Der traditionsreiche TV-Hersteller Loewe sucht dringend einen Investor. Der Betrieb läuft vorerst weiter. Die Belegschaft wird um 140 reduziert.

Köln. Der Kronacher Fernseherhersteller Loewe hat Insolvenz in Eigenverwaltung beantragt. Das zuständige Amtsgericht Coburg bestätigte den Antrag des bayerischen Traditionsunternehmens und genehmigte die Verwaltung durch das bestehende Management um Vorstandschef Matthias Harsch. „Wir sind nicht zahlungsunfähig, der Geschäftsbetrieb läuft im Rahmen des Insolvenzverfahrens weiter“, sagte Loewes Investor-Relations-Chef Axel Gentzsch dem Abendblatt.

Loewe hatte bereits Mitte Juli eine Insolvenz gemäß der neuen Schutzschirm-Regelung des deutschen Insolvenzrechts eingereicht und sich somit 90 Tage Zeit für die Suche nach einem Investor verschafft. Nun geht Chef Harsch gut zwei Wochen vor Ablauf der Frist den nächsten Schritt und schafft via Planinsolvenz rechtlichen Freiraum für die Übernahme durch einen Investor: Loewe ist damit seine Gläubiger los, das Unternehmen formal entschuldet.

Harsch hält die Chancen für eine Rettung in letzter Minute für gut. „Wir haben sechs Angebote von Investoren, über die wir in den kommenden vier Wochen entscheiden“, sagte der Loewe-Chef. „Es gibt eine extrem hohe Wahrscheinlichkeit, dass wir bis Ende Oktober einen neuen Investor haben werden.“ Das operative Geschäft sei bis etwa Jahresende finanziert. „Ohne Investor ist es natürlich aus.“ Schon im vergangenen Jahr war Loewe in die Krise geraten, weil der Oberklasse-Hersteller im Preiskampf mit Massen-Marktführern wie Samsung nicht mithalten konnte. Matthias Harsch, der erst im November 2012 den Posten von seinem glücklosen Vorgänger Oliver Seidl übernommen hatte, musste Ende März 2013 seinen Aktionären eine desaströse Bilanz vorlegen: Innerhalb von fünf Jahren sank der Umsatz von 374 auf 250 Millionen Euro, das operative Ergebnis fiel von 28,5 Millionen Euro Gewinn auf 29 Millionen Euro Verlust pro Jahr.

Daraufhin hatte Harsch Sparmaßnahmen wie Kurzarbeit durchgesetzt und die Belegschaft zunächst um 200 auf knapp 800 Mitarbeiter reduziert. Der Termin für die Insolvenz ist mit Bedacht gewählt: Mit der Planinsolvenz bleibt allen Mitarbeitern eine Kündigungsfrist von nur drei Monaten, Loewe kündigte prompt weiteren 140 Mitarbeitern zu Beginn Oktober. Ein Investor könnte die Firma mit den verbleibenden 650 Mitarbeitern in Kronach zum neuen Kalenderjahr übernehmen. „Wir haben alle Ecken ausgekehrt, weitere Kündigungen wird es aus heutiger Sicht nicht mehr geben“, sagt Gentzsch.

Panels künftig aus China

Doch die Sparmaßnahmen helfen ohnehin nicht viel: Über 70 Prozent der Kosten für einen Fernseher resultieren aus dem Zukauf von Komponenten. Speziell die LCD-Panels musste Loewe bislang wegen geringer Stückzahlen teuer von Samsung und Co. einkaufen. Auf der Hauptversammlung Ende Juli konnte Harsch den Anteilseignern eine strategische Partnerschaft mit dem chinesischen Staatskonzern Hisense vorstellen. Künftig kommen die Panels für Loewe-Geräte aus China.

Da Loewes Eigenkapital fast verbraucht ist, benötigt Harsch für die Umstellung einen neuen Geldgeber. Wie genau ein Engagement der noch unbekannten Investoren aussehen könnte, will Loewe noch nicht verraten. „Wir würden natürlich am liebsten die Altaktionäre in Form einer Kapitalerhöhung mit Bezugsrecht einbeziehen“, erklärt Gentzsch. Dann könnten sich die alten Anteilseigner beteiligen, indem sie selbst neue Aktien kaufen. „Doch auch ein Verkauf aller Werte kommt infrage“, sagte Gentzsch.

„Die Planinsolvenz in Eigenverwaltung nach dem neuen Insolvenzrecht schafft Freiräume für eine Sanierung – sie bedeutet keineswegs das Ende, sondern ist eher der logische nächste Schritt“, erklärt der Bonner Insolvenzrechtler Hans Haarmeyer. „Kein Investor würde das Unternehmen mit bestehenden Altlasten übernehmen, also muss der Vorstand diese im Rahmen des Insolvenzverfahrens loswerden.“

Für die Aktionäre des Unternehmens jedoch bedeutet das wenig Gutes, weiß Haarmeyer: „Im schlimmsten Fall erwirbt ein Investor nur die Marken- und Patentrechte und übernimmt das relevante Personal und die Produktion – zurück bleibt dann eine wertlose Hülle mit Altlasten. Während die Schuldner in jedem Fall nach Quote bedient würden, müssten die Aktionäre im Extremfall ihr Investment abschreiben.“

Mehrere Anteilseigner haben gegen die Beschlüsse der Hauptversammlung im Juli vorm Landgericht Nürnberg geklagt, auch diese Klagen schafft sich Loewe mit dem jüngsten Schritt vom Hals: „Klagen von Anteilseignern haben keinen Einfluss auf den Ablauf des Insolvenzverfahrens“, erklärte Haarmeyer.

Der Freistaat Bayern hat Loewe bereits zugesagt, eine Finanzspritze eines neuen Geldgebers mit einer Bürgschaft abzusichern. Altlasten wollte die Landesregierung freilich nicht finanzieren. Der japanische Wettbewerber Sharp und der frühere Aufsichtsratschef Rainer Hecker haben ihre Anteile von insgesamt knapp der Hälfte bereits gebündelt, um sie schnell einem neuen Investor übertragen zu können. Sollten die Investoren jedoch abwinken oder lieber auf eine Beteiligung der Altaktionäre verzichten, bliebe ihnen nur die vollständige Abschreibung.