Sargent und Sims erforschen Wechselwirkung von Ökonomie und Politik

Hamburg. Sie haben das Wechselspiel zwischen der Wirtschaft und ihren - vor allem politischen - Rahmenbedingungen erforscht. Dafür werden die US-Ökonomen Thomas Sargent und Christopher Sims, beide 68, in diesem Jahr mit dem Nobelpreis für Wirtschaftswissenschaften geehrt. Das gab die Schwedische Akademie der Wissenschaften gestern in Stockholm bekannt. Der Wirtschaftsnobelpreis ist der letzte in der jährlichen Reihe dieser weltweit renommiertesten Auszeichnungen, die zudem für Physik, Chemie, Medizin, Literatur und Frieden vergeben werden.

Die beiden Ökonomen haben nach der Begründung des Nobelpreiskomitees bahnbrechende Forschungsergebnisse "zu Ursache und Wirkung in der Makroökonomie" erarbeitet. Unabhängig voneinander beschäftigten sich Sargent und Sims bereits seit den 1970er-Jahren mit den Wechselwirkungen wirtschaftlicher Entwicklungen unter den Rahmenbedingungen veränderter Zinssätze, Richtungsänderungen in der Wirtschaftspolitik oder schwankender Ölpreise. Sargent forschte vor allem darüber, wie Wirtschaftspolitik die Erwartungen in der Wirtschaft beeinflusst und wie sich dieser Prozess wiederum auf die Gestaltung von Politik auswirkt. Sims erarbeitete neue statistische Methoden, mit deren Hilfe man die Auswirkungen bestimmter Rahmenbedingungen auf die wirtschaftliche Entwicklung im Zeitverlauf analysieren kann. Beide legten damit ein neues Fundament vor allem für die Erstellung wirtschaftlicher Prognosen.

Zur Lösung aktueller Probleme seien Sims und Sargents Modelle nicht zu gebrauchen, sagte der schwedische Ökonom Tore Ellingsen, Mitglied des Nobelpreiskomitees. "Aber überall auf der Welt basieren die Prognosen von Finanzministerien und Nationalbanken auf den Methoden der beiden. Sie haben gewaltige Bedeutung, um Ursache und Wirkung von Krisen zu erkennen."

Direkte Ableitungen auf aktuelle wirtschaftspolitische Fragen lassen sich aus den Wirtschaftsnobelpreisen in der Regel nicht ziehen. Das ist auch bei Sargent und Sims so. "Bei den Wirtschaftswissenschaften werden die Forscher zumeist für eine Art Lebenswerk ausgezeichnet", sagte Professor Michael Bräuninger, Chefökonom des Hamburgischen WeltWirtschaftsInstituts (HWWI), dem Abendblatt. "Es dauert oft viele Jahre lang, bis Forschungsergebnisse aus der Ökonomie grundlegend Eingang in Methoden und Ansätze wirtschaftswissenschaftlicher Modelle gefunden haben. Neue Ansätze müssen sich eben erst durchsetzen." Es sei für ihn aber "völlig nachvollziehbar", dass Sargent und Sims mit dem Nobelpreis ausgezeichnet worden seien.

Auch das Nobelpreiskomitee dämpfte Erwartungen, dass die Forschungen der beiden diesjährigen Preisträger einen unmittelbaren Beitrag zur Linderung der Euro-Schuldenkrise leisten könnten: "Ich bin nicht sicher, ob es eine rasche Hilfe gibt", sagte Torsten Persson von der Universität Stockholm. Sargent und Sims hätten aber wichtige Grundlagen zur Beurteilung aktueller Krisenverläufe gelegt.

Sargent lehrt heutzutage an der New Yorker Universität, Sims in Princeton im benachbarten Bundesstaat New Jersey. Die beiden setzen die Dominanz der USA bei der Vergabe des Wirtschaftsnobelpreises fort. 54 von bislang insgesamt 69 Preisträgern kamen von US-Universitäten. Als bislang einzige Frau hatte 2009 Elinor Ostrom den Wirtschaftsnobelpreis erhalten.

Der Preis ist mit umgerechnet 1,1 Millionen Euro dotiert. Preisträger Sims sagte in einer ersten Reaktion auf die Frage, dass er seinen Teil des Preisgeldes angesichts der Turbulenzen an den Finanzmärkten erst einmal in bar behalten wolle: "Ich werde mir später überlegen, wie ich das Geld anlege."