Glaser, Fliesenleger, Tischler und andere Gewerke an einem Ort. In Lokstedt soll ein Haus nach Münchner Vorbild entstehen

Hamburg. Wenn Handwerkskammerpräsident Josef Katzer über eines seiner Lieblingsprojekte spricht, dann gerät er schnell ins Schwärmen. „Was mir vorschwebt, ist ein Gewerbehof, in dem die Kunden den Handwerkern in gläsernen Werkstätten direkt bei der Arbeit zuschauen können und Leistungen aus den unterschiedlichsten Gewerken bekommen“, sagt er. Wer beispielsweise ein neues Bad brauche, sollte in dem neuen Haus Glaser, Fliesenleger und Installateure an einem Ort versammelt finden. „Das wäre dann ein großer Handwerker-Supermarkt.“

Lange hat Katzer für die Verwirklichung dieses Projekts gekämpft, nun könnte es tatsächlich Realität werden. Denn Senat und Kammer haben sich im Rahmen des aktuellen Masterplans für die Entwicklung des Handwerks grundsätzlich auf den Bau eines solchen Gewerbehofs verständigt. Entstehen soll das mehrstöckige Gebäude am Offakamp in Lokstedt, in unmittelbarer Nähe der Automeile Nedderfeld.

Bei der zur Verfügung stehenden, rund 19.000 Quadratmeter großen Fläche handelt es sich um ein ehemaliges Gelände der Stadtreinigung, auf dem lange ein Recyclinghof untergebracht war und das zuletzt auch als Standort für eine Flüchtlingsunterkunft im Gespräch war, was aber durch Anwohnerklagen verhindert wurde. Betreiber des Handwerks- und Gewerbehofs soll die städtische Sprinkenhof AG werden.

„Für Handwerksbetriebe gibt es mittlerweile immer weniger bezahlbare Gewerbeflächen in der Stadt, daher ist ein solcher Gewerbehof so wichtig“, sagt Katzer. „Immer mehr Unternehmen geraten in Konflikt mit dem Wohnungsbau und sind aufgrund der Preise und der fehlenden Standorte gezwungen, ins Umland abzuwandern.“

Die Mieten in dem neuen Zentrum sollen laut Katzer bei maximal 8,50 Euro pro Quadratmeter liegen, um möglichst vielen Unternehmen eine Ansiedlung zu ermöglichen – ein Preis, der voraussichtlich nur durch eine Subventionierung durch die Stadt zu erreichen sein wird. Zu den Gesamtinvestitionen für das Projekt, die die Sprinkenhof AG stemmen muss, wollen sich derzeit weder Katzer noch die Hamburger Wirtschaftsbehörde oder die städtische Gesellschaft äußern.

Bei der Gestaltung des neuen Gebäudes wollen sich die Hamburger am Vorbild der Münchner Gewerbehöfe orientieren. Neun dieser Häuser gibt es in der bayerischen Landeshauptstadt bereits, betrieben werden sie von einer Gesellschaft, an der die Stadt, die Handels- und die Handwerkskammer beteiligt sind. Das erste Gebäude entstand schon vor mehr als 30 Jahren. „Das Münchner Modell ist eine Erfolgsstory“, meint Katzer. Daher werde er in Kürze selbst mit anderen Vertretern aus Hamburg an die Isar reisen, um sich bei den Münchnern die eine oder andere gute Idee abzuschauen.

Im Gewerbehof im Stadtteil Giesing arbeiten beispielsweise Tischler, Konditormeister oder Instrumentenbauer unter einem Dach. Mehr als 60 Handwerks- und andere Kleinbetriebe sind in dem fünfstöckigen Gebäude vereint. Sie alle locken die für Münchner Verhältnisse vergleichsweise niedrigen Mieten, aber auch bauliche Besonderheiten wie besonders tragfähige Decken oder mehrere Lastenaufzüge, die es Firmen möglich machen, auch in den höheren Etagen des Gebäudes zu produzieren.

Damit ein solcher Handwerkshof nun auch in Hamburg gebaut werden kann, muss die Kammer der Hansestadt allerdings noch eine wichtige Voraussetzung erfüllen. Sie muss eine 80-prozentige Vorvermietung des neuen Gebäudes nachweisen und auf diese Weise sicherstellen, dass die Einrichtung künftig auch ausgelastet ist.

„Angesichts der allgemeinen Flächenknappheit sind wir guter Dinge, dass wir diese Quote erreichen können“, sagt Katzer. Derzeit sei es allerdings noch zu früh, um mit der Vermarktung zu beginnen, da dazu erst einmal eine Grobplanung für das Haus vorliegen müsse.

Etwas weniger optimistisch ist der Vorstandssprecher der Sprinkenhof AG, Henning Tants. „Wir haben in Hamburg schon drei Gewerbehöfe in Altona, Wilhelmsburg und Bergedorf, in denen wir mit Leerständen von bis zu zehn Prozent zu kämpfen haben“, sagt er. Erst Ende vergangenen Jahres sei ein großer Kfz-Betrieb aus dem Standort in Wilhelmsburg ausgezogen, ein neuer Mieter sei nur schwer zu finden. Mit den Mietern im neuen Handwerkshof müssten auf jeden Fall langfristige Verträge abgeschlossen werden, um solche Leerstände für die Zukunft zu vermeiden, fordert Tants.

Aus der Sicht von Kammerpräsident Katzer sind die bisherigen Gewerbehöfe allerdings nicht mit dem neuen Konzept nach Münchner Vorbild zu vergleichen. „Dabei handelt es sich meist um Altbauten, die nicht mehr den aktuellen Anforderungen produzierender Betriebe gerecht werden“, sagt er.

Ein weiterer Streit könnte sich zwischen Sprinkenhof AG und Handwerkskammer an den Baukosten für das neue Gebäude entzünden. Während die Kammer auf eine möglichst attraktive Ausstattung drängt, tritt man bei der städtischen Gesellschaft schon mal vorsorglich auf die Kostenbremse und mahnt zur Sparsamkeit. In jedem Fall dürfte es mit dem nötigen Planungsvorlauf noch mindestens zwei bis drei Jahre dauern, bis die Handwerker ihr neues Haus beziehen können.