Zuschüsse werden um vier Millionen Euro aufgestockt. 1200 Arbeitslose sollen sich in diesem Jahr selbstständig machen

Hamburg. Sven Haase muss nachbessern. Bei 80 Hydranten im Universitätskrankenhaus Eppendorf (UKE). Dort hatten Sachverständige die Installation der Notfallmelder in den Abschlusstüren für die in den Wänden eingelassenen Löscheinrichtungen moniert. Den Mangel zu beheben war einer der ersten Aufträge für den Jungunternehmer und seine neue Firma S.H. Brandschutz. Seit Anfang Mai ist der gelernte Elektro-Installateur selbstständig. „Ich rechne mit Durststrecken. Möglicherweise stehe ich mit meiner Familie auch vor einer schwierigen Zeit mit Entbehrungen“, sagt Haase. Doch mit dem Gedanken, sein eigener Chef zu werden, hatte er sich trotzdem schon länger beschäftigt. Jetzt hat er ihn realisiert.

Haase profitiert von einer Wende in der Strategie der Arbeitsagentur Hamburg. Sie will in diesem Jahr Existenzgründer in Hamburg mit mehr als 14 Millionen Euro fördern. Das sind vier Millionen Euro mehr als 2012. Insgesamt sollen so in diesem Jahr 1200 Arbeitslose zu ihren eigenen Chefs werden. Im vergangenen Jahr waren es noch 890. Immerhin 9,5 Millionen Euro von der Gesamtfördersumme liegen bei der Agentur derzeit noch bereit.

Mit dem größeren Etat reagiert der Hamburger Agenturchef Sönke Fock auf die schwächere Entwicklung am Arbeitsmarkt seit Jahresbeginn. Immerhin meldeten die Arbeitgeber bis Ende Juni 4500 Stellen weniger als im ersten Halbjahr 2012. „Bisher haben wir bei Menschen, die sich selbstständig machen wollten, häufig auf freie Stellen in ihrem Beruf bei Firmen hingewiesen“, sagt Fock. „Aber die Lage hat sich verändert. Deshalb steuern wir jetzt um und setzen darauf, dass sich gute Existenzgründer durchsetzen können.“ Die Wende in der Arbeitsmarktpolitik ist an den bewilligten Gründungszuschüssen in den vergangenen Monaten abzulesen. Sie lagen bis auf den Januar 2013 in diesem Jahr in jedem Monat höher als noch im vergangenen Jahr.

Allerdings gilt weiter, dass die Fördersummen seit dem 1. April 2012 geringer geworden sind. Zum Vergleich: Vorher erhielten Gründer für neun Monate Zuschüsse in Höhe des jeweiligen Arbeitslosengeldes und konnten dann noch einmal jeweils 300 Euro für weitere sechs Monate beantragen. Jetzt fließen die Zuschüsse in Höhe des Arbeitslosengeldes nur noch für sechs Monate. Danach können dann jeweils 300 Euro monatlich für neun Monate gewährt werden. Entscheidender ist aber, dass die Gelder durch die Neuregelung nicht mehr als Pflichtleistung der Agentur fließen, sondern ins Ermessen des jeweiligen Vermittlers gestellt sind. Um hier zu bestehen, empfiehlt Fock angehenden Gründern, sich zuvor bei mehreren Experten Rat zu holen. Dafür gibt es Ansprechpartner bei Kammern, Fachverbänden, Kreditinstituten und weiteren Beratungsstellen. Gute Konzepte jedoch haben jetzt bessere Chancen, unterstützt zu werden. In ihrer Zentrale in der Kurt-Schumacher-Allee bietet die Agentur bis zum Jahresende dazu jeden Monat einmal eine Beratung an.

Haase erfüllte die geforderten Kriterien. Er hatte nach seiner Lehre und der Bundeswehrzeit 19 Jahre in der Brandschutzbranche bei einer Firma gearbeitet und die entsprechenden Lehrgänge bei Geräteherstellern absolviert. Dabei befasste er sich nicht nur mit Feuerlöschern der verschiedenen Typen, sondern auch mit Rauchabzugsanlagen für Gebäude oder Treppenhäusern, Hydranten und Feststelltüren für den Brandschutz. Zudem schulte der Brandmeister der Freiwilligen Feuerwehr Oldenfelde/Siedlung in Betrieben das Verhalten bei Notfällen. Doch auf eine Übernahme des Betriebs mit seinen knapp zehn Mitarbeitern konnte er sich mit seinem Chef nicht einigen. „Da habe ich mich endgültig entschlossen, auf die Selbstständigkeit zu setzen“, sagt Haase.

Haase wandte sich vor allem ab Februar 2013 an die Lawaetz-Stiftung in Neumühlen, die mit ihm das Finanzierungskonzept erarbeitete. Die Stiftung hat sich seit 1986 auf die Betreuung von Gründern aus der Arbeitslosigkeit spezialisiert. Sein Berater befürwortete auch den Gründungszuschuss von der Arbeitsagentur, den Haase dann auch erhielt. Ein Darlehen der Kfw-Bank über 56.000 Euro besorgte die Hamburger Sparkasse (Haspa). Dafür kaufte Haase seinen Lieferwagen, den er mit Ersatzteilen und Werkzeugen ausrüstete und nun als rollende Werkstatt nutzt. Schon für Juni hofft er operativ erstmals auf schwarze Zahlen. „Ich muss mich jetzt verstärkt um neue Kunden kümmern. Dabei werde ich meinen Service vor allem Firmen und Gewerbetreibenden anbieten und meine Homepage ins Internet stellen“, sagt Haase. Setzen kann er in jeden Fall darauf, dass er für diese Arbeiten in Hamburg bekannt ist.

Bei seiner Ein-Mann-Firma soll es in jedem Fall nicht bleiben. Haase will sein Unternehmen ausbauen, künftig Mitarbeiter einstellen und kann sich auch vorstellen ein Büro und ein Lager einzurichten. Seine Visitenkarte hat der verheiratete Vater von zwei Söhnen schon fertig. Auf ihr schaut der neue Chef optimistisch lächelnd in die eigene Zukunft.