Berlin. Der europäische Pferdefleisch-Skandal weitet sich immer mehr aus: In Großbritannien wurden drei Männer wegen Betrugsverdachts festgenommen, zugleich gab es dort erste Hinweise auf Rückstände von Medikamenten in Pferdefleisch. Und auch in Deutschland sind immer mehr Bundesländer und Unternehmen betroffen.

Nach der Metro-Tochter Real entdeckte auch die Supermarktkette Edeka Pferdefleisch in Fertiggerichten, die nur Rind enthalten sollten. Im Tiefkühlprodukt "Gut & Günstig Lasagne Bolognese" seien in Stichproben zwischen einem und fünf Prozent Pferdefleisch gefunden worden, sagte ein Edeka-Sprecher in Hamburg. Zuvor hatte Real eine Tiefkühl-Lasagne der Eigenmarke "Tip" zurückgerufen, weil Pferdefleischanteile gefunden worden waren. Die Lasagne war bundesweit in allen 316 Real-Märkten verkauft worden.

Tests der britischen Lebensmittelaufsicht ergaben, dass Fleisch von mindestens drei mit dem Medikament Phenylbutazon gespritzten Pferden wahrscheinlich in den Handel geraten ist. Die geschlachteten Tiere wurden nach Frankreich exportiert. Das Mittel wird bei Pferden auch als Dopingmittel verwendet, bei Menschen kurzzeitig gegen Rheuma. Bei Schlachttieren darf es nicht angewendet werden. Der nordrhein-westfälische Verbraucherschutzminister Johannes Remmel (Grüne) wollte auch eine Gesundheitsgefahr für Verbraucher nicht ausschließen.

Im niedersächsischen Landkreis Verden wurden ein Kühlhaus geschlossen und die dort lagernden Produkte gesperrt. Eine Firma in Nordrhein-Westfalen, die auch vom französischen Pferdefleisch-Verarbeiter Comigel beliefert wird, habe Waren in diesem Kühlhaus gelagert, teilte das niedersächsische Landwirtschaftsministerium mit. Comigel steht im Verdacht, statt des deklarierten Rindfleisches Pferdefleisch geliefert zu haben. Verbraucherschutzministerin Ilse Aigner (CSU) forderte die Justizbehörden zu Ermittlungen auf. "Wir haben es offenbar mit einem bislang einmaligen Fall von Verbrauchertäuschung zu tun", sagte sie.

Um das Problem der Falschdeklaration in den Griff zu bekommen, schlug der EU-Gesundheitskommissar Tonio Borg verstärkte Gentests (siehe Kasten) bei Fleischwaren vor. Die ersten 2500 Gentests könnte es im März geben.

Der Bund Deutscher Kriminalbeamter sieht hinter dem Pferdefleisch-Skandal "mafiöse Strukturen". Der Vizevorsitzende Bernd Carstensen sagte der "Rheinischen Post", das Verschieben von Fleisch über mehrere Grenzen hinweg erfordere einen großen Aufwand. "Dies nährt den Verdacht, dass es sich um ein Geschäft der organisierten Kriminalität handelt."