Das Hamburger Unternehmen United Experts hat einen Großteil seiner IT-Abteilung auf den Subkontinent ausgelagert. Dabei sind Experten knapp.

Hamburg. Während Hamburgs IT-Firmen händeringend Mitarbeiter suchen, kann sich Saadat Ahmad in seinem Büro in der Gertrudenstraße ruhig zurücklehnen. Denn das Unternehmen United Experts, das Ahmad mit Arne Stock als Geschäftsführer leitet, hat den Großteil seiner IT-Abteilung nach Indien ausgelagert. "Als wir merkten, wie schwierig es in Hamburg ist, gute IT-Mitarbeiter zu finden, hat uns Saadat Ahmad vorgeschlagen, es mal in Indien zu probieren", so Stock. Ahmad beherrscht die indische Sprache.

Die beiden Chefs haben dort gezielt Kontakt mit Firmen aufgenommen. In Neu-Delhi sind sie bereits 2007 fündig geworden, nachdem sie zuvor acht andere Unternehmen auf dem Subkontinent besucht haben. "Ohne Herrn Ahmads Kenntnisse der Sprache und der indischen Kultur hätten wir uns diesen Schritt nie zugetraut", so Stock. Kulturelle Probleme zwischen beiden Ländern gebe es bei United Experts nicht. Im Rotationsverfahren besuchen indische Mitarbeiter jeden Monat die Hamburger Zentrale und deutsche Beschäftigte das indische Büro.

Tatsächlich sind IT-Experten knapp. Bundesweit werden derzeit laut dem Branchenverband Bitkom 38.000 Fachkräfte in der Branche gesucht. Um den genauen Bedarf in Hamburg zu ermitteln, hat die Branchenorganisation hamburg@work eine Umfrage gestartet, deren Ergebnisse aber noch nicht vorliegen. Dennoch ist das Hamburger Unternehmen mit seiner Strategie noch eine Ausnahme. Zwar schätzen immer mehr Konzerne indische Programmierer, aber kleinere Firmen agieren bislang zögerlich, weil Indien weit weg ist. United Experts beschäftigt derzeit 58 von seinen 70 Mitarbeitern in dem Land. Nur die Geschäftsführung und einige Projektmanager arbeiten in Hamburg. "Wir wollen unser Personal kräftig aufstocken", sagt Stock. Bis Jahresende soll die Zahl der Mitarbeiter bei 100 liegen. Nicht nur in Indien, auch in der Hansestadt will die Firma einstellen. Aktuell werden acht IT-Experten und Projektverantwortliche gesucht.

"Der Trend zur Auslagerung der IT nach Indien oder andere Länder ist der naturgemäß starken Globalisierung der IT-Branche, aber genauso dem steigenden Wettbewerbsdruck geschuldet", sagt Christiane Benner, geschäftsführendes Vorstandsmitglied der IG Metall. Neben dem Verlust von Arbeitsplätzen in Deutschland sieht sie einen "Qualitätsverlust, der schlicht durch Kommunikationshürden entsteht".

Der Informatiker Ahmad hält dagegen: "Während wir in Indien manchmal 100 Bewerbungen auf eine Stellenausschreibung bekommen, können wir in Deutschland schon froh darüber sein, wenn sich vier Bewerber melden." Allerdings müsse man bei den indischen Experten vor der Einstellung noch genauer als bei den deutschen testen, ob sie die in der Bewerbung angegebenen Fähigkeiten haben.

United Experts ist eine Ausgründung von Portalis, einem Anbieter vertikaler Suchmaschinen. Unter diesem Begriff werden Suchmaschinen zusammengefasst, die - anders als etwa Google - nicht das gesamte Netz nach Begriffen durchsuchen, sondern auf Themengebiete wie Sport, Gesundheit oder auch Lifestyle fokussiert sind. Für Portalis programmiert United Experts unter anderem Suchmaschinen wie moebel.de, fashion.de oder mysport.de und optimiert sie ständig weiter. Im Jahr 2011 wurde United Experts ausgegliedert und Stock und Ahmad als Geschäftsführer ernannt. Inzwischen sind die beiden Manager sowie der weitere Chef Robert A. Kabs an United Experts beteiligt. Nach der Ausgliederung begann die Wachstumsphase. "Nach nur einem Jahr Selbstständigkeit machen wir bereits 25 Prozent unseres Umsatzes mit Fremdfirmen", sagt Stock. So hat United Experts für die Hamburger Aktiengesellschaft Supermarkt.de die Software für den vor einigen Wochen an den Start gegangenen gleichnamigen Onlinehändler entwickelt - mithilfe der indischen IT-Experten.

In Zukunft soll der Umsatz von United Experts, der derzeit im siebenstelligen Bereich liegt, weiter steigen durch Aufträge von Unternehmen, die nicht zur ursprünglichen Firmengruppe gehören. "Wir haben geringere Lohnkosten als manche Wettbewerber, weil das Gehaltsniveau in Indien niedriger ist", sagt Stock. So könne United Experts unter anderem Leistungen in den Bereichen Shoppingsysteme, Apps für Smartphones bis hin zum Komplettdienstleister 25 bis 50 Prozent günstiger anbieten als manche Wettbewerber. Zudem verleihen die Hamburger auch IT-Teams für die Durchführung von Projekten der Kunden oder anderer Dienstleister. Diese Teams sitzen dann in Neu-Delhi, wenn sie zum Beispiel für einen Mittelständler aus Hamburg einen neuen Internetkanal für den Online-Kauf einrichten. "Die räumliche Nähe zum Kunden spielt bei unserem Geschäft kaum noch eine Rolle", sagt Ahmad. Man sei Tag und Nacht online erreichbar.