Industriedienstleister mit 5000 Mitarbeitern wird von MPC mit 650 Beschäftigten übernommen. Kein großer Personalabbau geplant

Hamburg. Axel Schroeder lässt keinen Zweifel am Erfolg des neuen Zukaufs seines Handelshauses aufkommen. Nur wenige Stunden nachdem die Verträge unterschrieben waren, lud der Hamburger Kaufmann gestern Mittag mit seinen beiden Söhnen Axel, 46, und John Benjamin, 45, in den herrschaftlichen Firmensitz der MPC-Gruppe an der Palmaille zur Pressekonferenz mit Blick auf die Elbe, um den jüngsten Überraschungscoup zu verkünden.

Das Hamburger Unternehmen MPC Industries übernimmt den Essener Industriedienstleister Ferrostaal, der durch einen Schmiergeldskandal ins Trudeln geriet und jetzt von MAN wieder veräußert wurde.

Die Übernahme scheint den Schroeders ein persönliches Anliegen zu sein. Die Finanzierung "werde von der Familie gewuppt", die den Mehrheitsanteil an Ferrostaal übernehme. Und die Familie, das sind jene drei Herren Schroeder. Dazu komme ein strategischer Investor aus Abu Dhabi, dessen Name nicht genannt wurde, der aber einen "erheblichen Minderheitsanteil" halten werde.

Der Kaufpreis von bis zu 160 Millionen Euro enthalte einen festen und einen variablen Anteil, könne also je nach Geschäftsentwicklung von Ferrostaal auch geringer ausfallen. Zugleich erscheint die Summe als "Schnäppchen". Immerhin legte MAN für den Rückkauf des 70-Prozent-Anteils an Ferrostaal vom Staatsfonds IPIC aus Abu Dhabi rund 350 Millionen Euro auf den Tisch.

Die drei geschäftsführenden Gesellschafter der MPC-Gruppe versprechen sich von dem Zukauf eine "substanzielle Ergänzung" des eigenen Handelsdienstleistungsgeschäfts und sehen neue Chancen in den Feldern der Öl- und Gasförderung und der erneuerbaren Energien. "Ferrostaal ist ein ungewöhnlich kompetentes Unternehmen, das unter dem Streit seiner Gesellschafter gelitten hat", sagte der 69 Jahre alte Senior voller Überzeugung. "Doch die Kompetenz ist durch Streitereien nicht kaputt zu bekommen. Wir werden Ferrostaal mit Leben füllen. Schon 2012 wird Ferrostaal profitabel sein." Ziel sei es, Ferrostaal, die als Generalunternehmer Industrieanlagen projektieren, auf gesunde Beine zu stellen.

Angestrebt werden auch Synergien mit den eigenen Geschäften. Dennoch versichert Axel Schroeder: "Wir planen keine drastische Personalverkleinerung." Ferrostaal bleibe Ferrostaal, der Hauptsitz Essen. MPC sei aber davon überzeugt, dass auch Ferrostaal "besser mittelständisch geführt werden kann, mit direktem Kontakt zum Markt und ohne große Hierarchien".

Die Hamburger sind mit Ferrostaal seit Jahren geschäftlich verbunden. 2008 wurden unter dem Namen Coutinho & Ferrostaal die Stahlaktivitäten der beiden Unternehmen zu einem großen Stahlhandelsunternehmen zusammengeführt. Als die Schroeders im Frühjahr von dem Leidensdruck erfuhren, unter dem Ferrostaal durch das Gerangel der damaligen Eigentümer litt, beschlossen sie, selbst ein Übernahmeangebot abzugeben. Die MPC Industries wurde wiederum eigens für die Übernahme von Ferrostaal gegründet.

Die MPC-Gruppe erwartet in diesem Jahr einen Umsatz von 1,6 Milliarden Euro, der im Stahlhandel, mit Material für Werften, der Konzeption von Schiffbau-Projekten und mit Finanzdienstleistungen erzielt wird. Weltweit beschäftigt die MPC-Gruppe rund 650 Mitarbeiter, davon 450 in Hamburg. Ferrostaal hat 5000 Beschäftigte. Vom Rüstungsgeschäft hat sich Ferrostaal nach den Korruptionsvorwürfen bereits getrennt und sich strenge Regeln zur Unternehmensführung verordnet. "Auch wir betreiben die Rüstung nicht weiter", so Schroeder. Noch muss der Zukauf vom Kartellamt genehmigt werden. Geht alles glatt, will Axel Schroeder senior in den Ferrostaal-Aufsichtsrat einziehen.