Hamburger Kammern erkennen immer mehr Berufsabschlüsse aus anderen Ländern an

Hamburg. Roberto Gonzalez hat einiges einstecken müssen in den vergangenen vier Jahren. Eigentlich war der gebürtige Spanier im Jahr 2009 nach Hamburg gekommen, um endlich wieder in seinem erlernten Beruf als Elektroniker für Automatisierungstechnik arbeiten zu können. "In meiner Heimatstadt Madrid war es schon damals, zu Beginn der internationalen Finanzkrise, schwierig, einen Job zu finden", sagt der heute 31-Jährige. Die Bundesrepublik erschien ihm hingegen als das gelobte Land für Menschen mit einem technischen Beruf. Mehrmals in der Woche büffelte er Deutsch, um seine Chancen im Norden zu verbessern.

Doch aus den Träumen des kräftigen, durchtrainierten Mannes wurde zunächst einmal nichts. Weil sein ausländischer Abschluss hier nicht anerkannt wurde, musste sich der Spanier als Lagerarbeiter bei einem großen Paketzusteller durchschlagen - für gerade einmal 1000 Euro brutto im Monat. Bis heute lebt er in einem winzigen WG-Zimmer in Altona. "Mehr kann ich mir von meinem Gehalt nicht leisten", sagt Gonzalez.

Nun aber könnte sich die Lage des Elektronikfachmanns deutlich verbessern. Seit einigen Wochen hat Gonzalez nämlich doch noch die Anerkennung seines Abschlusses als Elektroniker in der Tasche. "Damit wird es für mich viel einfacher, einen gut bezahlten Arbeitsplatz zu finden", ist der Spanier überzeugt.

Möglich macht dies eine Gesetzesänderung, die im April dieses Jahr in Kraft getreten ist. Danach genießen Menschen, die im Ausland eine Ausbildung gemacht oder studiert haben, ein Recht darauf, dass die Anerkennung ihres Abschlusses geprüft wird. Im Vergleich zu früheren Regelungen gilt dies auch unabhängig von ihrer Nationalität oder ihrem Aufenthaltsstatus. Zudem wird in dem Verfahren nicht nur auf den Abschluss geschaut, sondern es wird auch die Berufspraxis der Bewerber in die Bewertung mit einbezogen. Auf diese Weise will die Bundesregierung den Fachkräftemangel in Deutschland bekämpfen. Von der Gesetzesänderung könnten rund 300 000 Menschen profitieren, 6000 davon in Hamburg.

Von diesen theoretischen Zielgrößen sind die zuständigen Stellen sowohl auf Bundes- als auch auf Landesebene allerdings noch weit entfernt. Roberto Gonzalez ist einer der ersten Hamburger Antragsteller, dessen ausländische Ausbildung jetzt über die Handelskammer anerkannt wurde. Insgesamt sind bei der zentralen, bundesweiten Anlaufstelle IHK FOSA (Foreign Skills Approval) mittlerweile gut 1000 Anträge gestellt worden, von denen 140 ganz oder zumindest teilweise positiv beschieden wurden. Die meisten Anträge kamen dabei von Arbeitnehmern, die ursprünglich aus Polen, der Türkei oder aus Russland stammen.

Auch Mehmet Gezici, 46, hat sich seinen türkischen Abschluss als Elektroniker für Betriebstechnik von der Handelskammer jetzt anerkennen lassen. "Dadurch fühle ich mich stärker und besser akzeptiert", sagt der Fachmann, der lange Zeit bei Philips in Hamburg arbeitete und nun eine Stelle in einem anderen Industriebetrieb, etwa in der Autobranche sucht.

"Die Chancen für ausländische Bewerber mit den passenden Abschlüssen sind generell gut, da die Unternehmen in vielen Branchen ihr Personal aufstocken möchten", sagt Thomas Schierbecker von der Hamburger Handelskammer. Besonders großen Bedarf gebe es derzeit in der Industrie, in der Gastronomie, aber auch in der boomenden IT-Branche.

Während die Handelskammer Bewerber in der Hansestadt zunächst berät und ihre Anträge dann bei Bedarf an die zentrale Anlaufstelle in Nürnberg weiterleitet, entscheidet die Handwerkskammer alle Anträge direkt vor Ort. Ratsuchende aus rund 50 Ländern haben sich bei der Dachorganisation der Meister und Gesellen bislang gemeldet, wobei ausländische Friseure, Kfz-Mechaniker und Metallverarbeiter am häufigsten vertreten waren. Nach rund 200 Beratungsgesprächen stellten 31 Interessenten konkrete Anträge. 20 von ihnen haben mittlerweile die komplette oder teilweise Anerkennung ihrer Abschlüsse in der Tasche.

Bewerbern, denen bestimmte Qualifikationen zur Anerkennung fehlen, bietet die Handwerkskammer die Möglichkeit, diese im Rahmen von Lehrgängen an der Weiterbildungsakademie Elbcampus nachzuholen. Zu diesem Zweck haben Kammer und Senat das Projekt "Anpassungsqualifizierung im Handwerk" gestartet, das von der Stadt und vom Europäischen Sozialfonds mit 1,25 Millionen Euro unterstützt wird.

Der teils hohe Aufwand, einen ausländischen Berufsabschluss anerkennen zu lassen, lohnt sich für viele betroffene Arbeitnehmer, da sie mit einem deutlich höheren Gehalt rechnen können. So verdient etwa ein Metallbauer aus Kasachstan nun rund 200 Euro mehr in seinem Job als Hausmeister, da er nach der Anerkennung in einen höheren Tarif eingruppiert wurde.

Auf so eine Gehaltsverbesserung hofft auch Roberto Gonzalez, wenn er einen neuen Job als Elektroniker findet. Vor allem aber möchte er in einem Industriebetrieb arbeiten, "in dem ich viel dazulernen und meine Kenntnisse verbessern kann", sagt er. "Ein Traum wäre es, wenn mich der Flugzeugbauer Airbus einstellen würde."