Plenum wählt Vorstandschef der HanseMerkur für weitere drei Jahre. Drei Frauen im Präsidium. Rebellen scheitern

Hamburg. Am Donnerstag um 17.15 Uhr stand das Ergebnis fest. Fritz Horst Melsheimer bleibt Präses der Handelskammer. Er sei mit sehr großer Mehrheit gewählt worden, teilte ein Sprecher mit. Wie viele Stimmen Melsheimer erhalten hat, wollte der Sprecher nicht sagen. Zuvor hatte die Kammerführung die Veröffentlichung der Einzelstimmenergebnisse verboten. Ein entsprechender Antrag von Gregor Hackmack, vom Reformbündnis „Die Kammer sind Wir“ wurde nicht zur Abstimmung zugelassen. „Jeder Schützenverein ist demokratischer“, sagte Hackmack nach der Sitzung.

Trotz der vom Einzug der Kammer-Rebellen ins Plenum geprägten, an einigen Stellen turbulenten Sitzung, war Melsheimers Wiederwahl keine Überraschung. Er hat in der Hamburger Wirtschaft großen Rückhalt. Bemerkenswert waren nur die Umstände, die zu seiner Wahl geführt haben. Denn der Vorstandsvorsitzende des Versicherungskonzerns HanseMerkur, der sein Amt Ende Juni abgibt, hatte eigentlich eine andere Lebensplanung ins Auge gefasst. Nachdem er im Jahr 2011 den Posten von seinem Vorgänger Frank Horch – neun Wochen vor Ablauf dessen Amtszeit – übernommen und dann drei reguläre Jahre die Kammer selbst geführt hatte, wollte sich Melsheimer am Donnerstag eigentlich von der Spitze zurückziehen.

Doch es fand sich kein Nachfolger. Je näher der Wahltag rückte, desto deutlicher zeigte sich, dass keiner der dazu geeigneten Hamburger Wirtschaftsvertreter bereit war, den Posten von ihm zu übernehmen. Um die Kammer vor dem Sturz in die Führungslosigkeit zu bewahren, trat Melsheimer nun noch einmal an. Dass im Vorfeld der Wahl extra die Satzung geändert werden musste, war von den Kammer-Rebellen massiv kritisiert worden.

Deren Sprecher, Tobias Bergmann, ist am Donnerstag hingegen mit seiner Kandidatur für das Präsidium gescheitert. Das Plenum der Handelskammer folgte mehrheitlich der Empfehlung der etablierten Kammerführung, drei im Gremium frei werdende Posten mit Frauen zu besetzen. Neben den verbliebenen Vizepräsides Andreas Bartmann (Globetrotter), Harald Vogelsang (Haspa) und Michael Westhagemann (Siemens) wurden Christina Jagdmann vom Übersetzungsbüro wordinc, Jaana Karola Kleinschmit von Lengefeld, Chefin der Ölmühle ADM, und Birgit Kochen-Schmidt-Eych vom Handelsunternehmen Alfred Kochen neu gewählt. Damit ziehen erstmals in der Kammergeschichte Frauen in das Führungsgremium ein.

Für Bergmann und das Reformbündnis „Die Kammer sind Wir“ ist das eine klare Niederlage. Die Kritiker der Handelskammer waren erst im Februar mit zwölf eigenen Mitgliedern in das Plenum der Wirtschaftsvertretung eingezogen und hatten mehrere Kontroversen mit der bisherigen Kammerführung ausgelöst. Die erste Plenarsitzung im April, bei der Bergmann seine Kandidatur für das Präsidium angekündigt hatte, hatte einen verbalen Schlagabtausch zwischen ihm und dem Präsidium nach sich gezogen.

Bergmann entschuldigte sich am Donnerstag vor dem Plenum für den Tonfall, war nach der Sitzung zu vernehmen, an seinem Reformkurs hält er aber fest. Melsheimer kündigte in seiner Dankesrede eine „Agenda 2020“ an, mit der die Kammer, die im kommenden Jahr ihr 350-jähriges Bestehen feiert, in den Bereichen „Produktvielfalt“ und Kommunikation weiterentwickelt werden soll. „Die einzurichtenden Projektgruppen sowie die anstehende Diskussion über ein neues Leitbild sind die Gelegenheit für alle Plenarmitglieder, sich in die Arbeit der Handelskammer einzubringen“, sagte der Präses.

Einige Neuerungen würden der Kammer offenbar auch guttun. Den Schluss könnte man zumindest aus der jüngsten Umfrage von TNS Emnid ziehen, die das Meinungsforschungsinstitut unter den Kammer-Mitgliedern durchgeführt hat. Darin hat Emnid abgefragt, wie zufrieden die Hamburger Unternehmer mit der Kammer sind, und wie stark sie ihr Angebot nutzen. Die Ergebnisse sind sehr unterschiedlich: Während sich die Zufriedenheitswerte gegenüber der letzten Umfrage 2009 nicht verschlechtert und zum Teil sogar verbessert haben, nehmen die Kontakte eher ab.

Zwar wird das Seminar- und Beratungsangebot von den Befragten 754 Unternehmen rege genutzt, aber immer weniger von ihnen sagen, dass ihnen die Kammer in der Praxis hilft. Gegenüber 2009 sank die Zahl um fünf Prozent. Besonders unter den Kleingewerbetreibenden ist die Zahl derjenigen, die sich in der Praxis Hilfe von der Kammer versprechen, zurückgegangen. Während das Preis-Leistungs-Verhältnis der Kammer deutlich besser bewertet wird als 2009, ist das Dienstleistungsangebot im Zuspruch gesunken. Insgesamt sind laut Emnid 67 Prozent der Betriebe mit der Hamburger Handelskammer zufrieden. Genauso viele wie 2009.