Anleger missbrauchen Aktien für kurzfristige Spekulationen.

Eine derartige Börsenentwicklung hatten nur die wenigsten Experten erwartet: Ende vorigen Jahres notierte der Deutsche Aktienindex (DAX) noch deutlich unterhalb von 8000 Punkten, jetzt hat er zeitweise die Marke von 9000 Zählern überwunden. Blickt man noch etwas weiter zurück, mutet der Anstieg erst recht fast unheimlich an: Seit Anfang 2012 ist der Leitindex um mehr als 3000 Punkte geklettert.

Eine solche Hausse erinnert an die Zeiten des Börsenbooms um die Jahrtausendwende. Doch da gibt es einen gravierenden Unterschied: Damals herrschte Euphorie auch bei Privatanlegern, Aktien waren an den Stammtischen ein Thema – nicht nur, weil Manfred Krug für die Telekom-Papiere warb. Auch angeblich todsichere Tipps zu Zocker-Titeln des „Neuen Marktes“ machten die Runde.

Das ist heute völlig anders. Die Deutschen haben wenig Interesse am Aktienmarkt, Einzeltitel sind nur in geringem Umfang gefragt – und das, obwohl sich mit festverzinslichen Geldanlagen derzeit nach Abzug der Inflationsrate meist nichts verdienen lässt. Stattdessen werden die Börsenkurse von wenigen risikofreudigen Profianlegern hochgetrieben.

Das mag an dem ungleichen Vermögenszufluss liegen: Während die Nettoeinkommen der Bundesbürger mit Normalverdienst zuletzt nur geringfügig oder gar nicht gestiegen sind, werden Großinvestoren von den Notenbanken überreichlich mit Liquidität versorgt. Überreaktionen zeigen beide Anlegergruppen: Während die einen jetzt die Börse als Spielwiese für kurzfristige Spekulationen missbrauchen, fassen die anderen keine Aktien mehr an – die Erfahrung der beiden heftigen Kurseinbrüche seit dem Jahr 2000 sitzt eben noch tief.

Dabei ist es auch für Privatanleger mit längerfristiger Perspektive sinnvoll, Aktien zu kaufen. Man sollte allerdings kein Geld einsetzen, das man zu einem bestimmten Zeitpunkt braucht. Und klar ist: Die Luft an der Börse wird dünner. Auch nach unten kann es sehr schnell gehen. Nach dem Hoch Ende 2007 hat der DAX nur 15 Monate gebraucht, um sich auf weniger als 4000 Punkte zu halbieren.