Reisen steht auf der Dringlichkeitsliste von Albrecht Kramer zumindest nicht ganz oben. Der Ältermann der Lotsenbrüderschaft Elbe, der mit 65 Jahren an diesem Freitag in den Ruhestand verabschiedet wird, hat die Welt während seines Berufslebens als Seemann und später als Lotse ausgiebig erkundet. Auch zum Segeln zieht es ihn nicht, obwohl seine Arbeit als Chef in der Lotsenzentrale an der Elbchaussee Ende März fast pünktlich zum Beginn der neuen Saison endet. Segeln, sagt Kramer mit knurrigem Unterton, musste er in jungen Jahren zur Berufsausbildung genug. Nun kommt das Private, die Familie, die Enkelkinder.

Seinen Ruhestand hat er sich mit Jahrzehnten im Dienst der Seefahrt verdient. Die Zukunft seines Berufsstandes treibt ihn um, der Mangel an Nachwuchs aus deutschen Seefahrtsschulen, an jungen Nautikern, die ihre Patente bis hin zum Kapitän ausfahren - und die nur auf diesem Weg später einmal Lotse zum Beispiel auf der Elbe werden können. Dass Hamburg seine eigene Seefahrtsschule vor einigen Jahren schloss, bedauert Kramer, gebürtig in Braunschweig, aufgewachsen in Bremen, sehr. Doch er scheidet nicht im Groll. Im Hafen-Klub an den Landungsbrücken wird ihn seine Mannschaft am Freitag gebührend verabschieden, mit vielen Gästen und dem modernsten Lotsen-Versetzboot der Welt. Die Anschaffung der "Explorer" war Kramers letztes großes Projekt im Dienst.