Das Volumen der finanziellen Sicherheitsleistungen in Hamburg ist ebenso gesunken wie das Ausfallrisiko

Hamburg. Tofuwürstchen, Steaks aus Weizeneiweiß und glutenfreies Bier – über diese Zutaten für einen WM-Grillabend würden viele Fußballfans zwar die Nase rümpfen. Doch der Markt für vegane Lebensmitteln vergrößert sich mit zweistelligen Zuwachsraten. Angesichts dieser Nachfrage hat Helen Unsinn vor einem Jahr den veganen Supermarkt Veganz in Altona eröffnet. Der Start verlief erfolgreich: „Die Umsätze lagen deutlich über den Erwartungen“, sagt die 33-Jährige. Gefördert wurde die Gründung des Geschäfts, das zehn Vollzeitmitarbeiter hat, von der Bürgschaftsgemeinschaft (BG) Hamburg. „Die Zusage der BG, uns zu unterstützen, hat uns bestärkt“, sagt Helen Unsinn. „Das war wie ein positives Häkchen hinter unserem Konzept.“

Allein im Jahr 2013 wurden durch die Übernahme von Bürgschaften 1053 neue Stellen in Hamburg geschaffen, gesichert wurden 4505 Arbeitsplätze. Dabei hat die BG insgesamt 506 Bürgschaften zugesagt, das war ein Minus von 7,8 Prozent. Auf Gründungen und Unternehmensnachfolgen entfielen 168 (2012: 171) Bewilligungen.

Die abwärts gerichtete Tendenz erklärt BG-Geschäftsführer Jörg Finnern mit der guten Konjunktur: „Es finanzieren immer mehr Unternehmen ihre Investitionen aus eigener Kraft, außerdem gehen die Notgründungen zurück – Fachkräfte werden gesucht, es gibt für sie keine Notwendigkeit, sich selbstständig zu machen.“

Das Volumen der Bürgschaften lag jedoch mit 63,7 Millionen Euro fast auf dem Vorjahresniveau (64,3 Millionen Euro). Damit konnten Kredite der Partnerbanken von 99,4 Millionen Euro abgesichert werden – und gemessen daran liegt die Bürgschaftsgemeinschaft Hamburg im deutschlandweiten Vergleich bezogen auf die Zahl der mittelständischen Firmen im jeweiligen Bundesland auf dem ersten Rang.

In den kommenden Jahren will die BG künftigen Unternehmern bei ihrem Sprung in die Selbstständigkeit noch stärker unter die Arme greifen: Die Bewilligungen sollen in diesem Jahr um bis zu zehn Prozent zunehmen.

Zu dem Anstieg beitragen soll eine geplante Kooperation mit der im vergangenen Jahr gegründeten Hamburgischen Investitions- und Förderbank (IFB): Vorgesehen ist ein gemeinsames Produkt auf Basis des besonders zinsgünstigen „Hamburg-Kredits“, besichert durch die BG. Außerdem wird es ein neues Programm zur Verbürgung von Leasinganträgen geben.

Auch wenn man mit der IFB stärker zusammenarbeiten und Arbeitsabläufe aufeinander abstimmen will, werde es keinen Zusammenschluss der beiden Institutionen geben, sagt BG-Geschäftsführer Dieter Braemer. Dagegen spreche schon die unterschiedliche Trägerschaft: Die IFB gehört der Hansestadt Hamburg, hinter der BG stehen rund 90 Gesellschafter aus der Wirtschaft – Banken, Kammern und Verbände. Aktuell hat die BG gut 40 Beschäftigte, etwa die Hälfte von ihnen betreut Antragsteller.

Ein Schwerpunktthema der nächsten Jahre soll nach Angaben von Finnern die Begleitung von Unternehmensnachfolgen sein: „Schon seit längerer Zeit sprechen alle darüber, dass im deutschen Mittelstand ein Generationswechsel ansteht. Bisher haben wir keine derartige Welle gesehen, aber die Zahl der Unternehmensübergaben muss in naher Zukunft zunehmen.“ Zusammen mit der Handels- und der Handwerkskammer wolle sich die BG darauf einstellen.

Im zurückliegenden Jahr erhöhten sich die Bürgschaftsgenehmigungen im Handelssektor um 16 Prozent, im Handwerk gab es ein Plus von zwölf Prozent. Für weitere Kita-Neugründungen, die zuvor relativ häufig waren, sieht Finnern nur noch wenig Raum. Gute Perspektiven hätten nach seiner Einschätzung hingegen die vom Handwerk angeregten Gewerbehöfe, „aber aus dieser Richtung haben wir bisher keine Anfrage vorliegen“.

Die wichtigste Voraussetzung, die ein Gründer mitbringen muss, ist aus der Sicht von Finnern die fachliche Eignung. Auch wenn die Antragsteller nicht zuletzt wegen verbesserter Hilfsmittel – es gibt bereits Computerprogramme für die Erstellung von Businessplänen – immer professioneller vorbereitet seien, werde die kaufmännische Seite noch immer unterschätzt: „Die anfallenden Kosten kann man gut planen, aber es wird manchmal nicht genug dafür getan, dass auch auskömmliche Umsätze hereinkommen.“

Daher sei es wichtig, sich frühzeitig mit dem Marketing auseinanderzusetzen. „Man sollte schon im Vorfeld der Gründung damit beginnen, Netzwerke zu knüpfen und potenzielle Kunden anzusprechen“, sagt Braemer. Gründer könnten zudem für bis zu einem Jahr ein Coaching erhalten, in dem es unter anderem um die Wahl der passenden Rechtsform oder auch um steuerliche Fragen gehe.

Abgesehen davon, dass Banken den Gründer gegenüber traditionell Vorsicht walten lassen, sehen die BG-Geschäftsführer derzeit keine generelle Kreditzurückhaltung. „Mittelständische Kunden sind bei allen Banken gern gesehen, weil sie mit diesem Geschäft eine gute Risikostreuung erreichen“, sagt Braemer. Bei der BG jedenfalls sind Ausfälle offenbar seltener geworden: Im Jahr 2013 sind die Einzelwertberichtigungen auf 1,5 Millionen Euro gesunken, in den Vorjahren waren es rund 2,5 Millionen bis drei Millionen Euro.