Mitarbeiter fordern Standort- und Beschäftigungsgarantien. Große Unsicherheit wegen Verkaufs der Luxushäuser. Freitagmittag große Kundgebung auf dem Rathausmarkt.

Hamburg. Auf die Führung der Warenhauskette Karstadt ist Arno Peukes nicht gut zu sprechen. Mehrmals schon hat der Verhandlungsführer der Gewerkschaft Ver.di mit dem Personalvorstand des Essener Konzerns zusammengesessen und über Garantien für die verunsicherten Beschäftigten gesprochen. „Bei unseren Kernforderungen, einer Standort- und Beschäftigungssicherung für alle Häuser und bei der Rückkehr zur Tarifbindung sind wir aber keinen Schritt vorangekommen“, sagt der Hamburger Einzelhandelsexperte enttäuscht.

Den Frust und die Verunsicherung der rund 20.000 Karstadt-Mitarbeiter werden am heutigen Freitag und am Sonnabend vor allem wohl die Kunden des Unternehmens zu spüren bekommen. Für beide Tage ruft die Gewerkschaft nämlich zu bundesweiten Streiks auf, von denen auch die elf Häuser in Hamburg betroffen sein werden. Für den heutigen Freitag um 12 Uhr ist eine Kundgebung auf dem Rathausmarkt geplant, an der neben den Hamburger Beschäftigten auch Mitarbeiter aus mehreren schleswig-holsteinischen Filialen teilnehmen sollen.

„Es ist davon auszugehen, dass es zu Beeinträchtigungen im Geschäftsbetrieb und möglicherweise auch zur Schließung einzelner Filialen kommen wird“, sagte Peukes. Bei den letzten Arbeitsniederlegungen im Juni dieses Jahres war zumindest eine Karstadt-Filiale in Bergedorf geschlossen geblieben, die großen Häuser in der Innenstadt hatten aber auch weiterhin während der Aktionen geöffnet.

Die Mitarbeiter der Warenhauskette hängen seit mehr als einem Monat in der Luft, weil Eigentümer Nicolas Berggruen im September überraschend angekündigt hatte, die drei Luxuswarenhäuser und die 28 Sporthäuser der Kette mehrheitlich an die österreichische Immobilienfirma Signa Holding zu veräußern. Nur die 83 übrigen Karstadt-Häuser sollen nach diesem Plan, dem das Kartellamt noch zustimmen muss, bei Berggruen verbleiben. In Hamburg sind rund 300 Beschäftigte von den Veränderungen betroffen. Unter anderem sollen auch das Alsterhaus am Jungfernstieg und das Sporthaus an der Mönckebergstraße an Signa und ihren Gründer René Benko gehen.

Karstadt-Eigentümer Berggruen hatte zuvor stets beteuert, das Unternehmen als Ganzes behalten zu wollen. Die Gewerkschaft wirft dem deutsch-amerikanischen Investor, der die Kette einst aus der Insolvenz holte, seitdem Wortbruch vor.

Was der neue Eigentümer Benko nun mit den Luxus- und Sporthäusern vorhat, ist nach wie vor unklar, denn der Immobilienunternehmer hat sich bislang kaum zu seinen Plänen geäußert. Groß ist das Vertrauen der Beschäftigten auch in diesem Fall nicht, denn im Einzelhandelsgeschäft besitzt der schillernde Selfmademillionär kaum Erfahrungen. Die jüngste Verurteilung des 36-Jährigen zu einem Jahr Haft auf Bewährung wegen versuchter Schmiergeldzahlungen zugunsten der Signa Holding hat auch nicht gerade dazu beigetragen, seinen Ruf als Geschäftsmann zu verbessern.

Der Kaufpreis von rund 300 Millionen Euro für die Luxus- und Sporthäuser soll zumindest nicht in die Taschen von Milliardär Berggruen fließen, sondern für die weitere Sanierung von Karstadt eingesetzt werden. Doch auch hier schweigt sich der Konzern darüber aus, ob das Geld vornehmlich in die 83 noch bei Berggruen verbleibenden Geschäfte oder aber in die bald abgetrennten Filialen gesteckt wird.

Für erhebliche Verunsicherung sorgten darüber hinaus Medienberichte, wonach das Karstadt-Haus in Stuttgart geschlossen werden soll und sich bereits alternative Konzepte in der Prüfung befinden. Unter anderem sei die Billigkette Primark als neuer Mieter im Gespräch. Die Immobilie, in der die Filiale untergebracht ist, gehört bereits heute der Signa Holding, die auch Eigentümerin zahlreicher anderer Karstadt-Gebäude ist. Offiziell äußerte sich das Unternehmen weder zu dieser noch zu den anderen offenen Fragen.

„In den Gesprächen mit der Karstadt-Führung hat man den Eindruck, dass das Management selbst nicht genau weiß, wie es in dem Unternehmen weitergehen soll“, sagt Gewerkschafter Peukes. „Was wir jetzt brauchen, ist ein klares Bekenntnis der Eigentümer zu allen Standorten und zur Belegschaft.“

Die offenkundige Planlosigkeit in dem Konzern ist auch vor dem Hintergrund des zweiten großen Streitpunktes mit der Gewerkschaft misslich. Bereits im Frühjahr hatte Karstadt als Teil der Sanierung des kriselnden Konzerns die Tarifbindung befristet für zwei Jahre gekündigt. Die Beschäftigten profitieren damit nicht von künftigen Tariferhöhungen in der Einzelhandelsbranche, das Management spart sich millionenschwere Gehaltserhöhungen.

Die Gewerkschaft will nun, dass der Konzern zur Tarifbindung zurückkehrt, stößt aber auch in dieser Frage auf Granit. „Wie soll man mit Managern über einen Plan bis 2015 verhandeln, wenn diese noch nicht einmal wissen, wie es bis zum kommenden Frühjahr weitergehen soll?“, fragt Peukes.

Einen erneuten Versuch wird er dennoch vom 11. November an unternehmen. Dann sind gleich vier Tage für die Verhandlungen geblockt.