Die Handelskammer feiert 9. Hamburger Morgensprache. Erstmals führte eine Frau an der Spitze der Hamburger Kaufmannschaft durch das Programm. Professioneller Regisseur übernimmt Inszenierung.

Hamburg. Mit einer kleinen Revolution begann am Donnerstagabend die historische Morgensprache in der Handelskammer. Erstmals führte eine Frau an der Spitze der Hamburger Kaufmannschaft durch das Programm. Ruth Berckholtz, Inhaberin einer gleichnamigen Handelsagentur in Hamburg, ist vom Kontorvorstand der Hamburger Morgensprache zum „Ältermann“ gewählt worden. Diese Funktion heißt aus Tradition auch so, wenn sie von einer Frau übernommen wird.

Um kurz nach 19 Uhr eröffnete Berckholtz, ausgestattet mit einem Zepter, die feierliche Zeremonie, die in Hamburg erst seit 2005 abgehalten wird, deren Ursprung aber viele Jahrhunderte in die Vergangenheit bis zu den Wurzeln der Hanse reicht. Im 13. Jahrhundert bildeten Hamburger Kaufleute im Londoner Stalhof, einem Gelände am Nordufer der Themse, eine selbst verwaltete Schutzgemeinschaft. Sie war die Keimzelle der Hanse. In der Morgensprache regelten die Kaufleute ihre Angelegenheiten und saßen zu Gericht. In der Handelskammer lebt diese Tradition alljährlich wieder auf – nicht zuletzt, weil die Handelskammer im Besitz des ältesten noch existierenden Statutenbuchs des Stalhofs von 1447 ist.

Ausgestattet mit roten Roben und schwarzen Kappen auf dem Kopf, befassten sich die „Londoner Kaufleute“ – allesamt dargestellt von Honoratioren der Handelskammer – mit den neusten Nachrichten aus der fernen Hansestadt. Überbringer der Nachrichten war ein Pferd, aber nicht irgendeines. Es ist der Hauptdarsteller des neuen Musicals der Stage Holding „Gefährten“, dass diese Woche in Berlin Premiere hatte.

Zur Verstärkung der Dramaturgie hatte die Handelskammer diesmal sogar einen Regisseur und professionelle Schauspieler der Stage Holding gebucht, die als Herolde verkleidet, der Inszenierung mehr Schwung verleihen sollten. Dabei nahmen die in der Fremde sitzenden Kaufleute die Geschehnisse in ihrer geliebten Hansestadt aufs Korn, seien es der Volksentscheid zum Rückkauf der Energienetze, die vielen Baustellen oder die eigene Initiative zum Bau einer Seilbahn. Schließlich erfuhren die rund 200 Gäste der Inszenierung, darunter etliche Kaufleute und Vertreter des konsularischen Korps, wie sich der Kontorvorstand darüber mokierte, dass inzwischen alle Bezirke von SPD-Politikern geleitet werden. Die Stadt werde vom „roten Filz durchzogen, so rot wie unsere Gewänder“, trauerten sie. Ihre Ornate wollten sie aber dann doch nicht wieder ausziehen.

Da musste sogar der frühere Bundesumwelt- und -bauminister Klaus Töpfer schmunzeln, der als Ehrengast des Abends geladen war. Der ehemalige Exekutivdirektor des Umweltprogramms der Vereinten Nationen wurde von der Handelskammer und dem Deutschen Industrie- und Handelskammertag mit dem „Hamburg-European Friendship Award“ ausgezeichnet. „Wir sind der Auffassung, dass Professor Töpfer mit seiner Arbeit einen wichtigen Beitrag zur Wahrnehmung Europas in der Welt geleistet hat und dass sein weltweit guter Ruf mit Deutschland in Verbindung gebracht wird“, sagte Ältermann Berckholtz in ihrer Laudatio. In seiner Dankesrede ging der so Geehrte auf die Probleme ein, vor welche die Außenpolitik derzeit durch die Globalisierung gestellt wird. Zugleich betonte er aber auch die Bedeutung regionaler Bräuche wie die Morgensprache zum Andenken an die Hansezeit. Töpfer beleuchtete die schwierige Lage der europäischen Nationalstaaten, aber auch ihre Verantwortung für nachhaltiges Handeln. Schließlich hob er die Chancen eines geeinten Europas für die Umweltpolitik hervor. Zweiter Hauptredner war Jeffrey Richard de Corban Evans, Alderman der City of London.

Die Teilnehmer der 9. Morgensprache spendeten Geld für das Projekt „Jugend in Arbeit“ sowie zur Restaurierung einer alten Hafenbarkasse. Gutes Essen und ein buntes Showprogramm rundeten die Veranstaltung ab.