Geschäftstüchtigkeit gehört zu den Eigenschaften, die man den Niederländern gemeinhin nachsagt – wohl nicht ganz zu Unrecht. Und so liegt es nahe, dass hinter dem sogenannten Positionspapier der Rotterdamer Hafenbetreiber zur deutschen Verkehrspolitik eine gehörige Portion Eigennutz steckt.

Doch man muss den Managern aus dem Nachbarland eines zugestehen: Sie legen den Finger in eine Wunde, die sich in Deutschland zunehmend bemerkbar macht, nämlich die Mängel und Versäumnisse in der Infrastruktur. Immer häufiger kommt es auf den Straßen, auf Schienen und Binnenwasserstraßen zu Staus und Wartezeiten, weil die Verkehrswege der stetig gewachsenen Beanspruchung längst nicht mehr gewachsen oder schlicht völlig marode sind.

Brücken und Gleise sind vielerorts sanierungsbedürftig, jede vierte Schleuse ist mindestens 100 Jahre alt. Seit 1999 hat Deutschland nach Berechnungen der Wirtschaftsforscher des DIW einen Investitionsrückstand von rund einer Billion Euro aufgebaut – und dadurch erhebliche Wachstumschancen verpasst.

Die Gründe sind vielfältig. Die föderale Struktur der Bundesrepublik dürfte ebenso eine Rolle spielen wie die Neigung von Politikern, kurzsichtig an der falschen Stelle zu sparen. Doch auch den Bürgern fehlt es hier und da an Weitblick, wenn sie sich gegen dringend benötigte Ausbauprojekte sperren. Denn eines ist klar: Nur mit einem leistungsfähigen Verkehrssystem kann Deutschland die Chancen, die sich aus der zentralen Lage in Europa ergeben, nutzen. Für kaum eine Stadt ist das so wichtig wie für die Außenhandelsmetropole Hamburg.