Aufsichtsratsboss Kopper soll mit Führung der HSH Nordbank nicht mehr zufrieden gewesen sein. Oesterreich soll neuer Chef werden.

Hamburg. Auch wenn sich die HSH Nordbank immer wieder alle Mühe gibt, sich nach den Turbulenzen früherer Jahre als neue Bank darzustellen, die mit ihrer Vergangenheit abgeschlossen habe, zeigt sie beim erneuten Wechsel an der Spitze Kontinuität: Wie seine beiden Vorgänger Hans Berger im November 2008 und Dirk Jens Nonnenmacher im März 2011 geht HSH-Chef Paul Lerbinger vorzeitig - und offenbar nicht allein aus eigenem Antrieb.

Das legt schon die Mitteilung des Aufsichtsrats nahe. Lerbinger sei "mit dem Aufsichtsratsvorsitzenden, Hilmar Kopper, übereingekommen, dass er seine Tätigkeit für die Bank Ende Oktober 2012 beendet", heißt es da. Dem Kontrollgremium werde vorgeschlagen, in der Sitzung am 24. Oktober den bisherigen Finanzvorstand Constantin von Oesterreich zum neuen HSH-Chef zu bestellen. Das Ausscheiden von Lerbinger "in dieser für die Bank schwierigen Phase ihrer Umstrukturierung ist bedauerlich", wird Kopper zitiert. Lerbinger gebühre "hoher Dank für die geleistete Arbeit und den unermüdlichen Einsatz unter sehr anspruchsvollen Rahmenbedingungen."

Doch mit diesen Rahmenbedingungen ist Lerbinger wohl nach Auffassung des Aufsichtsratsvorsitzenden - der ihn vor eineinhalb Jahren geholt hatte - nicht gut genug zurechtgekommen. Im Schiffskreditportfolio der Bank von zuletzt mehr als 30 Milliarden Euro lauern angesichts der Branchenkrise immense Ausfallpotenziale, eine deutlich erhöhte Risikovorsorge hat das Institut im zweiten Quartal 2012 in die roten Zahlen zurückfallen lassen. Vor diesem Hintergrund und wegen der neuen Unsicherheit am Finanzmarkt wollte Kopper einen ausgewiesenen Fachmann für die Risikokontrolle an der HSH-Spitze, heißt es in Finanzkreisen. Lerbinger, der in seiner Laufbahn unter anderem für JP Morgan, die Deutsche Bank und die Citigroup gearbeitet hatte, war geholt worden, um das EU-Verfahren wegen der in der Finanzkrise erhaltenen Staatshilfen abzuschließen und um die Bank neu aufzustellen. Sowohl die Umsetzung der EU-Auflagen, die mit erheblichem Stellenabbau einhergehen, als auch die Etablierung des neuen Geschäftsmodells als "Bank für Unternehmer" sind auf den Weg gebracht. Für den Abbau der Altlasten und die Betreuung des kriselnden Schifffahrtsportfolios sei der Finanz- und Restrukturierungsexperte Constantin von Oesterreich nun der richtige Mann, heißt es.

Über die offizielle Mitteilung des Aufsichtsrats hinaus gab es von der Landesbank keine Stellungnahme zu dem Vorgang. "Über die Gründe des Wechsels wurde zwischen den Beteiligten Stillschweigen vereinbart", sagte ein HSH-Sprecher.

Politischer Druck war zwar nicht im Spiel. In der gemeinsamen Mitteilung von Finanzsenator Peter Tschentscher (SPD) und Schleswig-Holsteins Finanzministerin Monika Heinold (Bündnis 90/Die Grünen) klingt allerdings wenig Bedauern durch. "Eine erfolgreiche Restrukturierung erfordert einen handlungs- und durchsetzungsfähigen Vorstand, der für Stetigkeit und Stabilität bei der Etablierung des neuen Geschäftsmodells sorgt", heißt es darin. Ein Dank an Lerbinger fehlt hier.

Fest steht, dass sein Nachfolger, der nach einer Karriere bei der Deutschen Bank im November 2009 zur HSH kam, keine leichte Aufgabe haben wird. So rechnet die Bank nicht mit einem baldigen Ende der Schifffahrtskrise: "Wir erwarten den Tiefpunkt erst in den kommenden zwölf bis 18 Monaten", hatte Lerbinger Ende August gesagt. Gleichzeitig kündigte er an, zusätzliche Maßnahmen zu prüfen, um das Risikopotenzial zu senken und dauerhaft angemessene Kapitalquoten zu sichern.

Die Rating-Agentur Moody's äußerte kürzlich Zweifel, ob die Landesbank in der Lage sein werde, ihr Geschäftsmodell wie von der EU verlangt bis 2014 umzubauen, und drohte mit einer Herabstufung der Bonitätsnote. Angesichts dieser Herausforderungen wertet Anja Hajduk, finanzpolitische Sprecherin der Grünen-Bürgerschaftsfraktion, den Abgang von Lerbinger als "sehr unangenehme Überraschung". Der Vorstandschef werde zu einem "denkbar schwierigen Zeitpunkt" ausgewechselt, so Hajduk. Der plötzliche Abschied von Lerbinger offenbare "das ganze Risiko einer möglichen finanziellen Schieflage bei der HSH Nordbank", sagte die Vorsitzende der FDP-Bürgerschaftsfraktion, Katja Suding: "Der Bürgermeister wird jetzt erklären müssen, wie der plötzliche Austausch des Vorstandsvorsitzenden durch ein anderes Vorstandsmitglied die Zukunft der HSH Nordbank sichern soll."