Kommissionschef möchte EU-Ländern mehr Zeit zum Schuldenabbau geben. Westerwelle protestiert

Brüssel. In der Europäischen Union ist eine Debatte über den richtigen Weg aus der Krise entbrannt. Bundesaußenminister Guido Westerwelle (FDP) warnte am Dienstag in Brüssel vor einem Rückfall "in die alte Politik des Schuldenmachens". Westerwelle reagierte damit auf Äußerungen von EU-Kommissionschef José Manuel Barroso, der die Sparpolitik aufgrund fehlender gesellschaftlicher und politischer Unterstützung an "ihre Grenzen" stoßen sieht. Der Kommissionschef betonte zwar, dass "auf Schulden fußendes Wachstum nicht nachhaltig ist", fügte aber auch hinzu: "Damit eine Politik erfolgreich ist, muss sie nicht nur richtig gestaltet sein. Sie muss auch ein Minimum an politischer und gesellschaftlicher Unterstützung haben."

In der EU war angesichts von Rekordarbeitslosigkeit besonders unter jungen Menschen und schlechten Wirtschaftszahlen zuletzt die Kritik an der Sparpolitik lauter geworden. Sie gilt als ein Grund, dass der die EU-Sparempfehlungen befolgende italienische Regierungschef Mario Monti abgewählt wurde und die EU-Kritiker so viele Stimmen bekamen,.

Die Krise dauere schon zu lange an, beschrieb EU-Ratspräsident Herman Van Rompuy die Gründe für die Debatte "Sparpolitik gegen Wachstum". Besonders junge Menschen hätten das Gefühl, dass ihr Leben nicht vorangehe: "Die Geduld geht verständlicherweise verloren und ein neues Gefühl der Dringlichkeit ist entstanden." Deswegen seien neben Reformen "mehr unverzügliche Maßnahmen notwendig, um das Entstehen von Arbeitsplätzen und wirtschaftliche Aktivität zu unterstützen".

"Wir sind der Überzeugung, wenn wir die Politik der Haushaltskonsolidierung aufgeben würden, wenn wir zurückfallen würden in die alte Politik des Schuldenmachens, dann zementieren wir Massenarbeitslosigkeit auf viele Jahre in Europa", sagte Westerwelle. Wachstum könne nicht durch neue Schulden gekauft werden, "sondern Wachstum und Konsolidierungspolitik sind zwei Seiten derselben Medaille". Barroso hat dagegen schon mehrfach angedeutet, dass er bereit ist, einer Reihe von Ländern mehr Zeit zum Defizitabbau einzuräumen.