von Liebherr. Mit der neuen Partnerschaft könnten Arbeitsplätze von Buss im mittleren Freihafen gesichert werden. Nicht bekannt ist, wie viele Jobs in dem Reparaturbetrieb entstehen.

Wie es hieß, möchte Liebherr das Leercontainerdepot neben dem Kai für den Kranreparaturbetrieb übernehmen. Die Buss-Gruppe hält sich zu dem Vorhaben bedeckt: „Wir äußern uns nicht“, sagte eine Sprecherin. Klar ist aber, dass es erst kürzlich Gespräche zwischen Liebherr und der Hafenverwaltung gegeben hat. Die Hamburg Port Authority (HPA) bestätigt das, will sich aber ebenfalls nicht weiter äußern. „Die HPA führt viele Gespräche. Diese kommentieren wir generell nicht“, sagte Sprecherin Sinje Pangritz.

Die HPA ist nicht zuletzt zurückhaltend, weil die betroffenen Hafenflächen nach Auslaufen der Pachtverträge möglicherweise nicht ohne vorhergehende Ausschreibung an Buss und Liebherr vergeben werden können. Das ist aber noch nicht entschieden.

Denn die Verträge sind noch nicht unterzeichnet. Wie das Abendblatt erfuhr, soll es aber bereits positive Signale des Liebherr-Aufsichtsrats geben. Liebherr bestätigte dies offiziell nicht. „Die Liebherr-Nenzing Service GmbH prüft derzeit verschiedene europäische Standorte im Hinblick auf die Eignung für ein zukünftiges Servicezentrum im Bereich der Schiffs-, Offshore- und Hafenmobilkräne sowie Hydroseilbagger und Raupenkräne mit Einsatzgewichten von weniger als 300 Tonnen“, sagte Unternehmenssprecher Kristian Küppers. In die engere Auswahl kämen dafür mehrere Standorte in Deutschland, Belgien und den Niederlanden. Auch der Hamburger Hafen gehöre zu den möglichen Kandidaten. Küppers geht davon aus, dass bis Ende des Jahres eine Entscheidung getroffen werde, an welchem Standort die Gesellschaft ihr zukünftiges Reparaturzentrum betreibt.

Liebherr International wird in zweiter Generation von der Familie Liebherr geführt. Die Geschichte des Industriebetriebs geht auf das Jahr 1938 zurück. Es beschäftigt weltweit knapp 40.000 Mitarbeiter und hat im vergangenen Jahr einen Umsatz von rund neun Milliarden Euro erwirtschaftet. Fast 60 Prozent der von den Schweizern hergestellten Produkte gehen in die Länder Westeuropas.