Tochter des Otto-Konzerns sucht größeres Haus in Hamburg. Innovativer Flagshipstore in München als Vorbild für Filialen in der Zukunft

Hamburg. Auf der Baustelle im Josef-Pschorr-Haus in der Münchner City ist SportScheck-Chef Stefan Herzog derzeit häufig anzutreffen. Regelmäßig überwacht der Geschäftsführer der Sporthandelskette die Arbeiten in dem neuen Stammhaus, das am 10. Oktober seine Pforten öffnet. „Die Filiale soll zu einer Art Blaupause für unsere anderen großen Häuser in ganz Deutschland werden“, sagt der Chef des Tochterunternehmens des Hamburger Otto-Konzerns. „Das ist für uns ein ausgesprochen spannendes Projekt.“

Mit einer Verkaufsfläche von rund 10.000 Quadratmetern auf vier Ebenen wird der neue sogenannte Flagshipstore das größte innerstädtische Sportgeschäft in ganz Europa sein. Vor allem aber erprobt die Kette hier eine Reihe von neuen Konzepten. „Wir heben das klassische Kategoriendenken mit eigenen Abteilungen für Schuhe oder Textilien auf“, sagt Herzog. „Stattdessen wird es einzelne Welten für Skifahrer oder Outdoor-Sportler geben, wo alle dazugehörigen Artikel von wetterfesten Jacken über Wanderschuhe bis hin zu Rucksäcken zu finden sind.“ Zudem wird es ein Labor zur Leistungsdiagnostik geben, in dem Freizeitsportler beispielsweise ihr Lungenvolumen überprüfen lassen können.

Auch technisch geht SportScheck in dem Vorzeigegeschäft neue Wege. Auf 16 mal vier Meter großen, geschwungenen LED-Bildwänden sollen Actionszenen aus der Welt des Sports laufen, die Verkäufer werden mit iPads ausgestattet, um fehlende Artikel schnell in anderen Filialen oder über den eigenen Onlineshop ordern zu können. „Wir wollen den Onlinehandel und das klassische Geschäft in den Filialen noch enger als bisher miteinander verzahnen“, sagt Herzog. Schon heute steuert der E-Commerce etwa die Hälfte zum SportScheck-Jahresumsatz von zuletzt 394 Millionen Euro bei.

Gerne würde der SportScheck-Chef einige Elemente aus dem neuen Münchner Stammhaus auch für die Hamburger Filiale in der Mönckebergstraße übernehmen. „Das Hamburger Haus ist aber leider nicht groß genug, um das Münchner Konzept dort umsetzen zu können“, bedauert Herzog. „Daher sind wir auf der Suche nach einer größeren Fläche in der Innenstadt.“ Denkbar sei auch die Eröffnung eines zweiten Hauses. „Hamburg ist ein großer Sportmarkt, der ein zweites SportScheck-Geschäft vertragen würde.“

Bundesweit kann sich Herzog bis zum Jahr 2020 fast eine Verdopplung der Sport Scheck-Filialen von derzeit 17 auf bis 30 Häuser vorstellen. Konkret werden im kommenden Jahr neue Häuser in Berlin und Kassel eröffnet. „Doch auch Norddeutschland ist als Expansionsziel für uns interessant“, betont der SportScheck-Chef. Insbesondere Bremen und Kiel seien potenziell attraktive Standorte für das Unternehmen. Mit den neuen Konzepten und der Ausweitung des Filialnetzes wappnet sich SportScheck gegen den scharfen Wettbewerb in der Branche, der für die Otto-Tochter gleich aus zwei Richtungen kommt. Zum einen setzen aggressive Onlinehändler wie Zalando den Spezialisten im Internet zu. Zum anderen muss SportScheck eine Antwort auf innovative, stationäre Händler wie zum Beispiel die Hamburger Kette Globetrotter finden, die die Kunden mit künstlichen Pools, Kletterwänden, Hindernisparcours oder Kältekammern in ihre Geschäfte locken.

Ein Abklatsch des Globetrotter-Konzepts soll das neue Münchner Stammhaus aus Herzogs Sicht aber auf keinen Fall sein. „Die Kunden müssen Gelegenheit haben, beispielsweise Schuhe auf speziellen Flächen vor Ort auszuprobieren. Es geht aber nicht darum, eine besonders große Kletterwand zu haben, die haben andere auch.“

Dass die Sportkette auf Spezialisten wie den Outdoorhändler Globetrotter schaut, hat seinen guten Grund. Das Geschäft mit wetterfesten Jacken, Wanderschuhen, Zelten und Rucksäcken ist mit einem Umsatzanteil von 20 Prozent mittlerweile nämlich das wichtigste Geschäftsfeld für das Unternehmen, noch vor dem immer wichtiger werden Markt der Hobbyläufer und Teamsportarten wie Fußball. Ausgerechnet im wichtigen Outdoor-Geschäft wachsen die Bäume allerdings nicht mehr in den Himmel. Weil die meisten Deutschen bereits gut mit Spezialjacken und anderen Textilien ausgestattet sind, herrscht unter den Unternehmen eine gewisse Katerstimmung. „Zweistellige Zuwachsraten wie in der Vergangenheit wird es im Outdoor-Bereich sicher nicht mehr geben“, räumt auch Herzog ein. Für den gesamten Sportbereich ist der SportScheck-Chef aber optimistischer als manch ein Marktforscher. „Die gängigen Prognosen von ein bis zwei Prozent Wachstum pro Jahr sind eindeutig zu niedrig“, sagt Herzog. Insbesondere der boomende Gesundheitsmarkt werde für deutliche höhere Wachstumsraten sorgen. „Für Sport Scheck rechne ich in diesem Jahr mit einer deutlich besseren Entwicklung als im Gesamtmarkt.“

Große Hoffnung setzt Herzog unter anderem in die sogenannten „wearable technologies“, also technische Spielereien wie Jacken mit Solarmodulen, die beim Wandern den Akku des Smartphones aufladen oder Navigationssysteme, die in Skibrillen integriert sind.

Im Skigeschäft, das jetzt gerade anläuft, sieht der SportScheck-Chef eine Trendwende weg vom klassischen Snowboard hin zu neuen Varianten wie dem Freeriding. „Wir beobachten, dass immer mehr ehemalige Snowboarder auf zwei Bretter wechseln“, sagt er. „Viele bevorzugen dann die Freeskis, die sich besonders für Fahrten abseits der üblichen Pisten eignen.“ Wer es lieber etwas gemütlicher angehen möchte, greift in der kommenden Wintersaison zum Tourenski oder testet mit der Familie das Schneeschuhwandern.

Stefan Herzog ist mit seinen Brettern am liebsten in Garmisch oder in den norditalienischen Skigebieten unterwegs. „Leider komme ich aus Zeitgründen aber nur selten dazu, selbst auf die Piste zu gehen“, sagt der 51-Jährige.