Weltgrößte Industrieschau rechnet mit 5000 Ausstellern und 180.000 Gästen. Deutsche Schlüsselbranchen erwarten mehr Umsatz und Investitionen.

Hamburg. Die deutsche Industrie ist im Frühjahr 2014 in guter Stimmung. Das zeigt sich auch an der Ausstellerzahl der Hannover Messe, die an diesem Montag beginnt: 5000 Firmen und Institutionen sind in Hannover vertreten. Im Jahr 2012, als die weltgrößte Industrieschau einen vergleichbaren Zuschnitt hatte, waren es 4872.

Dabei nimmt die Internationalität der Messe immer weiter zu: Schon mehr als die Hälfte der Aussteller kommt aus dem Ausland. An der Spitze liegt dabei China mit gut 500 Ausstellern, gleich dahinter rangiert Italien mit 267 Unternehmen und Forschungseinrichtungen – „und das, obwohl es in Südeuropa noch wirtschaftliche Probleme gibt“, sagt Doris Petersen, Bevollmächtigte des Veranstalters Deutsche Messe für Hamburg und die anderen norddeutschen Bundesländer. „Aber man verstärkt dort offenbar die Bemühungen, Exportmärkte zu bedienen.“

Allein aus dem diesjährigen Partnerland, den Niederlanden, kommen 230 Aussteller. Mit Bezug auf das Partnerland setzt die Messegesellschaft für die Besucher – insgesamt rund 180.000 werden erwartet – einen optischen Akzent: „Wir haben 200.000 Tulpen gepflanzt“, sagt Doris Petersen.

In den Hallen geht es in diesem Jahr vor allem um die nächste Stufe der „intelligenten Fabrik“. Gemeint ist damit, dass die IT-Welt und die Produktionsanlagen immer stärker zusammenwachsen und zum Beispiel die Entwurfsdaten eines Werkstücks auch gleich die Maschinen steuern, die es herstellen. Eine Innovation, die in Hannover zu sehen sein wird, ist nach Angaben der Deutschen Messe der robotergesteuerte Bau eines Elektroautos, das ohne einen einzigen menschlichen Handgriff entsteht. Elektrofahrzeuge sind ohnehin eines der wichtigen Themen auf der Industrieschau. So zeigt ein niederländisches Unternehmen den weltweit ersten E-Traktor.

Die Zahl der Aussteller aus Hamburg hat im Vergleich zu 2012 von 33 auf nunmehr 43 deutlich zugenommen. Das ist sogar gegenüber dem vorigen Jahr ein leichtes Plus, obwohl die Messen in ungeraden Jahren größer angelegt sind und zum Beispiel die Windenergiefachmesse nur in solchen Jahren stattfindet. Eines der Unternehmen aus der Hansestadt ist die erst im Jahr 2009 gegründete Firma e8energy, die Produkte und Dienstleistungen rund um die Elektromobilität anbietet.

„Wir haben eine Schnellladestation entwickelt, die sowohl von Autos mit dem Ladeanschluss nach der europäischen Norm wie auch von Fahrzeugen mit dem amerikanisch-japanischen Anschluss genutzt werden kann“, sagt Axel Schmies, Marketingmanager von e8energy. Zudem sei die Gleichstromladestation, die für den öffentlichen Bereich gedacht ist, verglichen mit den bisherigen Anlagen relativ kompakt und arbeite leise.

Während ein Elektroauto zu Hause bis zu acht Stunden an der herkömmlichen Wechselstromsteckdose hänge, genügten an einer Schnellladestation 25 bis 30 Minuten, um den Akku auf 80 Prozent der Kapazität aufzuladen – ein wichtiger Faktor für Taxibetriebe, Kurierdienste oder Handwerker, die tagsüber „nachtanken“ müssen. Bisher hat die Langenhorner Firma europaweit 25 der jeweils rund 30.000 Euro teuren Schnellladestationen verkauft, eine davon steht in der HafenCity. Angesichts des zunehmenden Interesses für die Elektromobilität ist e8energy auf Wachstumskurs: „Aktuell hat das Unternehmen acht fest angestellte Beschäftigte, aber wir planen mit drei oder vier weiteren Mitarbeitern bis Jahresende“, sagt Schmies.

Auch 2014 ist Hamburg, anders als die meisten anderen deutschen Wirtschaftsregionen, nicht mit einem Gemeinschaftsstand in Hannover vertreten. „Dabei zeigt die große Zahl der Aussteller aus der Stadt, dass durchaus das Potenzial dafür vorhanden wäre“, sagt die Messebevollmächtigte Petersen.

Doch auch im Bereich der Stadtentwicklung, die für die Fachmesse Metropolitan Solutions bedeutsam ist, habe Hamburg erhebliche Kompetenzen zu bieten, sagt Thomas Rilke, der bei der Messegesellschaft für diesen Bereich verantwortlich ist: „Durch das Projekt der HafenCity und die Internationale Bauausstellung hat Hamburg weltweit auf sich aufmerksam gemacht.“ In diesem Jahr werde man noch mehr Besucherdelegationen von Hannover nach Hamburg bringen als 2013. Generell finde die Fachmesse Metropolitan Solutions auch deshalb so viel Interesse im Ausland, weil die Bundesrepublik durch die Energiewende eine viel beachtete Vorreiterrolle spiele. „Wir rechnen in Hannover mit etwa 3000 Vertretern von Städten auf der ganzen Welt“, sagt Rilke.

Wie in den Vorjahren will die Hannover Messe zudem mit speziellen Veranstaltungen wieder einen Beitrag dazu leisten, junge Menschen für Wissenschaft und Technik zu begeistern. Allerdings sind die Prognosen der vier wichtigsten Industriebranchen in Deutschland im Hinblick auf die Entwicklung der Mitarbeiterzahl 2014 verhalten, wie eine Umfrage dieser Zeitung ergab (siehe Grafik). Im Jahr 2013 hat die Zahl der Beschäftigten in den vier Wirtschaftszweigen um 35.000 zugenommen (2012: plus 43.000 Personen).

Die Umsätze dürften jedoch steigen. „Nach zwei Jahren mit Rückgängen unter anderem wegen der Rezession im Euro-Raum gehen wir für 2014 von einem Produktionsplus von zwei Prozent aus“, sagt Andreas Gontermann, Chefvolkswirt des Zentralverbands der Elektrotechnik- und Elektronikindustrie (ZVEI). „Diese Prognose stützt sich auf die Belebung der globalen Konjunktur, das Wachstum in wichtigen Abnehmerbranchen wie dem Maschinenbau und dem Automobilsektor sowie auf die erwartete Zunahme der Ausrüstungsinvestitionen im Inland.“

Der Branchenverband VDMA erwartet für den deutschen Maschinen- und Anlagenbau ein reales Produktionswachstum in der Größenordnung von drei Prozent. Dabei werde das Inlandsgeschäft leicht überproportional zulegen. „Die Exporte werden eher moderat zunehmen“, sagt der VDMA-Konjunkturexperte Olaf Wortmann. „Wir rechnen mit stärkeren Impulsen von den Euro-Partnerländern, freilich von niedriger Basis ausgehend.“

Der Verband der Chemischen Industrie (VCI) veranschlagt das Produktionsplus 2014 auf zwei Prozent. Mit der Erholung der Weltwirtschaft hätten sich auch die Geschäftserwartungen verbessert, heißt es, doch auch die Nachfrage im Inland werde zunehmen. Die Preise für Chemieprodukte werden nach Einschätzung der VCI-Experten aber wohl um 0,5 Prozent unter dem Niveau von 2013 liegen.

Bei den Autoherstellern sei man ebenfalls zuversichtlich, sagt Eckehart Rotter, Sprecher des Verbands VDA: „Das Jahr 2014 bringt eine Aufwärtsbewegung, der Markt in Westeuropa erholt sich allmählich.“ Die deutschen Hersteller werden in diesem Jahr dem VDA zufolge knapp 14,7 Millionen Pkw weltweit produzieren, davon rund 5,5 Millionen im Inland. Dabei werde der deutsche Automarkt mit etwa drei Millionen Neuzulassungen voraussichtlich leicht über dem Niveau des Jahres 2013 liegen.