Die Hamburger Biotechfirma Indivumed stockt die Zahl der Mitarbeiter in absehbarer Zeit von 15 auf 100 auf und baut ein Labor in den USA.

Hamburg. Zehn Jahre haben sie geforscht - und in einem Spezialgebiet der Medizin in der Fachwelt für viel Aufsehen gesorgt. Jetzt wollen Hartmut Juhl und Helge Bastian, Geschäftsführer des Hamburger Biotechnologieunternehmens Indivumed, ihre Ergebnisse Pharmafirmen und Instituten weltweit zur Verfügung stellen.

Indivumed hat ein standardisiertes Verfahren entwickelt, wie sich Gewebeproben - und damit für die Forschung wichtiges Datenmaterial von krebskranken Menschen - systematisch sammeln und auswerten lassen. "Wir bekommen die Proben direkt vom OP-Tisch und können durch unser System des Sammelns erreichen, dass sie im Urzustand bleiben, ihre Zellinformationen also nicht verändern", sagt Juhl. Das sei sehr wichtig. "Denn nur auf diese Weise können mit den Proben in der Forschung und in der Therapie vergleichbare Ergebnisse erzielt werden", betont der Wissenschaftler, der das von ihm und weiteren Partnern gegründete Unternehmen schon seit dem Jahr 2002 leitet.

Die Firma, an der unter anderem mehrere Hamburger Familien beteiligt sind, kann inzwischen auf mehr als eine Million Daten von 15 000 Patienten zurückgreifen und anhand des Gewebematerials prüfen, welche Therapie im speziellen Krankheitsverlauf am sinnvollsten ist. Am Ende soll das Hamburger Verfahren das Bestreben einer sogenannten personalisierten Medizin unterstützen. Im Klartext bedeutet dies, dass man dann anhand der Gewebeproben eines Patienten erkennen kann, wie der Krebs entstanden ist oder den weiteren Verlauf vorhersagen. Das Ergebnis könnten speziell auf den Patienten zugeschnittene Arzneimittel oder Kombinationen verschiedener Medikamente sein.

"Doch bis zur personalisierten Medizin ist es noch ein weiter Weg", dämpft Juhl zu hohe Erwartungen. Die Proben, mit denen Indivumed arbeitet, stammen zumeist aus Hamburger Krankenhäusern, aber auch aus Kliniken in den USA. "Wir sind weltweit das einzige Unternehmen, das die Proben direkt nach der Operation hoch standardisiert aufarbeitet", sagt Juhl. Auch dies trage dazu bei, dass die Proben nicht durch unkontrollierte Lagerung und den Kontakt mit anderen Stoffen verfremdet werden. "Inzwischen ist sogar das National Cancer Institute, also das amerikanische Krebsforschungszentrum, auf uns aufmerksam geworden", sagt Juhl. Auch Anfragen aus Japan habe es bereits gegeben.

Hamburger wollen auch mit Mittelständlern ins Geschäft kommen

Neben Instituten und Hochschulen nutzen auch die weltweit größten Pharmakonzerne das Know-how der Hamburger zur Diagnostik von Krankheiten und zu Entwicklung von Medikamenten. Der neue Geschäftsführer Helge Bastian sieht jedoch ein weit größeres Potenzial auf dem Markt. "Warum sollen wir nur mit den Großen der Branche und nicht auch mit mittelständischen Pharma- und Biotechfirmen zusammenarbeiten?", fragt er. Das Verfahren von Indivumed unterstütze Forscher, Diagnostiker und am Ende sogar die behandelnden Onkologen.

Bastian kommt aus der Biotechbranche, hat unter anderem den deutschen Branchenprimus Qiagen mitaufgebaut und danach in der Schweiz und in den USA gearbeitet. Indivumed hat heute 85 Beschäftigte. Wenn sich das Verfahren der Hamburger weiter international durchsetzen wird, kann sich Bastian mehrere Hundert Mitarbeiter bei Indivumed vorstellen. Denn der Bedarf nach einwandfreien Diagnosemöglichkeiten und noch mehr Forschung gegen den Krebs ist hoch.

Die ersten Erfolge können Bastian und Juhl bereits vermelden. Die Zahl der Mitarbeiter soll in absehbarer Zeit um 15 auf 100 steigen. In den USA errichtet die Indivumed-Tochter Inostics zudem derzeit ein Labor in Zusammenarbeiter mit der Johns Hopkins University. "Dort werden Analysen mithilfe des Bluts von Patienten gemacht. Auch in Hamburg werden die Laborkapazitäten und der diagnostische Bereich erweitert und so neue Stellen geschaffen", sagt Juhl.

Nachdem er sich in den vergangenen zehn Jahren vorwiegend auf die Forschung konzentriert hat, geht es jetzt um die Verbreitung seines Know-hows. Der Markt ist leider groß. Schließlich bekommt rein statistisch gesehen jeder zweite Mann und jede dritte Frau einmal im Leben Krebs.