Die Pläne des US-Investors Kohlberg & Company sind noch nicht bekannt. 300 Mitarbeiter in Bahrenfeld blicken in eine ungewisse Zukunft

Hamburg. Wenn sich die Mitarbeiter bei Steinway über ihre Instrumente unterhalten, sprechen sie liebevoll über ihre „Babys“. Immerhin dauert es mehrere Monate, bis ein Flügel die Fertigung verlässt. 12.000 Einzelteile gilt es zusammenzusetzen, wochenlang wird poliert, bis der Korpus so glänzt, dass sich die Weltstars in den Konzertsälen darin spiegeln. Um zehntel Millimeter feilschen die Mitarbeiter bei der Fertigung des Resonanzbodens, er muss den Klang so formen, dass selbst die anspruchsvollsten Musiker beim ersten Proben im Showroom mit einem Lächeln in die Tasten greifen. Scherzhaft nennen die Klavierbauer ihren Arbeitgeber auch die „teuerste Heizung Hamburgs“. Denn 75 Prozent der edlen Hölzer, welche aus den USA, Afrika und Kanada in die Backsteinfabrik in Bahrenfeld geliefert werden, werden dem hohen Anspruch der Mitarbeiter nicht gerecht und deshalb verbrannt.

So gelassen, wie die Sprüche aus dem Unternehmen klingen, war die Stimmung am Dienstag dort allerdings nicht. Die Nachricht über die geplante Übernahme von Steinway durch den US-Finanzinvestor Kohlberg & Company sorgte nach Informationen dieser Zeitung aus der Firma bei einigen Mitarbeitern für Sorgen, wie es nun am Hamburger Standort des Instrumentenbauers mit seinen knapp 300 Beschäftigten weitergehen soll. Am Montag hatte Kohlberg angekündigt, 438 Millionen Dollar (rund 336 Millionen Euro) für den Pianobauer zahlen zu wollen, dessen handgefertigte Flügel auf den Bühnen der Welt von Tokio bis Buenos Aires gespielt werden.

Europa-Chef Werner Husmann gab sich im Gespräch mit dieser Zeitung indes betont optimistisch: „In meiner Zeit bei Steinway habe ich vier Eigentümerwechsel erlebt, und jedes Mal hat sich die Situation verbessert“, sagte der Manager, der seit mehr als 40 Jahren bei dem Unternehmen arbeitet und inzwischen für das weltweite Geschäft mit den Flügeln und Klavieren verantwortlich ist, mit Ausnahme des amerikanischen Marktes, den Steinway vom zweiten Firmensitz und Produktionsstandort New York aus bearbeitet und versorgt. Allein in den vergangenen sechs Monaten hatte Steinway in Hamburg 40 neue Mitarbeiter eingestellt, vornehmlich in der Produktion. Nach einer Absatzflaute in Folge der US-Finanzkrise vor einigen Jahren zieht der Umsatz mit den Flügeln, die zwischen 50.000 und 130.000 Euro kosten, wieder an.

Der Käufer Kohlberg will dieses Wachstum nun weiter beschleunigen, sagte Christopher Anderson, Partner bei Kohlberg. Er verwies auf die lange Geschichte der Zusammenarbeit des Investors mit weltweit führenden Marken, die Kohlberg ebenfalls beim Wachstum unterstützt habe. Anderson betonte, die handwerkliche Fertigung, welche die Produkte von Steinway so einzigartig machte, wolle Kohlberg erhalten. US-amerikanische Marktbeobachter schätzten, dass die Aussichten von Steinway auf Wachstumsmärkten wie China dem Übernehmer gute Chancen eröffneten. In der Volksrepublik hatte Steinway über Jahre Beziehungen zu Konservatorien und Konzertsälen geknüpft und dort dank seines guten Images parallel mit dem Wirtschaftswachstum im Reich der Mitte immer mehr Instrumente verkauft. Durch diesen Absatztreiber konnte der Hersteller die Rückgänge in den krisengeschüttelten Märkten wie USA und Europa zum Teil wettmachen. Andererseits ist Steinway an seinen Qualitätsanspruch mit einer weitgehenden Fertigung von Hand gebunden und sieht sich Marken aus Fernost gegenüber, die gute Klaviere zu günstigen Preisen anbieten.

Wie Kohlberg diese Position Steinways im Markt weiterverfolgen will, liegt bisher im Dunkeln. Kohlberg war und ist bisher beispielsweise investiert in den Sportartikelhersteller Bauer, in den Parkhausbetreiber Central Parking Corporation oder den Nähmaschinenanbieter SVP Worldwide mit Marken wie Singer und Pfaff.

In dieses Portfolio von mittelgroßen Unternehmen gesellt sich mit Steinway nun ebenfalls ein Mittelständler, der neben den Klavieren unter anderem Trompeten (Bach), Saxofone (Henri Selmer Paris), Schlagzeuge (Ludwig), Klarinetten (Leblanc) sowie Hörner (C.G. Conn) herstellt. Zuletzt erzielte das Unternehmen einen Jahresumsatz von 354 Millionen Dollar, etwa zwei Drittel davon mit Konzertflügeln und Klavieren. Der Gewinn lag bei 14 Millionen Dollar. In diesem Jahr strömen alleine 44 Millionen Dollar durch den Verkauf des traditionsreichen Schauraums in Manhattan in die Kasse. Dort sollen nun Luxuswohnungen entstehen.

Kohlberg & Company bietet 35 Dollar die Aktie für das gesamte Unternehmen und damit 15 Prozent mehr als der Schlusskurs vom Freitag. Das Steinway-Management hat das Angebot angenommen, allerdings kann es noch 45 Tage lang bessere Offerten einholen. Kommt nichts dazwischen, soll die Übernahme im dritten Quartal abgeschlossen werden. Bis dahin dürften die Mitarbeiter in Hamburg vermutlich mehr Einblicke in die Strategie von Kohlberg gewonnen haben.