Optikerkette plant mittelfristig mehr als 100 neue Filialen. Sonnenbrillen stark gefragt

Hamburg. Ein Räuspern aus dem Publikum der anwesenden Journalisten, dann blinzelt Günther Fielmann durch seine Brille mit dem halben Metallrahmen und korrigiert sich. „Nein, nicht auf zwei Cent erhöht sich die Dividende, sondern um 20 Cent auf 2,90 Euro“, stellt der Unternehmer den Aktionären einen ordentlichen Geldregen in Aussicht und kommentiert den Versprecher in seinem trockenen Humor: „Da war ich jetzt selber kurz erschüttert“, sagt der Firmengründer lachend. Immerhin kontrolliert die Familie Fielmann über eine Beteiligungsgesellschaft mehr als 70 Prozent der Anteile an dem Brillenkonzern und profitiert durch die erneut gestiegene Dividende nun selbst von Ausschüttungen in Höhe von mehr als 80 Millionen Euro.

Nicht nur die Dividende bei Fielmann sorgt für Freude, sondern auch die aktuellen Geschäftszahlen. Im ersten Quartal seien die Erwartungen des Unternehmens übertroffen worden, sagte Fielmann am Montag bei der Vorstellung der Bilanz in der Firmenzentrale in Hamburg-Barmbek. Wegen des frühlingshaften Wetters sei allein der Absatz von Sonnenbrillen um 30 Prozent gestiegen. Insgesamt verkaufte Fielmann in den ersten drei Monaten 1,85 (Vorjahreszeitraum: 1,69) Millionen Brillen, erreichte dabei einen Konzernumsatz von 306 (278) Millionen Euro und einen Überschuss von 41,8 (33,6) Millionen Euro. Analysten bewerteten die Zahlen fast durchweg positiv und stuften die Aktie, die in den vergangenen zehn Jahren ihren Wert vervielfacht hat, überwiegend mit „Halten“ ein. Um für die Aktionäre attraktiver zu werden, plant der Konzern indes einen Aktiensplit. Für eine Aktie sollen die Anteilseigner zwei bekommen; damit halbiert sich optisch auch der Kurs.

Schon seit Jahren sieht sich Fielmann bei der Vorstellung der Bilanz immer wieder der Frage ausgesetzt, welche Strategie das Unternehmen im Internet verfolge. Bisher verweigern sich die Hamburger dem Verkauf im Netz noch völlig. Auch am Montag wiederholte der gelernte Optiker gebetsmühlenartig, online lasse sich eben eine Brille nicht vermessen. Jeder Kopf sei anders, über breite Nasen, einen weiten Augenabstand und Kopfschmerzen durch schlecht angepasste Modelle informierte Fielmann die Zuhörer ein weiteres Mal. Die Realität gibt dem Erfinder der Nulltarifbrille recht.

Zwar wachsen Anbieter im Netz wie Brille24 und MisterSpex kontinuierlich. MisterSpex steigerte im vergangenen Jahr seinen Umsatz nach eigenen Angaben um 80 Prozent. Aber offenbar geht diese Expansion nicht wirklich zulasten von Fielmann: 2013 steigerte das Unternehmen den Umsatz um 4,5 Prozent auf 1,16 Milliarden Euro. Der Überschuss verbesserte sich um 9,5 Prozent auf 142 Millionen Euro.

Auch wenn die Onlineanbieter dem Marktführer anders als etwa im Buchhandel die Kunden nicht millionenfach streitig machen: Am Rande der Pressekonferenz ärgerte sich Fielmann dann doch über die neue Konkurrenz: „Schlimmer kann es ja nicht kommen“, sagte er dem Abendblatt, „zwei oder drei Brillen zum Preis von einer“, oder „Brille ab 44,90 Euro“, zitierte der Unternehmer die Rabattaktionen der Wettbewerber, die dennoch nicht mit den Preisen in seinen Filialen mithalten könnten. Bei Fielmann könnte der Kunde eine Brille bereits für 17,50 Euro inklusive geschliffener Gläser bekommen. Angesichts der Rabattschlacht in der Branche erteilt Fielmann steigenden Preisen für die Kunden jedenfalls eine Absage: „Die Preise werden stabil bleiben“, sagte der in Schleswig-Holstein geborene Manager.

Zugleich setzt Fielmann seinen jahrzehntelangen Expansionskurs fort, der ihm eine dominierende Stellung im deutschen Markt eingebracht hat. In 580 Filialen verkauft Fielmann jährlich mehr als sechs Millionen Brillen, das ist jede zweite Brille in Deutschland. Im vergangenen Jahr eröffnete die Kette acht neue Filialen. Über den deutschen Markt hinaus ist Fielmann ebenfalls präsent, etwa mit jeweils mehr als 30 Niederlassungen in Österreich und der Schweiz. Den Umsatzanteil am deutschen Optikmarkt beziffert Fielmann auf 20 Prozent. „Die Preise sind bei uns nur halb so hoch; deshalb fallen die Marktanteile bei Absatz und Umsatz auseinander“, sagte Fielmann. Während eine Brille im Schnitt 400 Euro koste, müssten die Kunden bei Fielmann durchschnittlich nur 175 Euro ausgeben. Weil das Unternehmen im brandenburgischen Rathenow eigene Modelle fertigt und dort auch Gläser schleift, bezeichnet Fielmann seine Geschäfte auch als Factory Outlets, die günstige Fabrikpreise an die Verbraucher weitergeben könnten.

Mittelfristig seien 700 Niederlassungen in Deutschland geplant. Der Umsatz soll auf 1,6 Milliarden Euro wachsen, später dann auf 2,0 Milliarden. Ob Fielmann selbst, der im September 75 Jahre alt wird, dann noch an der Spitze des Unternehmens stehen wird, ließ er offen.

Seit drei Jahren ist sein Sohn Marc im Unternehmen mit verschiedenen Aufgaben betraut. Der Mittzwanziger läuft sich warm für die Nachfolge. Diese soll nach Angaben von Fielmann aber „allmählich“ und „sukzessive“ über die Bühne gehen, wobei er wiederum seinen Humor bemühte: „Mit 80 werde ich hier wohl nicht mehr stehen.“