TUI und Thomas Cook verlangen bis zu 50 Euro mehr je Ticket - dabei ist die neue Luftverkehrssteuer noch gar nicht rechtskräftig.

Hamburg. Normalerweise gibt es bei Preiserhöhungen einen Gewinner: den Anbieter. Doch bei der aktuellen Welle der Verteuerung von Flugtickets und Pauschalreisen ist das anders. Denn Ursache dafür ist die neue, von der Bundesregierung beschlossene Luftverkehrssteuer - und sie sorgt in der Branche für erheblichen Unmut.

So muss die Abgabe laut Kabinettsentscheidung schon seit dem 1. September bei Buchung von Flügen für das kommende Jahr erhoben werden, doch bei der Umsetzung des Beschlusses gibt es noch erhebliche Unklarheiten. "Das ist ein Chaos", sagt Stephan Busch, Präsident der Allianz selbstständiger Reiseunternehmen (asr), dem Abendblatt. "Der Verbraucher wird es nicht verstehen."

So stelle sich der Branche die Frage, wie man mit einem Gesetz umgehe, das noch gar nicht rechtskräftig ist: In den Lesungen im Bundestag kann sich die Höhe der Steuer theoretisch noch ändern, bei der Abstimmung im Bundesrat voraussichtlich im November könnte die Regelung sogar vollständig gekippt werden.

Branchenriese TUI schiebt den Reisebüros den Schwarzen Peter zu

Von einer "verfahrenen Situation" spricht daher auch Torsten Schäfer vom Deutschen ReiseVerband (DRV). Sollte das Gesetz nicht wie vorgesehen durchkommen, wären Rückerstattungen an die Kunden die Folge. Einige Branchengrößen haben allerdings schon Fakten geschaffen. So erhebt Europas führender Reiseveranstalter TUI, wie das Unternehmen gestern mitteilte, sogar höhere Zuschläge als im die im Gesetzentwurf genannten Sätze: Je nach Länge des Fluges verlangt TUI zehn Euro, 28 Euro oder 50 Euro.

Nach den Regierungsplänen sollen bei Inlandsflügen und europäischen Kurzstrecken acht Euro, bei Mittelstreckenzielen 25 Euro und für Fernreisen 45 Euro zusätzlich an den Fiskus abgeführt werden.

"Ich kann die Entscheidung der TUI, noch über diese Sätze hinauszugehen, nicht nachvollziehen", sagt Busch. Doch TUI-Sprecher Mario Köpers schiebt den Reisebüros den Schwarzen Peter zu: "Erhöhen sich die Reisepreise durch die Steuer, dann steigen entsprechend auch die Provisionen, die wir an die Reisebüros zahlen", erklärt Köpers. "Diese Provisionen liegen in der Regel bei gut zehn Prozent. Verteuert sich ein Flug um 45 Euro, gehen auch 4,50 Euro mehr an die Reisebüros."

Hinzu komme erheblicher Verwaltungsaufwand im Unternehmen, um die Steuer in die Buchungsprogramme einzubauen: "Bis zu 150 Personen sind damit beschäftigt."

Auch Thomas Cook, die Nummer zwei des Marktes in Deutschland, hebt die Reisepreise stärker an als von der Regierung beschlossen - um neun Euro auf Kurzstrecken, sonst wie TUI. Dagegen haben die Rewe-Gruppe (ITS, Jahn Reisen und Tjaereborg) sowie Alltours noch nicht entschieden, in welcher Form die Ticketabgabe an die Kunden weitergegeben wird. "Es ist noch nicht einmal sicher, dass wir sie überhaupt weitergeben", sagt Alltours-Sprecherin Alexandra Hoffmann.

Fakten geschaffen hat allerdings auch die Lufthansa. Seit Sonnabend hat sich die Buchung von Flügen um die im Gesetzentwurf genannten Beträge verteuert - doch es gibt Ausnahmen: An den 99-Euro-Tickets will die Lufthansa festhalten. Ähnlich geht Ryanair vor. Eine Testbuchung des Abendblatts für einen Flug zum Preis von 12,99 Euro pro Strecke von Lübeck nach London im Februar 2011 zeigte, dass hier kein Zuschlag erhoben wird. Bei teureren, kurzfristiger gebuchten Flügen soll dies aber geschehen.

Je nach Buchungsweg unterschiedliche Preise bei Air Berlin

Verwirrend ist die Situation bei Air Berlin. Weil auf Antrag der Lufthansa die neue Abgabe für alle Flüge ab Deutschland in die großen Buchungssysteme eingestellt wurde, haben sich auch die darüber gekauften Tickets von Air Berlin verteuert, nicht aber die im Internet direkt auf deren Firmenseite gebuchten Flüge. Heute will das Unternehmen entscheiden, wie man mit dieser unhaltbaren Situation umgeht.