Die “Marco Polo“, das weltweit größte Containerschiff, kommt nächste Woche nach Hamburg. Senator Horch besuchte das Simulationszentrum.

Hamburg. Langsam schiebt sich der Megaliner am Blankeneser Ufer vorbei. Der Wind weht mit drei Knoten (fünfeinhalb Kilometern in der Stunde) aus Südwest. Das Hochwasser der Elbe steht kurz vor seinem Scheitelpunkt, ein halber Knoten Fließgeschwindigkeit. Volle Konzentration auf der Brücke. Der Kapitän, sein Rudergänger und der Hafenlotse haben alle Hände voll zu tun. Denn jetzt geht es darum, den knapp 400 Meter langen und mehr als 53 Meter breiten schwimmenden Koloss sauber in den Hamburger Hafen zu bringen. Die "Marco Polo" der französischen Reederei CMA/CGM ist das derzeit weltweit größte Containerschiff. Sie kann bis zu 16 000 Standardcontainer aufnehmen und bewegt sich nun das erste Mal die Elbe hinauf.

Plötzlich ein Krachen. Der Riese läuft aus dem Ruder. Er neigt sich leicht zur Seite und blockiert das Fahrwasser. Betretene Mienen bei allen an Bord. "Dir ist soeben der Steuerbordschlepper gegen den Steven geknallt", sagt jemand aus dem Hintergrund und fängt an zu lachen. Da können auch Lotse und Kapitän nicht anders und prusten los.

Sie haben das Schiff mit seinem 110 000 PS starken Motor nicht wirklich geschrottet. Und die Brücke, auf der sie stehen, hängt nicht 30 Meter über dem Wasser, sondern steht auf festem Boden in Stellingen an der Schnackenburgallee. Hier, einen Weitschuss vom HSV-Stadion entfernt, befindet sich das Hamburger Marine Training Center (MTC), eine Ausbildungseinrichtung für Seeoffiziere und Lotsen. Herzstück ist ein hochleistungsfähiger Schiffssimulator in einer runden Kammer, der Besuchern einen 360-Grad-Blick von der Brücke des Riesenschiffs erlaubt.

Die echte "Marco Polo" befindet sich derzeit auf ihrer Jungfernfahrt im Mittelmeer westlich von Sizilien. In der Nacht zum Donnerstag kommender Woche hat sich das Containerschiff für Hamburg angemeldet. In Stellingen wird seine Ankunft aber seit einem Jahr vorbereitet. Denn die anspruchsvolle Revierfahrt in den Hafen und die Tiefgangsbeschränkungen wegen der fehlenden Elbvertiefung machen intensive Vorplanungen notwendig.

"Unter den derzeit erschwerten Bedingungen ist der Anlauf eines solchen Schiffs nur mit sorgfältiger Vorbereitung möglich, sagte Heinz Kuhlmann, Leiter des MTC, gestern bei einem Besuch von Wirtschaftssenator Frank Horch (parteilos). Bundesbehörden, Oberhafenamt und Lotsenbrüder arbeiteten eng zusammen, um den sicheren Einlauf der "Marco Polo" dann möglich zu machen.

"Wir bekommen das Schiff heil rein und raus", sagte Hamburgs Hafenkapitän Jörg Pollmann. "Aber nur unter starken Einschränkungen." So dürfe der maximale Tiefgang des Schiffs beim Auslaufen nur 12,60 Meter betragen. Im voll beladenen Zustand hat das Schiff aber einen Tiefgang von 16 Metern. "Es werden also eine Reihe von Containern an der Kaikante stehen bleiben müssen", so Pollmann.

Auch das Zeitfenster für die An- und Anlegemanöver im Hafen ist sehr begrenzt, wie Tim Grandorff, 1. Ältermann der Hamburger Lotsenbrüder, ergänzte: "Wegen des Tiefgangs bleiben uns für das Anlegen eine halbe Stunde vor dem Hochwasser bis zu zwei Stunden danach." In diesem Zeitraum muss die "Marco Polo" gedreht und von mindestens zwei Schleppern an den Burchardkai gezogen werden. Bei Wind ab Stärke fünf von vier Schleppern. "Und ab Windstärke sechs geht gar nichts mehr. Dann kann das Schiff nicht kommen", sagte Grandorff.

Das will Wirtschaftssenator Horch nicht hoffen. Für ihn ist der Anlauf der "Marco Polo" nicht zuletzt ein Symbol für Hamburgs Wirtschaftskraft. Trotz des vorläufigen Stopps der Elbvertiefung durch das Bundesverwaltungsgericht will die französische Reederei CMA CGM ihr größtes Schiff nach Hamburg bringen. "Das geht aber nur, weil alle mit anpacken."