Hamburger lassen Bäder renovieren, Dächer decken und Fußböden neu verlegen. Nicht selten kommt es zum Auftragsstau im Norden.

Hamburg. Ob Dach, Bad oder neuer Fußboden: Hamburgs Handwerker können sich vor Aufträgen derzeit kaum retten. Kunden müssen mit Wartezeiten von drei Monaten oder länger rechnen, bevor die Gesellen anrücken können. Die Gründe: vergleichsweise viele Aufträge und knappes Material. "Die Gewerke rund um das Haus sind sehr gut ausgelastet", bestätigt Ina Diepold, Sprecherin der Handwerkskammer Hamburg. "Es gibt einen klaren Trend, in die eigenen vier Wände zu investieren und das Bad spielt dabei eine besondere Rolle", sagt Frank Ebisch vom Zentralverband Sanitär, Heizung, Klima (ZVSHK). Die Nachfrage sei so groß wie seit zehn Jahren nicht mehr. "Wir rechnen in diesem Jahr mit einem Umsatzplus von fünf Prozent."

An einem neuen Bad wird derzeit jedenfalls nicht gespart. Moderne Armaturen, schlichte Formen und viel Komfort sind gefragt. So liegt der Auftragswert schnell im fünfstelligen Bereich. "Viele Kunden ab 50 wollen ein modernes, barrierefreies Bad", sagt Ebisch. "Sie geben das Geld jetzt lieber aus, als ihr Festgeld bei der Bank wieder zu verlängern."

Ob es daran liegt, dass ständig über die Zukunft des Euro diskutiert wird, weiß Frank Hüllmann von der Hamburger Heizungs- und Sanitärfirma P. Loppow & Sohn nicht. "Aber man merkt, dass sich vor allem Kunden ab 45 Jahren gern etwas leisten", sagt der Meister für den Sanitärbereich. Auf alles was sichtbar ist, werde sehr viel Wert gelegt - vom Waschbecken bis zur tellergroßen Regenbrause in der Dusche. Er schätzt, dass allein für die sichtbare Ausstattung der Bäder inzwischen fast doppelt so viel ausgegeben wird wie noch vor einigen Jahren. Kamen früher eher 10 000 bis 12 000 Euro Auftragswert für ein neues Bad zusammen, sind es jetzt 15 000 bis 20 000 Euro.

Das hat auch zu einem Wandel in der Firma geführt. "Früher entfielen 70 Prozent unserer Arbeiten auf Heizungsinstallationen und 30 Prozent auf das Bad", sagt Hüllmann. "Jetzt hat sich das Verhältnis aufgrund der großen Nachfrage umgekehrt." Die Folge: Die Kunden müssen zwei bis drei Monate auf ein neues Bad warten. "Wartezeiten ergeben sich auch daraus, dass es bei den Badmöbeln lange Lieferzeiten von bis zu acht Wochen gibt", sagt Henning Mick, Geschäftsführer der Bruno Schwarz GmbH. Nach Einschätzung des Branchenverbandes ZVSHK liegt die durchschnittliche Wartezeit aufgrund der Auftragsbestände bei zwei Monaten. Auch Wernicke Sanitärtechnik und F.O. Henneberg profitieren vom Badboom in Hamburg. "Wir haben in diesem Jahr 20 Prozent mehr Bäder errichtet und modernisiert als im Vorjahr", sagt Frank Wachsmann, Geschäftsführer von Wernicke Sanitärtechnik. Ralf Grigoleit von F.O. Henneberg führt sein gutes Auftragsvolumen auch darauf zurück, dass seine Branche "relativ konjunkturunempfindlich" ist. Da er sich auf kleinere Projekte konzentriert, können seine Gesellen bei einer Sanierung schon drei Wochen nach Auftragserteilung anrücken.

Die Ausgabebereitschaft der Kunden wird auch durch Bäderausstellungen wie beim Großhändler Peter Jensen gefördert, der allein in Hamburg über drei Filialen verfügt. Bei der großen Auswahl kann die anfängliche Kalkulation schnell in Gefahr geraten. "Wir haben unsere Verkaufsflächen in verschiedene Stilrichtungen gegliedert, um den Kunden die Orientierung zu erleichtern", sagt Anja Kutzner, Leiterin der Bädershow bei Peter Jensen. "Sehr gefragt sind unter anderem rahmenlose Duschabtrennungen und bodenebene Duschen."

Auf solche großzügigen Verkaufshilfen können die Hamburger Tischler nicht zurückgreifen. "Die individuelle Möbeltischlerei ist angesichts der vielen Möbelhäuser ein schwieriges Geschäft", sagt Obermeister Lutz Lawer. Doch mit einer klaren Strategie lassen sich auch in diesem Bereich Erfolge erzielen. Das Hamburger Unternehmen Holz hoch zwei hat sich auf das Privatkundengeschäft spezialisiert. "Innerhalb von drei Jahren haben wie die Belegschaft verdreifacht und den Umsatz um 50 Prozent gesteigert", sagt Mitinhaber Holger Schönfeld. Auch er profitiert vom Bad: "Wir fertigen nach Maß Waschtischplatten oder Unterschränke aus Mineralkunststoff. Das kommt gut an." Ein weiterer Schwerpunkt sind Holzmöbel für Multimediageräte. "Was nützt ein schicker LCD-Fernseher, wenn er nicht richtig präsentiert werden kann", sagt Schönfeld.

Gaben sich vor einigen Jahren die Kunden noch mit Buchefertigparkett zufrieden, bevorzugen sie heute Landhausdielen. "Bei besonderen Ausführungen wie angeräuchert oder mit Gebrauchsspuren sind Lieferzeiten von vier bis sechs Wochen nicht ungewöhnlich", sagt Frank Pielot von Pielot Parkett. "Der Anteil höherwertiger Aufträge hat deutlich zugenommen."

Auch ein neues Dach ist nicht von heute auf morgen in Norddeutschland zu haben. "Bis zum Frühjahr nächsten Jahres bin ich ausgelastet", sagt Jörg Schleicher von der Dachdecker- und Klempnerei E. Schleicher + Sohn dem Abendblatt. Andere Kunden setzen statt Sanierung gleich auf ein neues Haus. "Wir spüren eine hohe Nachfrage, was auch mit der Flucht in die Sachwerte zu tun hat", sagt Wolfgang Werner, Geschäftsführer der Andreas Viebrock GmbH aus Harsefeld. Obwohl das Unternehmen mithilfe einer Zeltüberdachung auch im Winter durchbaut, können neue Bauherren erst im Frühjahr nächsten Jahres auf eine Grundsteinlegung hoffen. "Innerhalb eines Jahres hat sich die Wartezeit um mehrere Wochen verlängert, auch weil viele Ausbaugewerke sehr gut ausgelastet sind", sagt Werner. Allein in diesem Jahr errichtet das Unternehmen bundesweit 750 Einfamilienhäuser.

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