E.on Hanse investiert 13,5 Millionen Euro in innovatives Kraftwerk. Anlage „Power to Gas“ soll ab 2014 Energieüberkapazitäten umwandeln

Hamburg. Der Auftakt eines der ehrgeizigsten Projekte der Hamburger Energiewende war verregnet. Als Hamburgs Bürgermeister Olaf Scholz (SPD) am Montag mit einem Bagger den ersten Spatenstich für die geplante „Power to Gas“-Anlage vom Gasversorger E.on Hanse tätigte, musste er einige Minuten warten. Denn in Hamburg-Reitbrook gab es plötzlich einen Sturzregen, der nach einigen Minuten aber wieder vorbei war. Scholz konnte sich dann endlich in den gelb-grauen Bagger setzen und das Projekt symbolisch starten.

Schon in eineinhalb Jahren soll die Anlage betriebsbereit sein. Der Begriff Power to Gas steht für ein Konzept, bei dem überschüssiger Strom dazu verwendet wird, per Wasserelektrolyse Wasserstoff zu produzieren und diesen bei Bedarf in einem zweiten Schritt unter Verwendung von Kohlenstoffdioxid in synthetisches und speicherfähiges Methan umzuwandeln. Dabei wird mithilfe elektrischen Stroms eine chemische Reaktion herbeigeführt.

Die Investitionssumme beträgt 13,5 Millionen Euro, wobei der Bund einen Zuschuss über 6,5 Millionen Euro für das Projekt gibt. Bei Stromknappheit kann das Gas wieder in elektrische Energie umgewandelt werden – oder es fließt in das 500.000 Meter lange Hamburger Gasnetz von E.on Hanse. Der Versorger erfuhr bereits am eigenen Leib, wie wichtig das Thema Umwandlung von Strom in Gas ist.

Im Jahr 2011 mussten die schleswig-holsteinischen Netzbetreiber, darunter E.on Hanse Netz, 15 bis 20 Millionen Euro an Windstrom vergüten, der es wegen Überkapazitäten noch nicht einmal ins Netz geschafft hatte. Hintergrund ist, dass in dem Bundesland manchmal mehr Strom produziert als verbraucht wird. Die Energieversorger sind jedoch dazu verpflichtet, jede in ihrem Verbreitungsgebiet erzeugte Kilowattstunde zu honorieren. Solche hohen Mehrausgaben sollen künftig vermieden werden, zumal mit dem geplanten Bau neuer Offshore-Windanlagen künftig noch mehr Windstrom in die Stromnetze drängen wird.

„Hamburg nimmt bei der Energiewende eine Vorreiterrolle ein. Einen effizienten Beitrag dazu kann das Entwickeln und Erproben von Verfahren leisten, die auch weltmarktfähig sind“, sagte Hamburgs Erster Bürgermeister Olaf Scholz (SPD). „Die Power-to-Gas-Technologie ist ein hervorragender Beweis dafür. Mit ihr rückt die Perspektive von zum Beispiel emissionsfreiem Straßenverkehr näher.“ Schließlich könne Wasserstoff auch als Antrieb für Autos genutzt werden.

Die Hansestadt sei ein Stromknotenpunkt zwischen dem Norden und dem Süden der Bundesrepublik. „Wir machen heute etwas, was die Energiewende und das Thema grüner Strom voranbringt“, sagte Scholz mit Blick auf die Initiative „Unser Netz“, die über eine Volksabstimmung erreichen will, dass die Stadt E.on Hanse und Vattenfall die Strom- und Gasnetze für einen Milliardenbetrag abkaufen muss.

„Deutschland ist bei der Entwicklung der Wasserstofftechnologie weltweit führend“, sagte der Parlamentarische Staatssekretär im Verkehrsministerium, Enak Ferlemann (CDU). Er kann sich ein Netz von Wasserstofftankstellen zwischen Hamburg und Berlin vorstellen. „Der Umbau der Energieversorgung mit einem hohen Anteil fluktuierender Einspeisung aus Wind und Sonne erfordert neue Speichersysteme. Durch Power to Gas wird die Verknüpfung des Verkehrs- und Energiesektors weiter gestärkt.“ Insgesamt stellen Bund und Industrie bis 2016 rund 1,4 Milliarden Euro für innovative Projekte zur Verfügung.

Die Palette der Firmen und Forschungsinstitute, die das Vorhaben unterstützen, ist groß. Darunter befindet sich auch das kanadische Unternehmen Hydrogenics, das für genügend Wasserstoff sorgt, das Fraunhofer Institut für Solare Energiesysteme sowie das Deutsche Luft- und Raumfahrtzentrum.

„Mit der innovativen Power-to-Gas-Anlage bauen wir hier quasi ein Park+ride-System für Strom“, sagte Matthias Boxberger, Vorstandsvorsitzender von E.on Hanse. Das Vorhaben sei eines von vielen im E.on-Konzern, so Peter Röttgen, Leiter vom E.on Innovationszentrum Energiespeicherung. Zeitgleich zum Spatenstich wurde auch das Besucherzentrum am E.on-Standort in Reitbrook eröffnet. Hier können sich ab sofort Interessenten nach Anmeldung über innovative Projekte der Energiewende informieren – von der Fotovoltaik über die Gewinnung von Biomasse bis hin zu Power to Gas.