Die Juristin Michaela Bagger ist neue Vize-Chefin der Hamburger Agentur für Arbeit. Die 43-Jährige spricht über ihre Ziele und Grundsätze.

Hamburg. Sie ist über eine Stellenanzeige zur Arbeitsagentur gekommen. Mitte 1997 sucht die Bundesagentur in Nürnberg Nachwuchskräfte, Akademiker, die rasch Führungsaufgaben übernehmen sollten. "Das fand ich spannend, weil ich schon immer gern Menschen führen wollte", erinnert sich Michaela Bagger. Zwar hat sie nach ihrem Referendariat als Personalreferentin bei der Vereins- und Westbank angefangen. Doch dort sieht die Juristin wenig Perspektiven. "Schließlich hatte ich keine Banklehre." Nach dem Einstieg in die Arbeitsverwaltung im Januar 1998 dagegen geht es für die heute 43-Jährige steil bergauf. Seit Anfang Januar ist Bagger, die in Buxtehude aufwuchs, stellvertretende Leiterin der Arbeitsagentur Hamburg und damit neue Stellvertreterin von Sönke Fock.

Der heutige Agenturchef, damals Personalchef für die Agenturen im Norden, ist es, der die damals 29-Jährige zu ihrer ersten Station schickt. In Stralsund wird sie Abteilungsleiterin für 50 Mitarbeiter, die junge Menschen bei der Berufswahl beraten. Eine Herausforderung. Denn die Chefin ist jung, stammt aus dem Westen, kennt daher die Region nicht und wird zunächst "argwöhnisch beäugt". Dazu kommt die Unsicherheit von Eltern und Jugendlichen, die fürchten, keine der wenigen Lehrstellen zu ergattern.

"Für die Agentur ging es damals darum, gemeinsam mit Bildungsträgern Angebote zu machen und unsere Fördermöglichkeiten einzusetzen", sagt Bagger. Sie selbst lernt, sich für ihre Mitarbeiter Zeit zu nehmen, auch wenn der eigene Schreibtisch voll ist. "Miteinander reden, zuhören, offen sein und in der Abteilung zu eigenen Entscheidungen ermutigen", wird zu ihrem Credo. Daran hält sie auf den nächsten Stationen fest. Für gut zwei Jahre geht Bagger nach Heide und befasst sich dort nun mit der Arbeitsvermittlung und den Zahlungen der Agentur. Es folgen neun Monate in Kiel. Befördert arbeitet sie an beiden Orten bereits als stellvertretende Direktorin.

Dann jedoch muss die Karriere zunächst zurückstehen. Bagger und ihr Ehemann Martin werden Eltern der heute achtjährigen Charlotte. Für die junge Mutter ist dabei von vornherein klar, dass sie ein Jahr zu Hause bleiben wird. "Geschadet hat das meiner Karriere nicht. Vielmehr hat die Agentur mir geholfen, Familie und Beruf zu vereinbaren. Ich konnte nach einem Jahr auf derselben Karrierestufe zunächst in Teilzeit wieder beginnen", sagt Bagger.

Was sie aus dieser Zeit mitnimmt, ist ihr hoher Respekt vor Alleinerziehenden. "Wir haben es erlebt, wie schwer es ist, als Berufstätige die Versorgung und die Fahrten zur Krippe und zum Kindergarten zu organisieren", erinnert sie sich. "Aber ich konnte mir die Aufgaben mit meinem Mann teilen."

Letzte Station vor dem Wechsel nach Hamburg wird Elmshorn, eine der größten Arbeitsagenturen in Schleswig-Holstein. Auch dort ist Bagger wieder stellvertretende Chefin. Mit einem Unterschied: In der Stadt mit knapp 50.000 Einwohnern vertritt sie für sieben Monate bis Juni 2012 den Vorsitzenden der Geschäftsführung. Jetzt muss sie allein entscheiden, jetzt werden ihre Ergebnisse bei der Vermittlung von Arbeitslosen, ihre Vergabe von Fördermitteln direkt beurteilt. Und sie ist auch für die Kontakte nach außen, zu Politikern, Interessenvertretern und Arbeitgebern zuständig. "Es war eine neue Erfahrung, aber sie hat mir gut gefallen", sagt sie. Das Selbstvertrauen fußt dabei auch darauf, dass ihr Arbeitgeber ihr bereits bestätigt hat, dass sie auch für die Leitung einer Agentur infrage kommt.

Frauen in Führungspositionen sind bei der Bundesagentur kein Einzelfall. So ist ihr Anteil unter allen Führungskräften seit 2009 von 41,3 auf 44,9 Prozent gestiegen. Von den bundesweit zehn Regionaldirektionen werden fünf von einer Frau geführt. Allerdings sind bei den 330 Top-Positionen von Geschäftsführern und Vorständen in Nürnberg bislang nur 97 an Frauen vergeben, obwohl mehr als die Hälfte der Gesamtbelegschaft von rund 100.000 Beschäftigten weiblich ist.

Besondere Unterschiede für eine Karriere bei der Bundesanstalt sieht Bagger bei Männern und Frauen nicht. "Man muss klare Vorstellungen davon haben, wohin es gehen soll, und man muss die eigenen Stärken kennen und nutzen", sagt sie. Aber der Aufstieg gelinge auch nicht ohne Hilfe. Dazu gehören für Bagger Freunde und Nachbarn, die eingreifen können, wenn Kinder betreut oder die Wohnung versorgt werden muss. Für Frauen und Mütter gehörten dazu aber auch Chefs, die das Thema der Vereinbarkeit von Familie und Beruf ernst nehmen. "Denn es betrifft immer noch vor allem Frauen."

In Hamburg muss Bagger sich nun zunächst neu orientieren. "Es ist spannend und gut, hier zu sein", sagt sie über ihre ersten Tage. Interessant findet sie die Kooperationen der Agentur mit der Wirtschaft und den Kammern bei Ausbildung und Vermittlung von Arbeitslosen sowie mit der Stadt bei der Jugendberufsagentur. Sie lässt aber auch keinen Zweifel daran, dass sie künftig den Vorsitz einer Agentur-Geschäftsführung übernehmen will. Die einzige Einschränkung dafür hat sie sich selbst auferlegt. "Ich muss jeden Tag von meinem Arbeitsplatz nach Pinneberg - also nach Hause - pendeln können."

Diese Bedingung ist in Hamburg derzeit so gut erfüllt wie noch an keinem ihrer Einsatzorte. Ganz in der Nähe der Agentur arbeitet auch Ehemann Christian, der in der Innenstadt als Goldschmied ein Geschäft betreibt. "Im Garten unseres Reihenhauses", sagt Bagger, "kann ich am besten abschalten. Vor allem, wenn ich mit beiden Armen tief in der Erde buddeln kann."