Medizintechnik, Flugzeugbau oder Erneuerbare Energien: Die Industrieunternehmen am Standort Hamburg sind für die Zukunft gerüstet.

Hamburgs Industrie ist auf Wachstumskurs. Rund 3,5 Millionen Euro investierte das Hamburger Stahlwerk, das zum Konzern Arcelor Mittal gehört, in einen neuen Ofen, mit dem höherwertiger Stahl für Schrauben oder Profile erzeugt werden kann. Am international scharf umkämpften Stahlmarkt will das Unternehmen so seine Position weiter festigen und sich gegenüber den Konkurrenten abheben. "Die Anlage haben wir mit einem internen Team innerhalb von drei Jahren geplant und entwickelt", sagt Werksleiter Lutz Bandusch.

Bei SKF Blohm + Voss Industries GmbH drängt der neue Eigentümer aus Schweden auf Investitionen, nachdem das Unternehmen von einem Finanzinvestor übernommen wurde. Denn bei der früheren Maschinenbausparte der Traditionswerft Blohm+Voss soll der maritime Bereich ausgebaut werden.

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Und auch Bode Chemie, ein Hersteller von Desinfektionsmitteln, will in diesem Jahr kräftig investieren. "Wie in 2012 erwarten wir auch in diesem Jahr ein deutliches Umsatzwachstum, weil wir von einem weltweit steigenden Hygienebewusstsein in Gesundheitseinrichtungen profitieren", sagt Geschäftsführer Roland Knieler.

Gemessen an Arbeitsplätzen, Betrieben und Ausstoß spielt Hamburgs Industrie in der ersten Liga. Die Hansestadt gehört neben Berlin und München zu den drei großen Industriestandorten in Deutschland. "Das ist kaum bekannt, denn wegen der Dominanz von Handel und Hafen wird die Bedeutung der Industrie häufig unterschätzt", sagt Ulrich Brehmer, Geschäftsführer Industrie und Umwelt der Handelskammer. Rund 120.000 Arbeitnehmer arbeiten in der Hamburger Industrie, das ist rund jeder siebte sozialversicherungspflichtig Beschäftigte. In der Hansestadt gibt es rund 600 Industrieunternehmen mit 20 und mehr Beschäftigten.

Die Industrie der Hansestadt setzte im vergangenen Jahr 87 Milliarden Euro um und damit 4,3 Prozent mehr als im Jahr zuvor. "Die Hamburger Industrie behauptet sich stabil im internationalen Wettbewerb und wird der Hamburger Konjunktur auch in diesem Jahr positive Impulse geben", sagt Michael Westhagemann, Vorsitzender des Industrieverbandes Hamburg (IVH). Viele Unternehmen profitieren jetzt von den hohen Investitionen der Vergangenheit. So investierten die Firmen des verarbeitenden Gewerbes schon 2011 knapp 900 Millionen Euro in neue Maschinen und die Betriebsausstattung. Das war ein Zuwachs von 35 Prozent gegenüber dem Vorjahr. Auch in diesem Jahr will mehr als jedes vierte Unternehmen seine Kapazitäten in der Hansestadt ausweiten.

"Die Industrie in Hamburg hat sich in den vergangenen Jahren sehr gut entwickelt und ist auch stärker gewachsen als in Deutschland insgesamt", sagt Michael Bräuninger, Forschungsdirektor am Hamburgischen WeltWirtschaftsinstitut (HWWI). Zwar habe die Beschäftigung abgenommen, das aber sei vor allem eine Folge der gestiegenen Produktivität.

Produktivitätszuwachs und Personalaufbau gibt es dagegen beim Flugzeughersteller Airbus, der außerdem eine Vielzahl von Zuliefer- und Entwicklungsunternehmen in der Region bindet. "In diesem Jahr werden wir unsere Produktion weiter ausbauen und rund 1000 Mitarbeiter einstellen", sagt Georg Mecke, Leiter des Airbus Standorts Hamburg. Erstmals sollen konzernweit mehr als 600 Ziviljets in diesem Jahr ausgeliefert werden. Weitere Schwergewichte der Industrie in der Hansestadt sind die Automobilindustrie mit Fabriken von Daimler und Continental, die Windkraftbranche mit Unternehmen wie Repower Systems, Nordex und Siemens sowie die Ernährungsindustrie mit dem Global Player Unilever oder der Carlsberg-Tochter Holsten.

Eine Besonderheit des Standorts ist die starke Konzentration von Grundstoffherstellern. In der Hansestadt werden Stahl, Aluminium und Kupfer produziert. "Das sichert eine hohe Wertschöpfungskette, denn die Materialien können dann in Flugzeugen, Fahrzeugteilen oder Windrädern gleich wieder verarbeitet werden", sagt Ulrich Brehmer.

Die Industrie in Hamburg trägt zwar nur mit 16 Prozent zur Bruttowertschöpfung in der Stadt bei - der bundesweite Schnitt liegt bei 23 Prozent. Doch der Stadtstaat muss sich mit Flächenländern messen. Im internationalen Vergleich ist Hamburg recht gut aufgestellt. EU-weit liegt der Wertschöpfungsanteil des Industriesektors bei eben 16 Prozent. "Das verarbeitende Gewerbe ist ein wichtiger stabilisierender Faktor für Hamburgs Gesamtwirtschaft", sagt Brehmer.

Das hat sich vor allem in der letzten Krise gezeigt. "Durch den ausgewogenen Branchen-Mix ist Hamburg weniger konjunkturanfällig als die südlichen Bundesländer", sagt Brehmer. Und HWWi-Forschungsdirektor Bräuninger ergänzt: "Der Standort Hamburg profitiert von der Industrie durch hohe Einkommen und eine hohe Wertschöpfung. Aber auch die positiven Effekte für andere Wirtschaftsbereiche wie den Hafen oder den Groß- und Außenhandel sowie die Dienstleistungen dürfen nicht unterschätzt werden."

Der Umbau der Energieversorgung kann in den kommenden Jahren zu einem wichtigen Wachstumstreiber für Hamburgs Industrie werden. "Die Voraussetzungen sind ideal, weil alle wichtigen Cluster, also die Branchennetzwerke wie Luftfahrt, maritime Wirtschaft, Logistik und Windkraft beim Umbau der Energiesysteme miteinander arbeiten und voneinander profitieren können", sagt Westhagemann. Experte Brehmer sieht darin eine Chance für neue Industrieansiedlungen an der Unterelbe. "Denn die Elbe ist auch ein idealer Transportweg für Vor- und Fertigprodukte der Offshore-Industrie", sagt Brehmer.

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