Deutsche lassen sich Qualität mehr kosten. Supermärkte luxuriöser, Discounter verlieren

Hamburg. Tomatensuppe aus der Tüte, Butter vom Discounter und das Fleisch zum Schnäppchenpreis: Die Deutschen genießen europaweit nicht gerade den besten Ruf, wenn es um den Einkauf von Lebensmitteln geht. Doch laut einer aktuellen Studie beginnt sich diese traditionelle Knauserigkeit langsam zu wandeln. Die Qualität wird für Verbraucher wichtiger als der Preis. In Hamburg werden Supermärkte luxuriöser, und die einst starken Billigketten verlieren an Boden.

Rund ein Viertel aller Deutschen ist laut einer Untersuchung des Nahrungsmittelkonzerns Nestlé mittlerweile der Gruppe der sogenannten Qualitätsesser zuzuordnen, die neben einem guten Geschmack und hoher Sicherheit auch auf ökologische Aspekte wie artgerechte Tierhaltung achtet. Mehrheitlich weiblich, über 30 Jahre, gebildet und eher wohlhabend ist diese Gruppe, die gern auch auf dem Wochenmarkt und in Hofläden einkauft.

Insgesamt ist eine hohe Qualität von Obst, Gemüse oder Getränken für 58 Prozent der Deutschen mittlerweile wichtiger als ein besonders günstiger Preis (51 Prozent). "Lebensmittelqualität ist heute ein wesentlicher Bestandteil von Lebensqualität", sagt Renate Köcher vom Institut für Demoskopie in Allensbach, die die Untersuchung im Auftrag des Nahrungsmittelriesen durchführte.

In Hamburg befinden sich sowohl Bioketten als auch Delikatessenläden auf dem Vormarsch. So expandiert etwa der bayerische Ökogroßhändler Dennree mit seiner Kette denn's Biomarkt und hat die Zahl seiner Märkte binnen eines Jahres auf sechs verdoppelt.

Auch das Delikatessengeschäft Mutterland, das auf regionale und selbst gemachte Produkte wie Schokolade, Marmelade oder Nudeln spezialisiert ist, hat in diesem Jahr schon das dritte Geschäft in der Hansestadt eröffnet. "Wir haben bundesweit Anfragen von 150 potenziellen Franchisenehmern", sagt Chef Jan Schawe.

Große Supermarktketten wie Edeka bemühen sich auf der anderen Seite, Obst, Gemüse oder Getränke aufwendiger als früher in Szene zu setzen. So nimmt ein Markt in der HafenCity mit alten Kaffeesäcken und Auslagen in Schiffsform maritime Motive auf. In St. Georg wird der Hamburger Konzern im kommenden Frühjahr einen Markt mit einem integrierten historischen Kolonialwarenladen eröffnen. Und die alte Rindermarkthalle auf St. Pauli will Edeka zu einer Einkaufswelt mit einzelnen Ständen nach südländischem Vorbild umbauen.

Den Kunden gefallen diese Investitionen offenbar. Im vergangenen Jahr konnten die großen Supermärkte, die sogenannten Vollsortimenter, deutlich stärker zulegen als der gesamte Markt. Die einst erfolgsverwöhnten Discounter büßten nach Berechnungen der Marktforschungsgesellschaft TradeDimensions hingegen mit minus 0,3 Prozent leicht Marktanteile ein.

Vor diesem Hintergrund beginnen sich nun auch die Billigketten zu wandeln. So investiert Aldi einen hohen Millionenbetrag in die Modernisierung der Filialen und nimmt mehr Spezialitäten und Marken ins Sortiment.