Das Geldinstitut setzt stark auf den Standort Hamburg. Bis Ende 2016 solle allein in der Metropolregion Hamburg die Zahl der Privatkunden von aktuell 374.000 um 50.000 Kunden gesteigert werden.

Hamburg. Für eine Großbank nimmt sich der Gewinn äußerst bescheiden aus: Gerade einmal 54 Millionen Euro vor Steuern hat die Commerzbank im ersten Halbjahr 2013 erwirtschaftet und Experten erwarten, dass sie auch in den nächsten Jahren den Wettbewerbern hinterherhinken wird. Mit dem Abbau von weltweit 5200 Stellen, aber auch mit einer Milliardeninvestition in ein neues Filialmodell und in die Werbung will der Vorstand das Ruder herumreißen – und neue Kunden gewinnen.

Bis Ende 2016 solle allein in der Metropolregion Hamburg die Zahl der Privatkunden von aktuell 374.000 um 50.000 Kunden gesteigert werden, sagte Bereichsvorstand Werner Braun im Gespräch mit dem Abendblatt. Er ist für die Privatkundensparte im Norden und Osten Deutschlands verantwortlich. Im ersten Halbjahr 2013 kamen in der Hansestadt bereits 3000 neue Kunden hinzu. Besonders gut läuft in der Hansestadt der Verkauf von Hypothekenkrediten. „Im Juni und Juli liegt unser Geschäft in der Immobilienfinanzierung trotz der Ferienzeit deutlich über Plan“, so Braun. „Hamburg und Berlin sind mit unsere stärksten Märkte im Immobilienbereich.“ Dabei spielten die Mitarbeiter im Hamburger Immobilienzentrum der Bank immer wieder eine Pionierrolle: „Die Ideen, die wir in diesem Geschäft in Hamburg entwickeln, übertragen wir auch auf andere Regionen.“

Doch auch das im November 2012 eingeführte kostenlose Girokonto mit „Zufriedenheitsgarantie“ zieht neue Kunden an. Während andere Banken das Gratiskonto zunehmend infrage stellen, will die Commerzbank an diesem Konzept festhalten: „Es geht uns darum, über das Girokonto die Hausbank des Kunden zu werden“, erklärte Braun. „Es gibt bei jedem Kunden zwei oder drei Finanzthemen, über die wir mit ihm sprechen können – zum Beispiel wenn ihm eine Berufsunfähigkeitsversicherung fehlt.“

Chefs Hamburger Banken, unter anderem der Haspa-Vorstandssprecher Harald Vogelsang, hatten wiederholt die Commerzbank dafür kritisiert, dass das staatlich gestützte Institut mit kostenlosen Konten den Konkurrenten Kunden abwerbe. Braun zeigte sich davon ungerührt: „Wenn uns Wettbewerber heftig attackieren, zeigt uns das, dass wir es richtig machen.“

Wachstum braucht die Commerzbank allein schon, um das teure Filialnetz auszulasten. Denn ihre Standard-Bankgeschäfte tätigen immer mehr Kunden am Computer. Dennoch hätten die Niederlassungen vor Ort ihren Wert, ist Braun überzeugt: „70 Prozent der Bundesbürger wollen weiter eine Filiale zur Verfügung haben, auch wenn sie Onlinebanking betreiben.“ So sei auch nicht geplant, eine der 63 Filialen in Hamburg zu schließen. Vor dem Zusammenschluss der Commerzbank und der Dresdner Bank im Jahr 2009 hatten beide Häuser zusammen in Hamburg noch 80 Filialen.

Tatsache ist allerdings, dass die Kundenfrequenz in den Filialen abnimmt – das ist auch eine der Begründungen für den geplanten Stellenabbau. Obwohl Hamburg der weltweit zweitgrößte Standort der Commerzbank nach Frankfurt ist, kommt die Hansestadt dabei allerdings vergleichsweise glimpflich davon. Nach Informationen des Abendblatts werden 100 der 2765 Stellen im sogenannten Betriebsratsbereich Metropolregion abgebaut. „Das liegt alles im grünen Bereich“, sagte Bertold Bose, Leiter der Fachbereichs Finanzdienstleistungen bei Ver.di.

Braun wollte sich zu Details der Abbaupläne nicht äußern. Er sagte aber: „Wir gehen davon aus, dass wir ohne betriebsbedingte Kündigungen auskommen.“ In größeren Städten sei die natürliche Fluktuation relativ hoch. „In Hamburg werden wir das vernünftig regeln können“, so der Bereichsvorstand. Er wies darauf hin, dass sich die Rahmenbedingungen für die Branche in den vergangenen Jahren drastisch verändert haben: „Wir hatten eine Finanzmarktkrise, wir verzeichneten einen Vertrauensverlust der Banken, die Erträge im Einlagengeschäft sind wegen der Niedrigzinsen weggebrochen und das Wertpapiergeschäft ist ebenfalls deutlich zurückgegangen. Man kann im Bankensektor nicht mehr so weitermachen, wie wir es gewohnt waren.“

Die aktuellen Spekulationen zu einer Übernahme der Commerzbank durch den spanischen Konzern Santander nehme die Belegschaft „sehr gelassen“ hin: „Das ist kein Fatalismus – wir sind schließlich gerüchteerprobt.“

Im Hinblick auf die historisch niedrigen Zinsen müssten die Bankkunden bei ihren Anlageentscheidungen „etwas mehr Mut aufbringen“, so Braun: „Ein gewisser Anteil von Aktien gehört dazu, schon angesichts der guten Dividendenrendite.“ Zwar habe es in den vergangenen zehn Jahren drei Börsenkrisen gegeben. „Aber in zehn Jahren wird den Menschen, die Aktien meiden, der reale Vermögensverlust durch die Niedrigzinsphase zu schaffen machen.“