Senat genehmigt Bau für insgesamt 75 Millionen Euro. Kosten werden durch Passagiergebühr refinanziert. Gutachten prognostiziert mittelfristig eine Million Gäste

Hamburg. Die Hansestadt Hamburg möchte in eine neue Dimension des Kreuzfahrtgeschäfts vorstoßen. Dazu soll neben den bestehenden Anlagen in der HafenCity und in Altona mitten im Hafen ein drittes Kreuzfahrtterminal gebaut werden. Wie der Senat am Dienstag beschloss, werden auf einer 20 Hektar großen Fläche in Steinwerder am Kronprinzkai zwei Abfertigungsgebäude für ankommende und abreisende Passagiere, Gepäckumschlaganlagen sowie Busparkplätze und Stellflächen für 1546 Pkw entstehen. Baubeginn ist im April. Die ersten Passagiere sollen hier im Juni 2015 abgefertigt werden. „Wir müssen in Hamburg handeln, uns den Herausforderungen stellen und die Chancen für den gesamten Wirtschaftsraum nutzen“, sagte Wirtschaftssenator Frank Horch (parteilos) bei der Vorstellung der Pläne, denen die Bürgerschaft noch zustimmen muss.

Nach Horchs Worten reagiere der Senat mit der Kapazitätserweiterung auf den anhaltenden Kreuzfahrtboom. Allein im vergangenen Jahr haben 177 Kreuzfahrtschiffe Hamburg besucht und 555.000 Passagiere in die Hansestadt gebracht. „Das wird aber deutlich mehr“, sagte Horch. Seine Behörde hält eine Verdoppelung der Zahlen innerhalb von zehn Jahren für möglich. Sie stützt sich dabei auf ein Gutachten des Instituts für Seeverkehrswirtschaft und Logistik (ISL), das in der kommenden Woche veröffentlicht wird, dem Abendblatt aber bereits bekannt ist. Demnach kann Hamburg bereits im Jahr 2021 die Zahl von einer Million Kreuzfahrtpassagieren knacken. Das Kreuzfahrtgeschäft ist keine Modeerscheinung“, sagte Horch. „Wir sind uns sicher, dass wir es mit einem langfristigen Trend zu tun haben.“ Mit dem geplanten Terminal rücke Hamburg in die erste Liga der Kreuzfahrtstandorte auf.

Möglich wird dieses, weil Deutschlands größte Kreuzfahrtreederei Aida, künftig zwei besonders große Schiffe mit 3300 Betten im wöchentlichen Wechsel ganzjährig ab Hamburg abfahren lassen will. Damit wandelt sich die Funktion des Hafens. War er bisher in den Fahrtrouten der Reedereien eher ein Zwischenstopp, der zu Besichtigungen der Stadt oder Ausflügen nach Berlin einlud, wird er künftig ein fester Einsteigehafen, an dem Reisen beginnen und enden.

Das verlangt aber Investitionen. Wie Horch erklärte, soll der Bau des neuen Terminals 75 Millionen Euro kosten. 60 Millionen entfallen auf den Bau der Abfertigungshallen und Parkplätze. 15 Millionen soll die Hafenverwaltungsgesellschaft Hamburg Port Authority (HPA) für den Ausbau der Zufahrten, die Herrichtung der Kaikante sowie den Bau eines weiteren öffentlichen Schiffsanlegers übernehmen, von dem aus ein Teil der Kreuzfahrtpassagiere per Fährshuttle in die Stadt gebracht werden kann. Um die Steuerzahler nicht zu belasten, soll die gesamte Summe über eine Laufzeit von 15 Jahren durch eine zusätzliche Gebühr refinanziert werden. Diese Gebühr sollen alle Kreuzfahrtpassagiere in Hamburg künftig entrichten, unabhängig davon, an welchem der drei Terminals ihr Schiff anlegt. Das gilt auch für sogenannte Transitpassagiere, die das Schiff nur zum Landausflug verlassen.

Die Höhe der neuen Abgabe sei noch nicht endgültig festgelegt, sagte Wirtschaftssenator Horch. Nach Informationen des Abendblatts will er sie bei einem Gipfeltreffen mit allen führenden Reedereivertretern Ende des Monats bekannt geben. Nur so viel schickte Horch vorweg: „Die Gebühr wird pro Passagier unter zehn Euro betragen und ist damit vergleichbar mit den Abgaben in anderen Häfen.“ Aufgrund des erwarteten Zuwachses beim Passagieraufkommen sei das Risiko für den Haushalt und damit für die Steuerzahler gering, fügte er hinzu.

Eintreiben soll diese Gebühr eine neue Terminalbetriebsgesellschaft, die von der HPA und dem Flughafen Hamburg gemeinsam geführt wird. Diese wird künftig den Betrieb an allen drei Kreuzfahrtanlegern steuern und damit alle Kreuzfahrtanläufe in Hamburg. Bisher wurden die Terminals in der HafenCity und in Altona vom Hanseatic Cruise Center (HCC), einer Tochter des Hafenkonzerns HHLA, betrieben. Die neue Betriebsgesellschaft solle sicherstellen, „dass alle Kreuzfahrtreedereien in Hamburg fair und zu gleichen Bedingungen“ behandelt werden, wie Horch betonte. Nach den Worten von HPA-Chef Jens Meier würden sich durch die Anläufe immer größerer Schiffe zudem besondere logistische Herausforderungen ergeben. Aufgrund der Passagierkapazitäten der neuen Schiffe seien 6000 bis 8000 Passagiere gleichzeitig abzufertigen und zu transportieren. „Das entspricht ungefähr 20 Großraum-Airbus A380“, sagte Meier. Für die Gepäckrückgabe sind 1800 Quadratmeter Fläche reserviert. Da die Ladeluken der Kreuzfahrtschiffe bei Niedrigwasser unterhalb der Kaikante liegen, müssen zur Be- und Entladung in Hamburg zusätzliche Kräne eingesetzt werden.

Die Reaktionen auf die Senatsentscheidung waren unterschiedlich: Während die Fraktion der Linken die Einführung der Passagiergebühr sowie den Terminalbetrieb aus öffentlicher Hand lobt, beklagen die Grünen ein „Planungschaos“. Schon jetzt sei absehbar, dass der Zeitplan nicht haltbar sei, sagte der hafenpolitische Sprecher Anjes Tjarks. „Wenn Touristen auf einer Baustelle abgesetzt werden, ist das alles andere als Werbung für Hamburg.“ Der Wirtschaftspolitiker der FDP, Thomas-Sönke Kluth, meinte hingegen: „Ich hätte mir gewünscht, dass die Stadt private Investoren mit in das Boot nimmt und den Betrieb des Kreuzfahrtterminals europaweit ausschreibt.“