Gesundheitsbranche boomt. Zuwanderer werden fortgebildet. Insgesamt stagniert die Zahl der Arbeitslosen in der Stadt bei rund 68.400.

Hamburg. Polen, Weißrussland, Marokko. Aus diesen Ländern kommen Monika Mohr, Maryia Balschun und Lahbib Bouzayyane, die seit Jahren in Deutschland leben. Sie sind ausgebildete Krankenschwestern und Pfleger mit Abitur, mehreren Jahren Berufserfahrung und sie haben Weiterbildungen. Dennoch konnten sie lange nicht in ihrem Beruf in Hamburg arbeiten, weil ihre Ausbildung in Deutschland nicht anerkannt wurde. Jetzt jedoch haben alle drei eine feste Anstellung. "Die Asklepios-Klinik in Altona hatte gleich mehrere Stellen zu besetzen", sagt Monika Mohr, die seit dem 1. Oktober in der Unfallchirurgie arbeitet. "Die wollten mich so rasch wie möglich einstellen."

Die Wende für die qualifizierten Fachleute brachte ein Vorbereitungskurs beim Bildungsträger maxQ, der zum Berufsfortbildungswerk des Deutschen Gewerkschaftsbundes (DGB) gehört. Jeweils über fünf Monate wurden seit 2008 insgesamt 146 Migranten für die Anerkennungsprüfung in ihren Berufen fit gemacht. "So gut wie alle haben die Prüfung bestanden und sind inzwischen fest angestellt", sagt die Hamburger Schulleiterin von maxQ, Birgit Schmidt. "Damit müssen diese gesuchten Fachleute nun nicht mehr als schlecht bezahlte Helfer oder Reinigungskräfte arbeiten - eine Verschwendung von Qualifikationen, die in ihren erlernten Berufen gesucht sind."

Keine Frage: Der Gesundheitsbereich gehört neben den von Unternehmen nachgefragten Dienstleistungen wie etwa der Beratung zu den Boombranchen am Hamburger Arbeitsmarkt. So stieg dort zwischen dem Jahr 2000 und 2011 die Zahl der Arbeitsplätze in der Hansestadt von 58 850 auf 71 950. Mehr als 2300 der derzeit 16 900 offenen Stellen in Hamburg kommen aus dem Gesundheits- und Sozialbereich. Die hohe Nachfrage ist dabei vor allem eine Folge der alternden Gesellschaft, die immer mehr auf Pflege und medizinische Hilfe angewiesen ist. "Die Gesundheitswirtschaft betrachte ich als Leit- und Zukunftsbranche, die für eine kontinuierlich steigende Beschäftigung steht", sagt Hamburgs Arbeitsagenturchef Sönke Fock. Allerdings gebe es bei den Mitarbeitern noch immer einen Engpass. "Wenn sich Bewerber dafür qualifizieren, werden sie auch eingestellt", ist Fock überzeugt.

Obwohl sich die Konjunktur derzeit abschwächt, ist der Chef der Agentur mit der Lage am Hamburg Arbeitsmarkt zufrieden. Schon im September lag die Zahl der Arbeitslosen unter der Marke von 70 000. Dieser Trend hielt auch im Oktober mit 68 433 Arbeitslosen an, dem besten Ergebnis für einen Oktober seit 1993. Die Quote blieb mit einem Plus von gerade zwei Arbeitslosen gegenüber dem September mit 7,2 Prozent konstant. Dazu kommt: Im August - aktuellere Zahlen liegen hier nicht vor - waren in Hamburg 866 800 Menschen beschäftigt - 18 500 mehr als noch vor Jahresfrist.

Allerdings ist es derzeit komplizierter, Menschen in neue Jobs zu vermitteln, weiß Fock. Daher sei die Zahl der Erwerbslosen nicht weiter gesunken. "Die Firmen halten ihre Belegschaften, aber es wird schwerer, die Arbeitslosigkeit zu beenden", sagt der Arbeitsagenturchef. Der Hintergrund: Von allen in Hamburg gemeldeten Arbeitslosen hat mehr als die Hälfte keine Berufsausbildung abgeschlossen. Zwar ist - wie sich auch im Gesundheitsbereich zeigt - die Nachfrage nach Fachkräften hoch. Doch dabei greifen die Firmen eher auf Bewerber aus den Nachbarländern wie Niedersachsen und Schleswig-Holstein oder auf Menschen zurück, die etwa während der Erziehung ihrer Kinder gar nicht mehr bei der Agentur gemeldet waren. Immerhin: Langzeitarbeitlose, die von der Teamarbeit Hamburg betreut werden, konnten zuletzt wieder verstärkt vermittelt werden. "Wir profitieren dabei von den vor Monaten eingeleiteten Bildungsmaßnahmen, durch die die Menschen neue Kenntnisse erworben haben", sagt Fock.

In den kommenden Monaten wird die Zahl der Menschen ohne Job nun aber mit großer Wahrscheinlichkeit allein durch den einsetzenden Winter wieder steigen. Bisher habe sich die schwächere Konjunktur aber nur wenig ausgewirkt, sodass die Zahl der Arbeitslosen auch im November noch unter der Schwelle von 70 000 bleiben könnte, so Fock. Im Dezember und Januar werde dies aber nicht der Fall sein.

Auch bei der Hamburger Arbeitsagentur werden künftig Stellen wegfallen. Hintergrund sind hier die Sparmaßnahmen der Bundesagentur, bei der bis 2015 rund 17 000 der knapp 100 000 Stellen gestrichen werden sollen. "Es geht in Hamburg aber allenfalls um 80 Arbeitsplätze von knapp 1000, die durch das Auslaufen befristeter Verträge, Fluktuation und nach dem altersbedingten Ausscheiden von Mitarbeitern wegfallen werden", so Fock. Zudem werde es weniger Ausbildungsplätze geben. Bei der Teamarbeit Hamburg, bei der 2250 Beschäftigte von der Stadt und der Agentur zusammenarbeiten, sind dagegen keine Kürzungen geplant. "Hier liegen wir schon derzeit mit rund 50 Arbeitsplätzen unter dem für diesen Bereich geltenden Personalschlüssel", sagt der Agenturchef.

Unterdessen plant der Bildungsträger maxQ bereits die nächsten Kurse für Migranten, die künftig im Gesundheitsbereich arbeiten wollen. Von Januar und von Ende März an werden sie auf die Prüfungen für Gesundheits- und Krankenpfleger vorbereitet. Maryia Balschun will aber noch mehr. Bis Dezember 2013 wird sie sich in 800 Stunden neben ihrer Arbeit beim Pflegedienst Lorina zur leitenden Pflegefachkraft ausbilden lassen. Den Kurs zahlt ihr Chef. Ihre Qualifikation ist ihm insgesamt 4500 Euro wert.