Hamburger Banker sehen deutschen Leitindex im nächsten Jahr bei deutlich mehr als 9000 Punkten. Die Risiken für Anleger nehmen aber zu

Hamburg. An neue Prognosen wagen sich Hamburgs Banker noch nicht. Sie sind froh, dass sie in diesem Jahr die Entwicklung treffsicher vorausgesagt haben. 8800 Punkte beim Deutschen Aktienindex (DAX) prognostizierte die Hamburger Sparkasse (Haspa), 9000 Punkte sagte die Privatbank M.M.Warburg & CO für Deutschlands wichtigstes Börsenbarometer voraus. Am Freitag und Montag hatte der DAX kurzzeitig die Marke von 9000 Punkten übersprungen, bevor das Kursbarometer wieder unter diese Marke rutschte. Die Ziele sind erreicht, doch wie geht es jetzt weiter? Aus Sicht der Hamburger Experten spricht vieles für weiter steigende Kurse. „Unsere Prognose für nächstes Jahr wird sicher über der für 2013 liegen, denn die Rahmenbedingungen sind unverändert gut“, sagt Jochen Intelmann, Chefvolkswirt der Haspa. „Wenn die Prognose erreicht ist, muss man sich nicht zwangsläufig vom Aktienmarkt verabschieden“, sagt Christian Jasperneite vom Bankhaus Warburg. „Aktien sind noch nicht zu teuer, wenn die Gewinne der Unternehmen weiter steigen.“

Der DAX ist seit Jahresanfang um 18 Prozent gestiegen. Viele Faktoren haben das begünstigt. Die Staatsschuldenkrise in der Euro-Zone hat sich beruhigt. Portugal und Irland können wahrscheinlich im nächsten Jahr wieder Anleihen am Kapitalmarkt aufnehmen, um ihren Staatshaushalt zu finanzieren. Vor allem aber hat die lockere Geldpolitik der Notenbanken den Aktienkursen Auftrieb gegeben. Die niedrigen Zinsen begünstigen die Flucht der Anleger in Aktien. „Ohne diese Anlageform kann man sein Kapital real nicht vermehren“, sagt Holger Knaup von der Hamburger Vermögensverwaltung Albrecht, Kitta & Co. Deshalb rät er jetzt noch zum Einstieg in Aktien.

Die Rahmenbedingungen für 2014 sind zunächst gut. Die Weltwirtschaft wird im nächsten Jahr um 3,6 Prozent wachsen, nach 2,9 Prozent in diesem Jahr. Das erwartet der Internationale Währungsfonds. Von dem Aufschwung der Weltwirtschaft werden vor allem die exportorientierten DAX-Unternehmen profitieren. „Selbst Krisenländer wie Italien und Spanien werden 2014 ein kleines Wachstum erzielen“, sagt Intelmann. Die Leitzinsen der Europäischen Zentralbank (EZB) werden weiter niedrig bleiben. „Selbst wenn die Rendite zehnjähriger Bundesanleihen auf über zwei Prozent steigen sollte, ist das noch kein Anreiz, von Aktien in Anleihen umzuschichten“, sagt Intelmann. Noch sind die Dividendenpapiere auch noch nicht zu hoch bewertet. Knaup erwartet, dass ähnlich wie in den Immobilienmarkt auch in den Aktienmarkt noch wesentlich mehr Geld fließen wird als bisher.

Doch bei allem Optimismus gibt es auch Risiken. Torsten Johannsen von der Otto M. Schröder Bank warnt davor, jetzt in den Aktienmarkt einzusteigen. „Eine Korrektur liegt in der Luft“, sagt er. Als einen Risikofaktor sieht er den starken Euro, der die Exporte verteuert. „Die Märkte werden im nächsten Jahr deutlich schwankungsanfälliger sein“, erwartet Johannsen. „Wir gehen davon aus, dass es mit hoher Wahrscheinlichkeit in den nächsten ein bis drei Monaten zu einem empfindlichen Rücksetzer kommen wird“, sagt Stefan Keitel, Chefanlagestratege bei der Privatbank Berenberg. Das werde aber keine Trendwende sein. Experten wie Keitel und Knaup raten daher, den für Aktieninvestments vorgesehenen Betrag zu dritteln und nach und nach zu investieren.

Die Risiken für das nächste Jahr werden sehr unterschiedlich von den Hamburger Experten beurteilt. „Wenn die US-Notenbank im Frühjahr nächsten Jahres ihre Anleihekäufe reduzieren wird, kann das zu einem Dämpfer für die Aktienmärkte werden“, sagt Intelmann. Noch kauft die Notenbank monatlich für 85 Milliarden Dollar US-Staatsanleihen auf. Aber wenn die Notenbank etwas den Fuß vom Gaspedal nimmt, „kommt das nicht überraschend“, sagt Jasperneite. Er macht die größten Risiken in Europa aus. „Die Probleme wurden bisher nur kaschiert“, sagt Jasperneite. Mit seiner Verteidigungsrede zum Euro im Sommer 2012 gab der Präsident der Europäischen Zentralbank, Mario Draghi, den Startschuss zur Erholung des Aktienmarktes. Draghi hatte versichert, den Euro in der Staatsschuldenkrise mit allen Mittel zu verteidigen. Das hat zwar auch der Konjunktur in den Südländern geholfen, „doch nur Spanien hat ernsthafte Reformbemühungen unternommen, während sich die Wettbewerbssituation in Italien weiter verschlechtert hat“, sagt Jasperneite. Mit einem richtigen Crash rechnen die Experten aber nicht.

Viele Hamburger Aktien haben sich bereits sehr gut entwickelt. Dazu gehört der Gabelstaplerbauer Jungheinrich mit einem Plus von fast 90 Prozent in zwölf Monaten. „Vorstände und Eigentümerfamilien des Unternehmens verkaufen ihre Aktien bereits, das spricht nicht für einen Einstieg“, sagt Analyst Ingo Schmidt von der Haspa. Auch Beiersdorf sieht Haspa-Analyst Marco Günther als zu hoch bewertet an. Mehr Chancen räumt Schmidt der Kupferhütte Aurubis ein. „Aber auch hier sollte man einen Rücksetzer abwarten“, rät Schmidt.