In Hamburg haben mehr als 1000 Stiftungen ihren Sitz, damit ist die Hansestadt Spitzenreiter bei den gemeinnützigen Organisationen.

Hamburg. Deutschlands wohl bekannteste Stiftung leidet unter dem Zinstief: Erstmals seit ihrer Gründung muss die Stiftung Warentest ein Geschäftsjahr mit Verlust abschließen. Der Grund sind nach eigenen Angaben die sehr niedrigen Zinsen am Kapitalmarkt. Doch die Berliner Produkttester sind keine Ausnahme. Auch andere der bekannten großen Stiftungen "melden erhebliche Einnahmeeinbußen", wie Hans Fleisch, Generalsekretär des Bundesverbands Deutscher Stiftungen, vor wenigen Tagen sagte.

In Hamburg haben mehr als 1000 Stiftungen ihren Sitz, damit ist die Hansestadt bundesweit der Spitzenreiter bei den gemeinnützigen Organisationen. Mit einer Dichte von 70 Stiftungen pro 100.000 Einwohner liegt Hamburg unter den Bundesländern weit vor Bremen (48). Die größten Hamburger Institutionen allerdings sind von den Auswirkungen der historisch niedrigen Zinsen bislang weitgehend verschont geblieben, weil ihr Vermögen nicht - wie dies sonst typisch ist - zum weit überwiegenden Teil in festverzinslichen Wertpapieren investiert ist.

"Bisher sind die Erträge aus unseren Anlagen nicht rückläufig", sagt Andreas Holz, Vorstand der Alfred Toepfer Stiftung. "Wir sind von dem Zinstief nicht so stark betroffen, weil weniger als die Hälfte unseres Anlagevermögens aus festverzinslichen Wertpapieren besteht." Dabei helfe der Umstand, dass das Hamburgische Stiftungsgesetz "erfreulich liberal" sei, erklärt Holz: "Es gibt wenig Einschränkungen für die Vermögensanlage."

Außerdem nenne die Satzung der Toepfer-Stiftung ausdrücklich Aktien als mögliche Anlageform: "Aktuell liegt unsere Aktienquote bei etwa acht Prozent. Bei der Auswahl der Papiere achten wir darauf, dass die Dividendenrendite auch in Zukunft voraussichtlich hoch bleibt." Im vergangenen Jahr hat sich der Aktienmarkt gut entwickelt - und Entsprechendes gilt für eine weitere Anlageklasse in der Bilanz: "Ungefähr ein Sechstel unseres Anlagevermögens besteht aus landwirtschaftlichen Flächen von etwa 1000 Hektar in Ostholstein, auf denen vor allem Weizen und Raps angebaut werden", so Holz. "Die Erträge daraus sind derzeit attraktiv und höher als vor zehn Jahren."

Außer auf Aktien und Agrarflächen setzt die Toepfer-Stiftung noch auf eine andere Form von Sachwerten. "Immobilien machen rund ein Drittel unseres Anlagevermögens aus", erklärt der Finanzfachmann. "Dabei handelt es sich überwiegend um Büroimmobilien in Hamburg, denn wir investieren nur in Märkte, die wir verstehen." Selbst bei den festverzinslichen Papiere seien die Erträge derzeit noch zufriedenstellend: "Schon vor längerer Zeit haben wir uns von Staatsanleihen und Pfandbriefen abgewandt und dafür stärker auf Unternehmensanleihen gesetzt. Etliche davon haben wir zu einer Zeit gekauft, als die Verzinsung noch sehr attraktiv war." Sollten die Zinsen jedoch noch drei Jahre oder länger so niedrig bleiben, werde es auch für die Toepfer-Stiftung schwieriger, die Erträge zu halten.

Ähnlich ist die Situation bei der Zeit-Stiftung Ebelin und Gerd Bucerius. "Wir haben schon vor zwei Jahren begonnen, Unternehmensanleihen zu kaufen. Damit ist auch der Zinsertrag noch nicht deutlich gesunken", sagt Finanzvorstand Michael Berndt. "Wir erwarten zwar, dass der Ertrag aus unseren Vermögensanlagen im Volumen von mehr als 790 Millionen Euro leicht zurückgeht, aber in vertretbarem Umfang." Schließlich seien 30 Prozent des Stiftungsvermögens in Aktien angelegt - "und für diesen Markt sind wir weiter zuversichtlich", so Berndt. "Vor allem gehen wir davon aus, dass die Dividenden auf einem ordentlichen Niveau bleiben." Etwa 13 Prozent des Vermögens sind in Immobilien investiert. Dabei handelt es sich um Spezialfonds mit Büro- und Einzelhandelsimmobilien sowie um zwei Direktanlagen in Hamburg: die Bucerius Law School und ein Studentenwohnheim.

Noch weniger berührt von der Zinsentwicklung ist die Körber-Stiftung, denn ihr Vermögen mit einem Buchwert von 510 Millionen Euro besteht zu 60 Prozent aus der 100-Prozent-Beteiligung an dem Hamburger Maschinenbaukonzern Körber. Daher hängen die Erträge der Stiftung vor allem von den Dividendenausschüttungen des Unternehmens ab.

Im Hinblick darauf sind die Perspektiven positiv: Im vergangenen Jahr hob Körber die Dividende von zuvor neun Millionen Euro auf 15,2 Millionen Euro für 2011 an - und 2012 war, wie aus Unternehmenskreisen verlautet, ein gutes Jahr.

"Wir sind in einer privilegierten Situation", sagt Christian Wriedt, Vorstandsvorsitzender der Körber-Stiftung. "Weil wir auf eine ausgesprochen auskömmliche Dividende zurückgreifen können, wächst unser Haushaltsvolumen weiter." Zwar sind aktuell noch etwa 130 Millionen Euro des Vermögens in festverzinslichen Wertpapieren mit schmaler Rendite angelegt, aber mehr als 100 Millionen Euro davon sollen schon in nächster Zeit in Immobilien investiert werden.

Gemessen am Vermögen von rund 1,3 Milliarden Euro ist die Joachim Herz Stiftung die größte Hamburgs, aber auch die mit Abstand verschwiegenste: Zu den Auswirkungen des Zinstiefs will man sich dort öffentlich nicht äußern. Sie dürften allerdings begrenzt sein, da zwei Drittel des Vermögens aus "unternehmerischen Beteiligungen" - hauptsächlich dem Anteil an dem Nivea-Hersteller Beiersdorf - bestehen. Jüngsten Angaben von Beiersdorf zufolge hat der Konzern den Umsatz im abgelaufenen Jahr um sieben Prozent gesteigert und die operative Gewinnmarge verbessert.