Mitarbeiter der Baumarktkette kündigen Aktionen gegen Schließung an. Ausverkauf beginnt in den nächsten Tagen

Hamburg. Wütend sind sie. Enttäuscht. Und manche Kollegen haben den Gedanken, dass die Nachricht nicht wahr sein kann. Dass sie den Kampf nicht aufgeben wollen: So haben die Mitarbeiter bei Max Bahr am Freitag die Meldung aufgefasst, dass die mehr als 130-jährige Geschichte ihres Unternehmens an diesem Tag zu Ende gehen soll. In einem Schreiben erfuhren sie um 15 Uhr, was Insolvenzverwalter Jens-Sören Schröder an diesem Nachmittag dann auch den Medien mitteilte: Die Verhandlungen über die Übernahme von 73 Märkten mit rund 3600 Arbeitsplätzen seien gescheitert.

Das Konsortium rund um den Dortmunder Konkurrenten Hellweg und den Hamburger Investor Dirk Möhrle hatte sich mit dem Hauptvermieter Moor Park MB nicht über die künftigen Mietverhältnisse für die Märkte einigen können. Wobei die Verhandlungen letztlich an der Royal Bank of Scotland (RBS) gescheitert sind: Sie ist die Hauptgläubigerin der Moor Park MB und hatte ihre Zustimmung zu dem Geschäft von einer Konzernbürgschaft der Hellweg-Gruppe abhängig gemacht. Diese zu übernehmen lehnte das mittelständische Familienunternehmen mit Hinweis auf das damit einhergehende Risiko ab. Es ist die Rede von einer Bürgschaft in Höhe von 700 Millionen Euro, Hellweg setzt im Jahr etwa eine Milliarde Euro um.

„Die Kollegen sind total bestürzt und entsetzt, mit dieser Haltung der RBS haben wir nicht gerechnet“, sagte der Gesamtbetriebsratsvorsitzende Ulli Kruse am Sonntag dieser Zeitung. Da die Verhandlungen sogar noch einmal um zehn Tage verlängert worden waren, erschien die Möglichkeit einer Rettung zuletzt realistischer denn je, ergänzte der Arbeitnehmervertreter. Sich auf so „abstruse Weise“ absichern zu wollen, könne nicht das letzte Wort der RBS sein, sagte Kruse. Er kündigte an, dass die Mitarbeiter jetzt noch einmal auf die letzte Hoffnung zum Erhalt ihrer Stellen setzen.

Sie wollen mit Aktionen, etwa mit entsprechenden Plakaten oder Kundgebungen, auf ihre Situation aufmerksam machen. „Wir haben ja jetzt nichts mehr zu verlieren“, fasste Kruse die bittere Wahrheit für die Beschäftigten zusammen. Die meisten Mitarbeiter arbeiteten mehr als zehn Jahre für Max Bahr und seien mit durchschnittlich Mitte Vierzig auch nicht mehr ganz leicht auf dem Arbeitsmarkt vermittelbar.

Indem die Max-Bahr-Angestellten in der Öffentlichkeit auf ihre Lage aufmerksam machten, liege womöglich noch eine kleine Chance, deutete Kruse an: Zum einen könnten sich Investoren für einzelne Märkte interessieren und diese weiterführen. Zum anderen sei es nicht unrealistisch, auch jetzt noch Interessenten zu finden, die sich auf die Mietverträge einlassen wollten und die Geschäfte bei Max Bahr so sicherten.

In jedem Fall beginnt in den nächsten Tagen der Ausverkauf in den Filialen, der sich etwa drei Monate hinziehen wird. Für die Kunden sind die Geschäfte also nach wie vor geöffnet, die Erlöse aus dem Ausverkauf sichern den Verkäufern außerdem ihr Gehalt.

Besonders hart wird die Nachricht am Freitag die 160 Beschäftigten in der Zentrale von Max Bahr in Hamburg getroffen haben, immerhin die Keimzelle des Traditionsunternehmens. Denn die Verwaltungsarbeit wird mit dem Untergang der Firma, die 1879 von Johann Jacob Heinrich Bahr gegründet wurde, nicht mehr gebraucht. Daran dürfte auch der Fall nichts ändern, wenn einzelne Märkte oder der Verbund von einem anderen Investor weitergeführt werden würden. In Hamburg arbeiten neben dem Personal in der Zentrale in rund einem Dutzend Geschäften mit dem gelb-blauen Logo weitere etwa 900 Menschen.

Schon am heutigen Montag könnten Arbeitnehmervertreter und Arbeitgeber erste Termine für Verhandlungen über einen Sozialplan für die Beschäftigten festlegen, sagte Kruse. Darin werden die Bedingungen für die Mitarbeiter nach einer etwaigen Schließung der Geschäfte vereinbart. Bis dahin bleibt nur eine Hoffnung: Solange der Ausverkauf läuft, kann sich noch ein Investor melden.