Letzter deutscher Hersteller sieht Wachstumschancen vor allem in Asien. Bei Löhnen und Arbeitszeiten geht das Unternehmen eigene Wege.

Straubing. "Das ist ungefähr so wie bei einer Torte, in diesem Fall 16 Schichten und 28 Minuten bei 120 Grad", sagt Helmut Jakoby-Gerard. Er ist Werksleiter beim letzten deutschen Skihersteller Völkl im bayerischen Straubing und steht gerade vor einer Apparatur, die Laien nicht unbedingt als Backofen erkennen. Dennoch werden auf diese Art im Völkl-Werk jährlich rund 350 000 Paar Skier gefertigt. Das ist ein Großteil jener 450 000 Paar, die Völkl insgesamt produziert. Der kleinere Rest wird aus China bezogen.

Straubing gilt als modernste Skifabrik der Welt, seine Belegschaft arbeitet allerdings im tariffreien Raum. Mehr als den örtlichen Durchschnitt würden die 450 Beschäftigten verdienen, sagt Völkl-Chef Christoph Bronder. Dennoch liege die Bezahlung unterhalb des Metalltarifs, der für das Werk eigentlich gelten würde. "Wir haben einen Deal mit der Belegschaft gemacht", sagt Bronder. Die Arbeitszeitmodelle erlauben eine Wochenarbeitszeit zwischen 20 und 45, im Schnitt 39,5 Stunden, oft auch sonnabends. Ohne diese Zugeständnisse gäbe es in Deutschland keine Skifabrikation mehr.

Völkl gehört heute zum US-Mischkonzern Jarden. Die Ursprünge gehen auf das Jahr 1895 zurück, als Georg Völkl mit dem Bau von Pferdeschlitten begann. Die Skiproduktion wurde 1923 aufgenommen. Vor der Übernahme durch den US-Konzern Jarden 2007/08 war es mit Völkl lange Zeit bergab gegangen. Es drohte eine Verlagerung der Produktion nach Asien. Heute steht das Werk Straubing wieder im Zentrum der Strategie. Zuletzt wurde sogar Produktion aus China dorthin zurückgeholt und das Personal stetig auf 450 Beschäftigte aufgestockt. In der Gruppe inklusive des Bindungsherstellers Marker arbeiten knapp 900 Mitarbeiter.

Die Branche ist stark wetterabhängig - und die Bedingungen sehen für Skifans derzeit nicht gut aus. Es ist trocken, nicht nur in Straubing, auch in den Alpen. Keine weißen Flocken. "Ohne Schnee geht gar nichts", weiß Jacoby. Gerade wurde sogar die Eröffnung der diesjährigen Skisaison auf Deutschlands höchstem Berg Zugspitze wegen Schneemangels abgeblasen. Im Vorjahr um diese Zeit herrschte wegen des frühen Wintereinbruchs noch Jubelstimmung in der Branche. Ein Zehntel mehr Skier werde man in Deutschland verkaufen und damit endlich eine Trendwende erreichen nach Jahren des Rückgangs, so lautete der Tenor. Am Ende waren es mit 330 000 verkauften Paar Skiern wieder sieben Prozent weniger.

+++ Mit Rockern auf Kundenfang +++

Für Völkl ist es vergangene Saison dennoch wieder aufwärts gegangen. Aus 13,5 wurden 14 Prozent Weltmarktanteil. Die Straubinger seien nun die Nummer zwei gleich hinter Atomic aus Österreich mit 14,5 Prozent und gleichauf mit Head, freut sich Bronder. Am Konkurrenten Rossignol ist Völkl zuletzt vorbeigezogen. Beim Profit sei man auch "gut dabei". Genaue Zahlen nennt der Manager nicht, klingt aber zuversichtlich. Nicht einmal der Klimawandel bereitet ihm größere Sorgen. "Irgendwo schneit es immer", meint er und baut auf die mittlerweile globale Präsenz der Straubinger. Vorige Saison haben Kanada und die USA das Geschäft getragen und auch aktuell schneit es dort.

Für die aktuelle Saison rechnet Bronder mit einem globalen Marktvolumen von 3,2 Millionen Paar Skiern, nach leichtem Wachstum auf drei Millionen Paar in der Vorsaison. Auch für Völkl soll es weiter aufwärts gehen. Er setzt auf das Gütesiegel "made in Germany", wofür Kunden auch mehr zahlen, sowie auf eiserne Disziplin. Anders als waghalsige Konkurrenten produziere Völkl auf Auftrag und spekuliere nicht über die Nachfrage, sagt Bronder. Nachproduzieren könne man notfalls rasch im Straubinger Werk, während Konkurrenten ihre Ware aus Osteuropa oder Asien holen müssten.

Profitieren will der Völkl-Chef zudem über die Schwesterfirma Marker, Weltmarktführer bei Skibindungen. Im Jahr 2000 wurde Marker im Konkurs gekauft und ist nun ganz oben, freut sich Bronder. Erneut zukaufen will er nicht. Es gebe auch aus eigener Kraft noch einiges zu erreichen. Seit zwei Jahren hat Völkl eine eigene Bekleidungskollektion, wo die Margen höher sind als bei Skiern. Regional sieht man Wachstumschancen in Osteuropa, Korea oder Japan, und irgendwann werde auch der Markt in China anspringen, wo Völkl schon präsent ist, hofft Bronder.

Knapp 30 000 Paar Skier wurden in China vorige Saison branchenweit verkauft, vor allem von Völkl. Produziert werden dort dagegen so viele Bretter wie nirgendwo sonst auf der Welt. Dieses Missverhältnis soll sich ändern. Derzeit versuche man, Chinesen über Kooperationen mit Skilehrern erst einmal das Skifahren beizubringen, sagt Bronder und hofft auf einen neuen Riesenmarkt.

Gefertigt werden in Straubing derzeit vor allem sogenannte Rockerskier. Das ist der neue Skitrend nach den Carving-Modellen. Rocker sind im Gegensatz zu diesen mehr oder weniger stark nach unten gewölbt, was vor allem Anfängern das Drehen erleichtert. Vergangene Saison war jeder vierte verkaufte Ski ein Rocker. Diese Saison sollen es drei Viertel sein. In etwa zwei Jahren soll auch ein neuer Ökoski serienfähig sein. Ziel ist es, ihn zu 70 Prozent aus nachwachsenden oder wieder verwertbaren Rohstoffen herzustellen. Erste Prototypen existieren bereits. Nachhaltige und grüne Produkte verkaufen sich gut, hofft man bei Völkl.