Mitarbeiterinnen der größten deutschen Kette Klier wollen Vertretung in Hamburg gründen. Doch das Unternehmen stellt sich quer

Hamburg. Katrin Rogge ist gern Friseurin. Seit mehreren Jahren arbeitet die 30-Jährige schon für Deutschlands größte Filialkette Klier, die bundesweit über fast 900 Filialen und rund 30 Salons in Hamburg und Schleswig-Holstein verfügt. „In den vergangenen Jahren ist die Arbeit aber immer härter geworden“, sagt die kämpferische, junge Frau. „Es wurden immer neue Salons eröffnet, zugleich aber nicht genügend neue Mitarbeiterinnen eingestellt.“ Im vergangenen Jahr habe sie in einer Filiale in Rahlstedt an manchen Tagen ganz allein arbeiten müssen, sagt Rogge, die nun einen Salon in Wandsbek leitet.

Um für bessere Arbeitsbedingungen zu kämpfen, haben sich Rogge und ihre Kollegin Petra Böttcher dazu entschlossen, einen Betriebsrat für die Region Hamburg/Schleswig-Holstein zu gründen. Eine Pioniertat nicht nur für das größte Filialunternehmen Deutschlands, sondern auch für die Branche insgesamt, in der es um die Durchsetzung von Mitarbeiterrechten bislang eher schlecht bestellt ist.

Parteien streiten am Donnerstag vor dem Hamburger Landesarbeitsgericht

Bei Firmenchef Michael Klier stößt die Initiative auf wenig Gegenliebe. Vor dem Arbeitsgericht Hamburg versuchte die Geschäftsführung, einen Abbruch des Wahlverfahrens zu erreichen, scheiterte damit aber in erster Instanz. Klier ging in Berufung, worauf sich an diesem Donnerstag nun das Landesarbeitsgericht mit dem Streit befassen wird.

„Die Geschäftsleitung legt den Beschäftigten bei der Gründung eines Betriebsrats jede Menge Steine in den Weg“, sagt André Kretschmar von der Dienstleistungsgewerkschaft Ver.di, der die Friseurinnen bei ihrer Initiative unterstützt. So habe der Geschäftsführer seinen Beschäftigten schon im März dieses Jahres die Teilnahme an einer Betriebsversammlung verboten, auf der der Wahlvorstand für den neuen Betriebsrat bestimmt werden sollte. Wer dennoch während der Dienstzeit der Aufforderung von Ver.di folge, müsse mit „arbeitsrechtlichen Konsequenzen rechnen“, heißt es in einem Rundschreiben, das dem Abendblatt vorliegt. Nur in ihrer Freizeit könnten die Mitarbeiter die Veranstaltung besuchen. Rund 15 Beschäftigte beteiligten sich trotzdem an der Versammlung und wählten Rogge und Böttcher sowie weitere Vertreter in das neue Gremium. „Danach hat sich die Geschäftsleitung aber weiterhin geweigert, die eingeleitete Wahl als rechtmäßig anzuerkennen und wollte auch das Wählerverzeichnis mit den Adressen der wahlberechtigten Beschäftigten nicht herausgeben“, sagt Kretschmar.

„Die Geschäftsleitung wehrt sich keineswegs generell gegen die Einrichtung von Betriebsräten“, betont hingegen ein Sprecher des Wolfsburger Unternehmens. In dem Streit gehe es lediglich um die richtige Form des Gremiums. Die von Ver.di gewählte Region Hamburg/Schleswig-Holstein habe den Nachteil, dass eine große räumliche Distanz zwischen den einzelnen Salons liege und die Mitarbeiter sich gegenseitig gar nicht kennen würden. Zudem sei die Region durch die starke Expansion des Unternehmens ständigen Veränderungen unterworfen, was regelmäßige Nach- oder Neuwahlen nach sich ziehen würde.

„Wir vertreten die Auffassung, dass jeder einzelne Salon ein eigener Betrieb ist und deshalb auch betriebsratsfähig“, so der Sprecher. Daher solle die Arbeitnehmervertretung auch auf dieser Ebene gewählt werden. Dieses Verfahren praktiziere man bereits in einigen Filialen des Schwesterunternehmens Essanelle, das ebenfalls zur Holding der Familie Klier gehört.

Die Gewerkschaft vermutet hinter der Argumentation der Gegenseite hingegen eine Taktik, um das Betriebsratsprojekt insgesamt zu torpedieren. „In vielen Salons würde ein Betriebsrat gar nicht zustande kommen, weil dort weniger als fünf Beschäftigte arbeiten und damit die Mindestzahl für die Wahl eines solchen Gremiums unterschritten ist“, sagt Kretschmar.

Rechtlich gesehen geht es in dem Streit vor allem um die Frage, auf welcher Ebene die Personalverantwortung für die Beschäftigten liegt. Während die Geschäftsleitung diese bei der jeweiligen Salonleitung sieht, beharren Gewerkschaft und Wahlvorstand darauf, dass diese bei den Bezirksverantwortlichen der jeweiligen Regionen angesiedelt ist.

Was Gewerkschaft wie auch Beschäftigte erstaunt, ist die Vehemenz, mit der sich die Kette gegen die Einrichtung eines Betriebsrats für die Region wehrt. Michael Klier ist sonst nämlich keineswegs als Gewerkschaftsschreck bekannt, sondern arbeitet vielmehr mit den Arbeitnehmervertretern in vielen Fragen zusammen.

So hat sich Klier als einer der Ersten in der Branche für die Einführung eines Mindestlohns starkgemacht und ein entsprechendes Pilotprojekt gestartet. Vom 1. August an wird die Kette den in einer Tarifgemeinschaft vereinbarten Mindestlohn von 6,50 Euro im Osten und 7,50 Euro im Westen zahlen.

An der Bezahlung bei Frisör Klier haben denn auch Katrin Rogge und Petra Böttcher nichts auszusetzen. „Wir wollen lediglich die Rahmenbedingungen für die Beschäftigten verbessern“, sagt Rogge. Neben einer vernünftigen Pausenregelung gehe es auch um das Mitspracherecht bei der Versetzung von Beschäftigten in andere Salons und um sanitäre Einrichtungen in den Filialen. „Es ist schade, dass uns die Geschäftsleitung bei dieser Arbeit nicht unterstützen will.“

Bei Klier bedauert man hingegen die starre Haltung der Gewerkschaft auf Landesebene. Auf Bundesebene arbeite man hingegen konstruktiv und vertrauensvoll mit Ver.di zusammen.