Osnabrücker HR Group möchte 75,1 Prozent der Anteile erwerben. Bei den Beschäftigten stoßen die Gespräche mit der HR Group allerdings auf Skepsis.

Hamburg. Die zweitgrößte Schuhhandelskette Deutschlands, die Osnabrücker HR Group (Reno), möchte das Hamburger Traditionsunternehmen Görtz kaufen. „Wir befinden uns in Verhandlungen mit Görtz über eine Übernahme von 75,1 Prozent der Anteile“, bestätigte der Geschäftsführer des Unternehmens, Matthias Händle, dem Abendblatt. „Die deutsche Schuhhandelsbranche ist seit Jahren in einem umfassenden Umstrukturierungs- und Konsolidierungsprozess“, so Händle weiter. „Insbesondere der Onlinehandel stellt eine große Herausforderung dar.“ Vor diesem Hintergrund sei es aus seiner Sicht besser, gemeinsam statt allein zu agieren und sich zu größeren Einheiten zusammenzuschließen.

„Sollte es zu einer Übernahme von Görtz kommen, dann würden wir das Unternehmen als eigenständige Tochtergesellschaft innerhalb der Holding der HR Group führen“, erklärte Händle. Das Hamburger Traditionsunternehmen sei grundsätzlich gut aufgestellt und verfüge vor allem über viele kompetente und gut ausgebildete Mitarbeiter. Allerdings seien die Verhandlungen bei Weitem noch nicht abgeschlossen. „Wir haben noch ein gutes Stück des Wegs vor uns.“

Ein Görtz-Sprecher bestätigte lediglich, dass derzeit Gespräche mit mehreren Interessenten über einen Einstieg bei den Hamburgern geführt werden. „Diese Gespräche verlaufen konstruktiv, es ist aber noch keine Vorentscheidung für einen Investor gefallen.“ Nach Informationen dieser Zeitung gibt es noch drei weitere Unternehmen, die an einem Einstieg interessiert sind. Dabei soll es sich um verschiedene Finanzinvestoren, aber auch um einen weiteren Konkurrenten handeln. Eine Übernahme von Görtz durch die Hamburger Otto-Gruppe war zuletzt wegen unterschiedlicher strategischer Vorstellungen gescheitert.

Die jetzigen Eigentümer des Traditionsunternehmens, die Brüder Ludwig, Friedrich und Thomas Görtz, hatten sich unter dem Druck hoher Verluste und eines starken Finanzbedarfs im vergangenen Jahr grundsätzlich dazu bereit erklärt, die 1875 gegründete Firma für Investoren zu öffnen. Nach einem harten Sanierungskurs und dem Abbau von Arbeitsplätzen schreiben die Hamburger zumindest operativ wieder schwarze Zahlen.

Dass nun mit der HR Group Gespräche über einen Verkauf geführt werden, kommt überraschend. Die Gruppe aus Osnabrück ist deutlich größer als die Hamburger, kam im vergangenen Jahr auf einen Umsatz von 630 Millionen Euro. Görtz erlöste zuletzt weniger als 400 Millionen Euro. Ihre Geschäfte machen die Osnabrücker in zwei Bereichen. Zum einen bestücken sie rund 1900 Verkaufsflächen in Warenhäusern und Supermärkten. Zum anderen verkaufen sie Schuhe in rund 590 Filialen mit der Marke Reno. Als Discounter gestartet, ist Reno heute im mittleren Preissegment zwischen Deichmann und Görtz angesiedelt.

Bei den Beschäftigten stoßen die Gespräche mit der HR Group auf Skepsis. Es bestehe die Gefahr, dass bei einer Übernahme die Hamburger Zentrale von Görtz und auch das Lager in Norderstedt zur Disposition gestellt werden könnten, sagte der Konzernbetriebsratsvorsitzende Joachim Martens. Dies dürfe unter keinen Umständen geschehen.