25.000 Gestelle hat Hamburg Eyewear im vergangenen Jahr verkauft. Das kleine Eppendorfer Unternehmen will in ganz Deutschland aktiv werden.

Hamburg. Sie heißen Fleetkieker, Foftein, Kuddl oder Strandperle, sogar ein Modell Loki ist dabei. Schon die Namen der von Christian Eydam und Dietmar Kleis entworfenen Brillen lassen ahnen, wo die Kollektion erdacht wurde – und die Markenbezeichnung, dezent auf der Innenseite der Bügel aufgedruckt, macht alles klar: Hamburg Eyewear. Rund 25.000 Brillen hat das Unternehmen im vergangenen Jahr verkauft, 400 Optiker in Deutschland und 200 in weiteren 16 Ländern einschließlich der USA bieten sie an.

„Wir hätten nie gedacht, dass das einmal eine so große Sache wird“, sagt Kleis. Seit 1992 betreibt er mit Eydam das Optikergeschäft Glassgo am Eppendorfer Weg, im Jahr 2005 gründeten die beiden zusammen mit dem Vertriebsspezialisten Wolfgang Kampf die eigene Brillenfirma. Trotz der nachgewiesenen Branchenerfahrung wollte die Hausbank der Gründer ihnen damals keinen Kredit dafür geben.

Die Hamburger setzten auf eine Tendenz, die sich seither noch verstärkt hat: Mehr und mehr Kunden schätzen Individualität abseits der allgegenwärtigen Weltmarken. „Ich glaube nicht, dass unser Konzept auch schon vor 20 Jahren funktioniert hätte“, sagt Eydam. Hinzu komme, dass die Optiker zunehmend geneigt seien, Produkte von kleineren Marken ins Programm aufzunehmen. Der Grund dafür: Nachdem die beiden weltgrößten Brillenhersteller Luxottica und Safilo, beide aus Italien, in den vergangenen Jahren bereits immer mehr Marken hinzugekauft haben, fürchten die Optiker nun, dass diese marktbeherrschenden Konzerne im nächsten Schritt eigene große Geschäfte in besten Innenstadtlagen eröffnen und damit auch zum Konkurrenten des Brillenhandels werden könnten.

Inzwischen gibt es außer Eyewear etwa 20 Anbieter aus Deutschland, die überregionale Bedeutung erlangt haben. Zu den bekanntesten gehören ic! und Mykita, beide aus Berlin, sowie Freudenhaus aus München. Dabei sei das positive Image Hamburgs für die eigene Marke sehr wertvoll, findet Eydam: „Die Internationalität durch den Hafen, die Bodenständigkeit, die norddeutsche Zurückhaltung – das kommt bei den Menschen gut an.“

Umgekehrt werde das unaufdringliche Design der Brillen und die Tatsache, dass kein Markenname von außen sichtbar ist, von den Kunden aus den umliegenden Stadtteilen sehr geschätzt, sagt Kleis: „Bevor es unsere eigene Kollektion gab, haben wir sogar die Labels bei anderen Brillenmarken wegpoliert, weil manche Kunden das wünschten.“

Den Charakter der Hamburg-Eyewear-Modelle vergleicht Eydam mit dem „kleinen Schwarzen“ unter den Abendkleidern: „Ein bisschen avantgardistisch, aber gut tragbar und vor allem nicht protzig.“ Manche Prominente mögen diese Designphilosophie ebenso gern: „Tagesschau“-Sprecher Jan Hofer hatte bei der Ehrung zum „Brillenträger des Jahres 2013“ das Modell Nils auf der Nase, außerdem sind die Gestelle der Eppendorfer immer wieder einmal in Hamburger „Tatort“-Folgen zu sehen, weil die Stylisten in der Nähe wohnen.

Auch wenn sich Eydam und Kleis die Inspirationen für ihre Kollektion gewissermaßen vor der Haustür holen, werden die Brillen in China produziert. Das Material für die Kunststoffgestelle wird allerdings aus Italien zugeliefert, die Scharniere kommen aus Deutschland. „Wir könnten auch ‚Made in Germany‘ dranschreiben, wenn wir die Bügel erst hier anmontieren, aber wir wollen die Kunden nicht täuschen“, sagt Eydam dazu. Schließlich sei China heute ohnehin das weitaus wichtigste Produktionsland für Brillengestelle. Nur noch zwei Prozent der Brillen, die in Deutschland verkauft würden, seien im Inland hergestellt worden – ausschließlich Modelle der oberen Preisklasse. Das Team von Hamburg Eyewear will jedoch im mittleren Marktsegment mit Preisen um 200 Euro bleiben.

Vorgesehen ist aber, die bislang kleine Auswahl an Metallgestellen auszuweiten, außerdem will man das Geschäft mit den Sonnenbrillen, die derzeit noch weniger als 30 Prozent des Absatzes ausmachen, deutlich voranbringen. „Eine Stückzahl von 30.000 Brillen pro Jahr werden wir schaffen“, ist Eydam überzeugt. Die Hamburg-Eyewear-Gründer erwägen derzeit, fest angestellte Repräsentanten für die Bundesländer außerhalb Norddeutschlands einzusetzen, um einen besseren Marktzugang zu den dortigen Optikern zu bekommen. Das könnte dem Umsatz einen kräftigen Schub geben. Aktuell hat die Brillenfirma lediglich vier Beschäftigte, hinzu kommen sechs Mitarbeiter im Laden.

Weil der Verwaltungsaufwand angesichts der Unternehmensgröße noch überschaubar ist, können sich Eydam und Kleis weiter persönlich um die Weiterentwicklung der Kollektion kümmern. Sie umfasst etwa 60 Modelle, wobei in jedem Jahr rund ein Fünftel durch neue Brillen ersetzt werden.

In der neuen Saison bekämen Kunststoffgestelle eher feinere Bügel, sagt Kleis, außerdem gebe es eine Tendenz zu runderen Gläsern und zu mehr Farbe – wobei sich der letztere Trend in Hamburg angesichts des traditionellen Hangs zur Zurückhaltung wohl nicht so ausgeprägt zeigen werde wie in anderen Teilen Deutschlands: „Wir hören hier immer wieder Bemerkungen wie diese: ‚Das ist ja eine sehr schöne Brille, aber in Orange? Gibt es die auch in Dunkel?‘“