Die Fluggesellschaft Etihad stockt ihren Anteil bei Air Berlin kräftig auf. Strategische Investoren ersetzen klassische Bankkredite.

Hamburg. Das Geschäft erscheint für beide Seiten vielversprechend: Die Fluggesellschaft Etihad aus dem arabischen Emirat Abu Dhabi erhöht ihre Beteiligung an Air Berlin von rund drei auf 29,21 Prozent. Deutschlands zweitgrößter Fluglinie fließen dadurch gut 73 Millionen Euro frisches Eigenkapital zu. Beide Unternehmen erhalten Zugang zum Liniennetz des anderen und können ihre Kosten durch die engere Kooperation senken. "Die strategische Partnerschaft mit Etihad eröffnet einzigartige Möglichkeiten für die Zukunft unseres Unternehmens", sagte Air-Berlin-Chef Hartmut Mehdorn gestern. Für Etihad sei es die erste Beteiligung an einer anderen Fluggesellschaft, so Etihad-Chef James Hogan. Das Unternehmen betreibt allerdings bereits mit 34 Fluglinien Kooperationen.

Air Berlin war durch den ehrgeizigen Wachstumskurs des Gründers und langjährigen Chefs Joachim Hunold in die Krise geraten. Die Fluglinie war in den vergangenen drei Jahren nicht profitabel und weist derzeit rund 600 Millionen Euro Schulden aus. Im September übernahm der frühere Bahnchef Hartmut Mehdorn von Hunold die Führung bei Air Berlin und begann mit der Sanierung. Die Aufstockung der Anteile durch Etihad verschafft ihm einen gewissen Spielraum. Zudem ergänzen sich die Streckennetze der beiden Gesellschaften in und rund um Europa herum fast ideal. Zusammengenommen befördern beide Fluglinien derzeit mit 233 Flugzeugen etwa 40 Millionen Passagiere im Jahr. Damit wächst der Konkurrenzdruck in Deutschland vor allem auf das größte deutsche Luftverkehrsunternehmen Lufthansa.

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Der Schritt von Etihad besitzt nicht nur für die Luftfahrtbranche Bedeutung. Die Aufstockung der Anteile zeigt das wachsende Gewicht ausländischer Direktinvestoren für deutsche Unternehmen. Gerade arabische Geldgeber sorgten durch Beteiligungen in Deutschland in den vergangenen Jahren für Aufsehen. Bei Volkswagen stieg das Emirat Katar seit 2009 mit derzeit rund 17 Prozent der Stammaktien zum drittgrößten Anteilseigner auf, der Stimmrechte ausüben kann. Seit 2010 hält Katar zudem zehn Prozent am Baukonzern Hochtief. Der Staatsfonds IPIC aus Abu Dhabi wiederum erwarb 2009 rund neun Prozent am Automobilkonzern Daimler, an dem auch das Emirat Kuwait mit 6,9 Prozent beteiligt ist.

In Hamburg ist die Präsenz arabischer Investoren bislang nicht so stark sichtbar. Verhandlungen über einen Verkauf der Werft Blohm + Voss von ThyssenKrupp an Abu Dhabi Mar aus den Vereinigten Arabischen Emiraten scheiterten im Sommer. Dafür beteiligte sich der Finanzinvestor Commodore Contracting aus Abu Dhabi Anfang Dezember mit 25 Prozent am Hamburger Handelshaus und Beteiligungsunternehmen MPC und damit indirekt am Industriedienstleister Ferrostaal. Diesen hatte MPC zuvor übernommen.

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Thomas Straubhaar, Direktor des Hamburgischen WeltwirtschaftsInsititut (HWWI), ist der Meinung, dass die ausländischen Direktinvestitionen in Deutschland zunehmen werden. Viele Unternehmen benötigten neues Kapital, dass sie angesichts der andauernden Finanzmarktkrise von Banken in Form von Krediten nicht mehr ausreichend bekommen können. Das begünstigt strategische Investoren. Deren Beteiligungen werden als Eigenkapital gewertet. Sie ersetzen teilweise das Fremdkapital, das sich die Unternehmen früher durch Kredite oder Anleihen am Finanzmarkt organisiert haben.

"Neu ist, dass die Investoren nicht nur vermögende Privatpersonen, sondern die Interessen reicher Staatsfonds vertreten", sagte Straubhaar dem Abendblatt. Der weltweit größte Staatsfonds, Abu Dhabi Investment Authority in den Vereinigten Arabischen Emiraten, verfüge über ein Vermögen von mehr als 600 Milliarden Dollar. Ebenso seien die Kassen staatlicher Einkäufer in China, Saudi-Arabien, Kuwait, Singapur, Russland und Katar gut gefüllt. "Übernahmen und Beteiligungen ausländischer Investoren werden in den nächsten Jahren als eine der Folgen der Finanzmarktkrise häufiger werden", sagte Straubhaar.

Das wird wohl auch für Hamburgs Wirtschaft bald wieder zum Thema. Im Jahr 2008 wollte der Staatsfonds Temasek aus Singapur über sein Tochterunternehmen NOL die Reederei Hapag-Lloyd übernehmen. Nun steht wieder ein großer Teil der Hapag-Lloyd-Anteile zum Verkauf. Und womöglich könnte ein Fonds zum Zug kommen.