2014 will die Landesbank aber wieder einen „soliden Gewinn“ erzielen, obwohl die Schifffahrtskrise anhält

Hamburg. Seit fast 40 Jahren ist Constantin von Oesterreich im Bankgeschäft und er hat in dieser Zeit so viel Auf und Ab erlebt, dass ihn nichts mehr so leicht aus der Ruhe bringt. Doch vor der Bilanzpressekonferenz am Donnerstag war der Chef der HSH Nordbank nervös. Denn er wusste, welche Wirkung eine der vielen Zahlen, die er an diesem Tag nennen würde, haben konnte: Die Landesbank weist einen Verlust von 814 Millionen Euro aus.

Zwar gilt der hohe Fehlbetrag für das Jahr 2013. Er resultiert aber aus Geschäften, die getätigt wurden, bevor Constantin von Oesterreich im November 2012 HSH-Vorstandschef wurde. So haben die Risikovorsorge von 882 Millionen Euro auf den Schiffskredit-Altbestand, eine Rückstellung für steuerliche Altlasten von 194 Millionen Euro und 904 Millionen Euro für die im vergangenen Jahr wieder von sieben Milliarden auf zehn Milliarden Euro aufgestockten Staatsgarantien Hamburgs und Schleswig-Holsteins die Bank tief in die roten Zahlen gedrückt.

Diese Garantien werden allerdings auch dringend benötigt. Denn eine Erholung im maritimen Sektor wird nach Einschätzung des HSH-Vorstands nicht vor 2015 einsetzen – und dann langsamer als bisher erwartet verlaufen. Aktuell hat die Bank Kredite für 2500 Schiffe im Portfolio. Das Volumen des Kreditbuchs in diesem Segment wurde zwar im Jahr 2013 um fünf Milliarden Euro reduziert, es beläuft sich aber immer noch auf 21 Milliarden Euro.

Immerhin neun Milliarden Euro davon sind Problemkredite, bei denen die Kunden die Zinsen oder die Tilgung nicht wie vorgesehen zahlen. Hiervon wiederum sind bis heute 3,4 Milliarden Euro mit Risikovorsorge abgedeckt. Ohne die Garantien der Länder wäre das in dieser Höhe nicht möglich gewesen.

Zwar geht Constantin von Oesterreich davon aus, dass der Höhepunkt des Rückstellungsbedarfs nun überschritten ist. Das Problem der Überkapazitäten vor allem bei den Containerschiffen werde aber weiter auf dem Markt lasten. Dazu trügen auch günstige Kredite von Geldhäusern aus China, Südkorea und Japan bei: „Asiatische Banken sind heute intensiv in der Schiffsfinanzierung tätig – und sie sind bereit, sich auf sehr günstige Konditionen einzulassen, um ihren heimischen Werften zu helfen.“

Mit Blick auf den Konzernverlust, der sich im vergangenen Jahr von 124 Millionen auf 814 Millionen Euro ausgeweitet hat, sagte der Vorstandsvorsitzende: „Das ist die eine Seite der Medaille. Die andere Seite ist: Mit den jüngsten Zahlen können wir beweisen, dass unser Geschäftsmodell der ‚Bank für Unternehmer‘ funktioniert.“ So werde man für das erste Quartal voraussichtlich etwa 200 Millionen Euro Gewinn ausweisen und auch im Gesamtjahr schwarze Zahlen erreichen, obwohl allein im Jahr 2014 weitere rund 500 Millionen Euro Garantiegebühren anfallen.

Das Neugeschäft legte im vorigen Jahr um zwölf Prozent auf 7,6 Milliarden Euro zu, für 2014 rechnet man mit einem Anstieg um ein Viertel auf 9,4 Milliarden Euro. Davon soll nur eine Milliarde Euro auf Schiffskredite entfallen, der Großteil auf den Firmenkundenbereich und die Immobilienfinanzierung. Im Immobiliensektor wolle man einer der größten drei Anbieter für gewerbliche Finanzierungen in Deutschland werden, derzeit liege die HSH auf Platz fünf, hieß es dazu.

Zu den Aufgaben des Vorstands in diesem Jahr gehört die Anpassung der Unternehmensstrukturen an die von der EU-Kommission im Zuge des Beihilfeverfahrens erzwungene Verkleinerung des Instituts. Seit Ende 2008 ist die Bilanzsumme um 49 Prozent auf 109 Milliarden Euro geschrumpft, die Belegschaft hat sich um 34 Prozent auf 2834 Stellen verringert. Ende 2014 sollen es noch 2678 Vollzeitstellen sein.

Ein darüber hinausgehender Personalabbau sei „derzeit kein Thema“, sagte von Oesterreich. Er könne dies angesichts der ungewissen Marktentwicklung aber auch nicht ausschließen. Unwägbarkeiten hält derzeit jedoch nicht nur der Markt bereit. Denn es stehen die Stresstests der Europäischen Bankenaufsicht und der Europäischen Zentralbank an. Dank der Ländergarantien sei man aber „kapitalstark und gut vorbereitet“.

Wie nicht anders zu erwarten, wurden die Nachrichten aus der Bilanzpressekonferenz in politischen Kreisen sehr unterschiedlich aufgenommen. Trotz der erhöhten Inanspruchnahme der Garantien ab 2019 geht Hamburgs Finanzsenator Peter Tschentscher (SPD) davon aus, dass die im HSH-Finanzfonds angesparten Prämien ausreichen werden, um die Bürgschaftszahlungen abzudecken. Demnach würde der Haushalt der Stadt nicht angegriffen. Dennoch räumte Tschentscher ein, dass Hamburg noch lange nicht aus dem Schneider ist: „Die bekannten hohen Risiken für die Länder aus den Geschäften der HSH Nordbank bis zum Jahr 2008 bestehen fort.“

Anders als der Finanzsenator erwartet Roland Heintze, der haushaltspolitische Sprecher der CDU-Bürgerschaftsfraktion, dass die Garantiezahlungen die Mittel aus dem Finanzfonds übersteigen können. In dem Fall müsste die Stadt im Haushalt einen finanziellen Puffer schaffen. „Hier fordern wir den Senator auf, sich nicht wie bei Hapag-Lloyd wegzuducken, sondern eine reale Risikobewertung vorzunehmen und diese bereits in die kommenden Haushaltsberatungen für den Doppelhaushalt 2015/2016 einzubringen“, so Heintze.

Die HSH Nordbank betreibe „Schönfärberei“, sagte der wirtschaftspolitische Sprecher der FDP-Fraktion in der Bürgerschaft, Thomas-Sönke Kluth. Die Erhöhung der Inanspruchnahme der Garantien um weitere 300 Millionen Euro sei „dramatisch“ und die aktuelle Entwicklung der Bank gebe für den EZB-Stresstest und das EU-Beihilfeverfahren keinen Anlass zum Optimismus, deren Ausgang stehe mehr denn je in den Sternen. „Hamburg braucht dringender denn je einen Plan B zur Abwicklung der Bank“, so Kluth.