Unternehmensanleihen gelten als lukrative Geldanlage. Auch Hamburger Mittelständler wie das MeridianSpa mischen mit

Hamburg . Erst trainieren, dann in der Sauna entspannen und schließlich noch attraktive Zinsen kassieren. So wirbt das Hamburger Fitnessunternehmen MeridianSpa für seine neue Wellness-Anleihe. Bis zu zehn Millionen Euro will das Unternehmen bei Anlegern einsammeln, denen dafür Zinsen von bis zu sieben Prozent geboten werden. „Wir stehen vor der Eröffnung von zwei neuen Studios in Hamburg und Frankfurt im nächsten Jahr“, sagt der geschäftsführende Gesellschafter Leo Eckstein. „Das Geld soll vor allem in den finalen Innenausbau und die Ausstattung dieser Anlagen fließen.“ Die Mindestanlage beträgt 3000 Euro. Mit den beiden Neueröffnungen betreibt das Unternehmen insgesamt acht Anlagen, davon fünf in Hamburg.

MeridianSpa ist nicht das einzige Hamburger Unternehmen, das Geld bei Sparern einsammelt. Zuvor hatte bereits die Reederei Rickmers eine Anleihe über 225 Millionen Euro begeben. Die Anleger erhalten knapp neun Prozent Zinsen. Immer mehr Unternehmen nutzen diesen Weg, um an Kapital zu kommen. „Inzwischen gibt es rund 100 solcher Mittelstandsanleihen“, sagt Jürgen Kurz von der Deutschen Schutzvereinigung für Wertpapierbesitz. Erst vor drei Jahren hat sich dieser Markt etabliert. Bisher liehen sich die Firmen 3,7 Milliarden Euro bei den Anlegern. Der Einstieg in die Mittelstandsanleihen ist in der Regel ab 1000 Euro möglich. Das lockt auch viele Kleinanleger.

Große Firmen wie Daimler zahlen kaum noch Zinsen

Denn bei Banken und Sparkassen bekommen sie kaum noch Zinsen für ihr Geld. Auch die Firmenanleihen großer deutscher Konzerne wie Daimler oder BASF bringen inzwischen weniger Rendite als die Inflationsrate. Da wirken Zinssätze von sechs, sieben oder mehr Prozent sehr verlockend. Außerdem suggerieren bekannte Namen wie der Hemdenhersteller Eterna, die Fluglinie Air Berlin oder der Schnapshersteller Berentzen Sicherheit. Nach Einschätzung der Rating-Agentur Scope gelingt es bekannten Markennamen besonders gut, den Kapitalmarkt anzuzapfen. „Doch bekannte Namen sind keine Selbstgänger“, sagt Kurz. „Allein auf den Namen dürfen sich Anleger nicht verlassen.“

Auch Verbraucherschützer warnen. „Die Sparer können nur schwer einschätzen, wie hoch das Risiko ist“, sagt Doris Kappes von der Verbraucherzentrale Hamburg. Wer investieren will, sollte sein Geld auf mehrere Papiere verteilen. Mit den Anleihen machen sich die Unternehmen unabhängiger von Banken. Doch für manche Firmen ist der Kapitalmarkt auch der letzte Ausweg, weil die Banken ihnen keine Kredite mehr gewähren wollen. „Die Anleger müssen vor allem das Insolvenzrisiko des Unternehmens beurteilen und sich über das Geschäftsmodell informieren“, sagt Kurz. Wer sich das nicht zutraue, sollte die Finger von den Anleihen lassen.

Zu jeder Anleihe gibt es einen ausführlichen Wertpapierprospekt, der die Risiken des Unternehmens beschreibt. Der Prospekt von MeridianSpa listet über viele Seiten Risikofaktoren auf, die die künftige Geschäftsentwicklung negativ beeinflussen können. Dazu gehören sinkende Mitgliederzahlen, technische und bauliche Probleme bei den beiden neuen Anlagen oder Risiken aus eingegangenen Verpflichtungen.

Doch neben diesen allgemeinen Risiken weckt ein anderer Fakt mehr Interesse. Ein neuer Standort in Othmarschen ist gefährdet, weil es Streit um das 7000 Quadratmeter große Grundstück gibt, das die MeridianSpa Othmarschen GmbH schon vor Jahren erworben hat. „Der Verkäufer fordert es zurück und beruft sich auf bestimmte Klauseln im Kaufvertrag“, bestätigt Eckstein. Offenbar geht es darum, dass MeridianSpa noch keinen Bauantrag für das Objekt eingereicht hat. „Wir sind der Auffassung, dass die Voraussetzungen für die Rückkaufoption nicht vorliegen und halten an dem attraktiven Standort unverändert fest“, sagt Eckstein. Ein Rechtsstreit in dieser Sache ist anhängig. Offenbar hofft der Verkäufer auf einen besseren Verkaufspreis, wenn er das Grundstück jetzt neu verwerten könnte. Bei einer Rückübertragung würde MeridianSpa nur einen Teil des Kaufpreises zurückerhalten. „Dieses Risiko ist für uns sehr überschaubar“, sagt Eckstein. „Ohnehin fließen keine Mittel der Anleihe in dieses Projekt.“

Durch die Neueröffnung der beiden Studios rechnet das Unternehmen 2014 mit einem Umsatzsprung von 20 Prozent auf 35,4 Millionen Euro. „Die Fokussierung auf das Premiummarktsegment, die fortlaufende Weiterentwicklung des Angebots und die Eröffnung neuer Standorte zahlen sich aus“, sagt Eckstein. So ist auch in Berlin eine zweite Anlage geplant. Bis 2017 soll der Umsatz auf 42 Millionen Euro steigen. Rund 10.000 neue Mitglieder sollen bis 2018 gewonnen werden. Im vergangenen Jahr lag der Umsatz der MeridianSpa Deutschland GmbH bei 29,7 Millionen Euro. Das Geschäftsergebnis betrug 2,06 Millionen Euro. „Die Eigenkapitalquote in der Unternehmensgruppe lag Ende 2012 bei 33 Prozent der Bilanzsumme“, sagt Eckstein.

Zwar hat das Unternehmen gute Wachstumsperspektiven, aber zunächst werden auch die Anlaufverluste für die beiden neuen Projekte zu einem Rückgang des Ergebnisses in der Unternehmensgruppe führen. Gleichzeitig steigt mit der neuen Anleihe die Verschuldung. Es gibt bereits Bankverbindlichkeiten von sechs Millionen Euro, die in den nächsten Jahren getilgt werden müssen. Bereits 2010 wurde eine Anleihe über 4,6 Millionen Euro ausgegeben, die von den Anlegern erstmals Mitte 2015 gekündigt werden kann.

MeridianSpa will Mitglieder und Geschäftspartner als Anleger gewinnen

Denn MeridianSpa setzt auf langfristig orientierte Anleger. Die neue Anleihe, deren Verzinsung in Schritten von sechs auf sieben Prozent steigt, kann erstmals zum 31. Dezember 2018 von den Anlegern gekündigt werden. Wer vorher an sein Geld möchte, muss dazu den Börsenhandel nutzen. Dabei ist aber nicht sicher, dass die Anleihe zu 100 Prozent zurückgezahlt wird.

Der aktuelle Kurs richtet sich nach der Marktentwicklung. „Die Erfahrungen mit der ersten Anleihe zeigen, dass die Anleger, die zu 80 Prozent unsere Mitglieder sind, vom Börsenhandel kaum Gebrauch machen“, sagt Eckstein. Ein Rating zur Anleihe gibt es nicht. „Die Kosten hätten in keinem Verhältnis zu dem Mehrwert in der Wahrnehmung gestanden“, sagt Eckstein. „Unsere Hauptzielgruppe sind die eigenen Mitglieder, Geschäftspartner und Mitarbeiter.“

Ein Rating schützt auch nicht vor Ausfällen. Das haben zuletzt die Anleger des Onlinehändlers Getgoods erfahren. Mit der Bewertung BBB-, was für befriedigende Bonität steht, ging das Unternehmen vor einem Jahr an den Start, versprach den Anlegern 7,75 Prozent Zinsen und musste jetzt Insolvenz anmelden. Von ihren 60 Millionen Euro werden die Geldgeber kaum etwas zurückbekommen. Die Rating-Agentur Scope beziffert die Rückzahlungsquote bei Anleiheausfällen auf zehn Prozent.

Getgoods ist nicht die erste Pleite am Markt für Mittelstandsanleihen. Vorher mussten vor allem Firmen aus der Branche der erneuerbaren Energien aufgeben. „Bei fast zehn Prozent der Anleihen haben Anleger Geld verloren“, sagt Kurz, der auch mit weiteren Ausfällen rechnet. Allein im nächsten Jahr müssen Mittelstandsanleihen im Volumen von 185 Millionen Euro refinanziert werden. Scope erwartet, dass der Markt im nächsten Jahr noch um zehn Prozent wachsen und die Zinsen weiter steigen werden. Das dürfte noch mehr Anleger ansprechen, doch die Risiken bleiben.