Handwerkskammer-Präsident Josef Katzer über die Pläne für seine zweite Amtszeit, fehlende Gewerbeflächen und den Erhalt der Meisterprüfung

Hamburg. Josef Katzer, 58, gehört nicht gerade zu den Leisetretern unter den Hamburger Verbandsvertretern. In seiner ersten Amtszeit als Handwerkskammerpräsident legte er sich mit großen Innungen an, machte die Finanzprobleme der altehrwürdigen Institution durch eine Umstellung des Rechnungswesens sichtbar und versuchte, eine Frauenquote durchzuboxen. Dennoch wurde der streitbare Gebäudereinigermeister vor wenigen Tagen im Amt bestätigt. Im Abendblatt sagt er, wie jetzt seine Pläne aussehen.

Hamburger Abendblatt:

Herr Katzer, wie groß war Ihre Sorge, bei der Wiederwahl zum Kammerpräsidenten einen Denkzettel verpasst zu bekommen?

Josef Katzer:

Ich hatte keine Sorgen. Wenn man aber wie ich Positionen vertritt, die nicht allen gefallen, dann muss man auch mit Gegenstimmen rechnen. Die Alternative wäre ein Kuschelkurs, um alle einzubinden, aber nichts zu bewegen. Ich glaube, man nimmt mir ab, dass ich dafür nicht stehe.

Die Kontroverse mit mehreren großen Innungen wie Bau und Sanitär über eine Reform des Wahlrechts zur Vollversammlung der Kammer war heftig ...

Katzer:

Es gibt einige wenige Personen in einigen wenigen Innungen, die mit den Zielen, die ich vertrete, grundsätzlich nicht übereinstimmen. In manchen Innungen gibt es die Auffassung, eine starke Kammer sei nicht gut. Ich glaube hingegen an eine starke Kammer und an starke Innungen.

Bei der Reform des Wahlrechts sprachen Sie von Ihren „dauererklärten Feinden“, die Gegenseite verwahrte sich dagegen, von Ihnen als „Demokratieverweigerer“ dargestellt zu werden. Bedauern Sie heute, wie die Debatte eskaliert ist?

Katzer:

Zunächst einmal war es gut, dass wir das Thema überhaupt zur Debatte gestellt haben. Im Nachhinein betrachtet hätte ich vielleicht etwas früher auf die Kritik reagieren sollen. Ich bin aber letztlich darauf eingegangen und habe von der Reform Abstand genommen, nachdem klar war, dass sie zu einer Benachteiligung einiger kleiner Innungen führen könnte. Das wollte ich nicht und das war auch von mir nie beabsichtigt.

Ist die Reform des Wahlrechts jetzt endgültig vom Tisch?

Katzer:

Ja, denn wir sehen im Augenblick keinen Weg, die Reform so zu gestalten, dass die Vielfalt im Handwerk und in den Gremien erhalten bleibt.

Die Frauenquote, die Sie in den Kammergremien einführen wollten, ist auch gefloppt.

Katzer:

Die Frauenquote war leider nicht mit der Handwerksordnung vereinbar, was ich nach wie vor sehr bedaure. Aus Erfahrungen in meinem eigenen Unternehmen weiß ich, dass Frauen in führenden Positionen eine absolute Bereicherung darstellen. Nun versuchen wir auf verschiedenen Ebenen, den Anteil der Frauen im Handwerk zu erhöhen. Das ist aber eher eine kleinteilige Arbeit und nicht der große Wurf, den ich mir gewünscht hatte.

Wie ist denn jetzt Ihr Verhältnis zu den Innungen generell?

Katzer:

Das Verhältnis zu den Innungen ist gut und harmonisch – bis auf zwei. Aber auch hier arbeiten wir auf beiden Seiten an einer Verbesserung.

Wird ihre zweite Amtszeit denn so konfliktreich wie die erste werden?

Katzer:

Wenn es so kommt, dann liegt das sicher nicht an mir. Ich arbeite gern und konstruktiv mit allen zusammen, die sich für eine Stärkung des Handwerks einsetzen und es weiter nach vorn bringen möchten. Dazu sind alle eingeladen.

Was steht bei Ihnen ganz oben auf der Agenda?

Katzer:

Vor allem müssen wir das vollkommen unsinnige Ansinnen der EU abwehren, die Meisterzulassungspflicht europaweit aufzuheben. Stattdessen soll es eine Pseudo-EU-Prüfung geben, die nichts, aber auch gar nichts mit den Standards einer deutschen Meisterprüfung zu tun hat. Dies stellt einen Angriff auf unser ausgesprochen erfolgreiches Wirtschafts- und Ausbildungssystem dar.

Warum? Nur weil Handwerksbetriebe nun auch ohne Meisterbrief gegründet werden könnten? Das geht doch in allen nicht gefahrengeneigten Gewerken ohnehin schon.

Katzer:

Wir haben in England gesehen, wohin solch ein Generalangriff führen kann. Dort sind schon vor 30 Jahren Zünfte und Qualifikationen weitgehend abgeschafft worden. Mit dem Ergebnis, dass es nur sehr wenige englische Produkte gibt, die sich ein Deutscher oder EU-Bürger heute noch wünscht. In Deutschland ist durch die bereits erfolgte Liberalisierung im Jahr 2004 ein Gewerk wie das der Fliesenleger fast völlig zerstört worden.

Von Hamburg aus können Sie gegen diese Entwicklung aber wenig machen.

Katzer:

Wir können nur die bundespolitische Ebene unterstützen und bei Senat und Bürgermeister unser Anliegen vortragen und auf diese Fehlentwicklung hinweisen. Die meiste Arbeit liegt aber beim Zentralverband des Deutschen Handwerks.

Größere Sorgen bereiten den Hamburger Handwerkern im Moment wohl eher die fehlenden und nicht bezahlbaren Gewerbeflächen.

Katzer:

Hamburg hat ganz klar ein Flächenproblem, der Platz ist nun einmal begrenzt. Mein Anliegen ist es, darauf zu drängen, dass bei der verständlichen Priorität, die der Wohnungsbau derzeit genießt, die Anliegen unser Betriebe nicht zu kurz kommen.

Wie weit sind Sie mit den Planungen für einen Handwerkerhof nach Münchner Vorbild gekommen, der in der Nähe der Automeile Nedderfeld entstehen soll?

Katzer:

Wir warten im Augenblick darauf, dass uns die Stadt einen Architektenentwurf für das mehrstöckige Gebäude vorlegt. Dies wird in den kommenden sechs Monaten der Fall sein.

Bürgermeister Olaf Scholz haben Sie eine Vormietungsquote von 80 Prozent zugesagt. Wie viele Interessenten gibt es denn schon?

Katzer:

Ich spreche lieber von einer Quote von 70 Prozent. Konkrete Interessenten gibt es derzeit noch nicht. Um in die Vermarktung der Flächen zu gehen, brauchen wir den Architektenentwurf.

Und was ist, wenn sich gar nicht genug Unternehmen finden, die in den Handwerkerhof einziehen wollen?

Katzer:

Dann wird auch nicht gebaut. Wir sind nicht an einer Betonleiche interessiert. Ich bin aber zuversichtlich, dass wir mit einer modernen Architektur, zeitgemäßen, technischen Einrichtungen und bezahlbaren Mieten von rund acht Euro pro Quadratmeter auf großes Interesse bei den Betrieben stoßen werden.

Wer bezahlt den Handwerkerhof ?

Katzer:

Das muss schon die Stadt übernehmen.

Auf deren Hilfe können Sie bei einem anderen Großprojekt, der Sanierung des Gewerbehauses am Holstenwall, aber nicht hoffen. Haben Sie die zwölf Millionen Euro dafür mittlerweile zusammen?

Katzer:

Wir haben einen Masterplan für die Sanierung des Hauses erarbeitet, der alle notwendigen und auch wünschenswerten Maßnahmen miteinschließt. Rechnet man diese alle zusammen, dann kommt man auf die zwölf Millionen, da sind aber auch viele Umbauten dabei, die nicht unbedingt erforderlich sind.

Und wann wird nun saniert?

Katzer:

400.000 bis 500.000 Euro fließen ohnehin jedes Jahr in den Erhalt des Hauses. Den Abschluss der Arbeiten bis zum 100-jährigen Bestehen des Gebäudes im Jahr 2017 werden wir aber nicht schaffen, obwohl das sehr schön gewesen wäre. Bis 2020 werden die Arbeiten sicher noch dauern.

Ziehen die Innungen bei der Sanierung mit, wie von Ihnen gewünscht?

Katzer:

Einige Innungen haben sich bereits an der Wiederherstellung der traditionellen Jugendstilfenster im Großen Saal der Kammer beteiligt. 2014 sollen drei weitere Fenster rekonstruiert werden. Das Fenster der Glaser und Tapezierer sowie das Fenster der Lithografen werden zurzeit vom Glaskunstatelier Hempel in Hamburg Curslack produziert.

Angesichts der nach wie vor schwierigen Finanzlage der Handwerkskammer ist die Sanierung des Gewerbehauses ein großer Kraftakt. Wie ist es denn insgesamt um die Haushaltslage bestellt?

Katzer:

Rechnet man die Pensionsrückstellungen heraus, dann ist es uns schon im vergangenen Jahr gelungen, einen ausgeglichen Haushalt vorzulegen. Für dieses Jahr erwarten wir einen leichten Überschuss.

Und wie stehen die Handwerksbetriebe in der Hansestadt dar?

Katzer:

Dem Hamburger Handwerk geht es sehr gut. Wenn man durch die Stadt fährt, sieht man überall die Baukräne, bei vielen Gewerken aus dem Baubereich gibt es lange Wartezeiten. Bundesweit erwartet das Handwerk laut ZDH in diesem Jahr ein Umsatzplus von zwei Prozent im Vergleich zum Vorjahr. Im Kammerbezirk Hamburg rechnen laut Konjunkturumfrage 37 Prozent der Betriebe mit einer Umsatzsteigerung in den nächsten Monaten. Auch die Beschäftigung wird steigen, wenn die Betriebe ausreichend Fachkräfte finden.

Gibt es noch einen Fachkräftemangel?

Katzer:

Unsere Imagekampagne für das Handwerk hat zwar viel bewirkt, aber viele Betriebe suchen nach wie vor intensiv nach Fachkräften und Auszubildenden. Das hat auch mit dem in Deutschland grassierenden Akademikerwahn zu tun. Viel zu viele junge Leute studieren, anstatt erst einmal einen handfesten Beruf zu lernen. Am Ende stehen sie dann auf der Straße und uns fehlen auf der anderen Seite die Mitarbeiter.