Hamburger Warenhäuser und Boutiquen schaffen Platz für die Herbstware. Schlussverkauf beginnt bereits in vielen Geschäften

Hamburg. Wer derzeit durch die Einkaufsstraßen in Hamburgs Innenstadt oder in den Stadtteilen geht, sieht nahezu in jedem Schaufenster ein Prozentzeichen. Plötzlich kostet der geblümte Seidenschal 20 statt zuvor 45,95 Euro. T-Shirts in leuchtenden Sommerfarben gehen für sieben Euro über den Ladentisch. Und für die pinke Sommertasche muss man nur noch die Hälfte zahlen. Von der Eile des Schuh- und Textilhandels, sein Sortiment schnell loszuwerden, profitieren die Kunden. Um bis zu 50 Prozent sind viele Angebote in den Geschäften reduziert, im Einzelfall wie bei der Kette New Yorker kann der Kunde gar 70 Prozent sparen.

Der vorgezogene Schlussverkauf hat einen Grund: Im Februar, März und April lagen Sommerhosen, kurzärmlige Hemden oder Kleider wegen des schlechten Wetters fast unverkäuflich in den Regalen. Weniger Kunden kamen in Hamburgs Warenhäuser und Boutiquen. „In den Geschäften hing zu dieser Zeit bereits die Sommerware, doch der Regen verdarb leider vielen Verbrauchern die Lust am Einkaufen“, so Wolfgang Linnekogel, Hauptgeschäftsführer der Hamburger Einzelhandelsverbände. Die Lager der Geschäfte sind deswegen noch voll. „Wir reduzieren die frühe Sommerware, um Platz für die Herbst- und Winterkollektionen zu schaffen“, sagt Klaus Sandhof, Geschäftsführer von der Galeria Kaufhof. „Aber wir beziehen auch neue Ware, die Platz braucht.“ So gibt es bei Galeria Kaufhof zu Beispiel neue Kleider mit Spaghettiträgern. Die Zeit für den Ausverkauf ist relativ kurz. „Bereits im August kommt die Herbstware“, sagt Eckhard Schroeder von Karstadt, dessen Firma Teile der Kollektion ebenfalls um bis zu 50 Prozent reduziert hat.

Die gleichen Probleme haben auch die Einkaufszentren. Wohl auch deshalb kündigt das Alstertal-Einkaufszentrum in Poppenbüttel schon jetzt an, dass vom kommenden Sonnabend, 22. Juni bis zum 6. Juli, der große Saison-Schlussverkauf stattfindet. „Die Sommerferien in Hamburg und Schleswig-Holstein haben dann erst gerade begonnen, und somit ist noch Zeit, sich mit hochwertiger Sommermarkenmode und Accessoires einzudecken, bevor es in den wohl verdienten Urlaub geht“, wirbt das AEZ um Kunden.

Der Druck auf die Branche ist groß. In den ersten Läden, wie etwa bei dem Modemacher Closed, hängt die neue Ware sogar schon im Fenster. Leda Schefa aus Steilshoop ist an diesem Juni-Tag in der Innenstadt zum Shoppen unterwegs. „Ich suche reduzierte Sachen. Nichts Bestimmtes, aber nach Sommer soll es aussehen.“ In der Hand hat sie schon die ersten Tüten. „Mein Limit für ein T-Shirt im Ausverkauf ist sieben Euro“, sagt ihre Schwester Layli. Gerade kommen sie aus einem Laden der Modekette Pimkie. Während eine Mitarbeiterin das Schaufenster noch mit Preisnachlässen dekoriert, wird drinnen über einem Ständer mit Tops, Shorts und Sommerblusen schon mit Reduktionen von bis zu 50 Prozent geworben.

In der Kinderabteilung von Peek & Cloppenburg hat Manuela Wallenthin aus Wandsbek schon mehrere Sweatshirts in der Hand. „Ich suche nicht gezielt nach Schnäppchen“, sagt die Mutter einer Elfjährigen. „Aber die Kinder wachsen so schnell. Da ist man froh, wenn man was günstiger bekommt.“ In dem Modehaus in der Mönckebergstraße gibt es im Moment bis zu 40 Prozent Rabatt auf Sommerware.

Allerdings gehen immer weniger Hamburger gezielt los, um reduzierte Ware zu kaufen. „Ich gucke immer mal wieder und freue mich, wenn ich ein schönes Stück preiswert finde“, sagt Dagmar Janek aus Rissen, die früher bei einer Modefirma gearbeitet hat. Gerade steht sie an einem Ständer mit T-Shirts. Ein grünes hat es ihr angetan. „Mehr als zwölf Euro würde ich dafür nicht bezahlen, besser sind zehn Euro.“

In den nächsten Wochen, so viel ist klar, werden die Preise für Sommerkleidung weiter sinken. „Das geht nach und nach, so wie die Winterware hereinkommt“, sagt eine Verkäuferin in einem größeren Textilhaus an der Mönckebergstraße. Das Gleiche gilt auch für Schuhe, Sportkleidung und Accessoires, wie Taschen, Schmuck oder Tücher. Seitdem die festgesetzten Termine für den Sommer- beziehungsweise Winterschlussverkauf aufgehoben wurden, liegt es in der Hand der Firmen, ob und wann sie ihre Waren reduzieren. Und während sich der Ansturm der Schnäppchenjäger früher auf wenige Tage konzentrierte, ist es jetzt ein beständiger Strom. Manche sind sogar noch gewiefter und kommen nur zum Gucken in die Geschäfte – und suchen das beste Angebot dann gezielt über das Internet.

Oft ist es so, dass eines der großen Kaufhäuser mit den Rabatten anfängt und die anderen sofort nachziehen, um den Wettlauf um Kunden und Umsätze nicht zu verlieren. Während sich die Verbraucher über die herabgesetzte Ware freuen, belastet dies die Bilanz der Textilbranche. Über Gewinne oder Verluste wollen die Verterter der Warenhäuser zwar nicht sprechen. Aber eins ist klar: Wenn das Wetter im Frühjahr besser gewesen wäre, hätten die Händler weit mehr Kleidung als jetzt zum normalen Preis abgeben können.

Die Rabatte haben die Erträge der Branche massiv reduziert. „Die Händler nehmen zwar Geld ein und können so ihren Betrieb aufrechterhalten, aber der Gewinn bleibt aus“, sagt Linnekogel. Nach seinen Angaben sanken die Einzelhandelsumsätze im ersten Quartal gegenüber dem Vorjahreszeitraum um 14 bis 17 Prozent. „In einigen Bereichen brachen sie sogar um 50 Prozent ein“, so der Handelsexperte. Jetzt hoffen Karstadt, Kaufhof und Co., dass wenigstens der Sommer warm bleibt. Dann füllen sich ihre Kassen wieder.